Geld:So soll die Bezahlkarte für Flüchtlinge funktionieren

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Die Stadt Hannover bucht auf die "Social Card" für Asylbewerber ein Guthaben, überprüft aber keine Transaktionen. (Foto: Jens Wolf/DPA)

Die Politik streitet darüber, ob Asylbewerbern künftig noch Bargeld ausgezahlt oder lieber eine Geldkarte ausgehändigt werden soll. Was die bringen soll und welche Konzepte es bereits gibt.

Von Felicitas Wilke

Solange sich der Wirt nicht weigert, eine Kartenzahlung zu akzeptieren, ist es den Menschen hierzulande selbst überlassen, wie sie ihre Rechnungen begleichen. Neuerdings jedoch diskutieren Politikerinnen und Politiker darüber, ob Flüchtlinge ihre Sozialleistungen künftig nicht mehr bar erhalten sollen. Insbesondere Unionspolitikern schwebt vor, dass sie keine Münzen und Scheine mehr bekommen, sondern das Geld auf eine spezielle Bezahlkarte transferiert wird. Damit wollen sie unter anderem vermeiden, dass Geflüchtete Geld in ihre Heimatländer schicken.

Jörg Schwitalla arbeitete schon an einer Bezahlkarte für geflüchtete Menschen, als das Land noch nicht darüber stritt. Der selbständige Berater hat die "SocialCard" entwickelt, die er bald in deutschen Städten an den Start bringen möchte. Sie soll wahlweise als Plastikkarte für den Geldbeutel oder als mehrsprachige App für das Smartphone kommen.

"Bislang müssen Asylbewerber ohne Konto oft Schlange stehen, um ihre Sozialleistungen zu erhalten", sagt Schwitalla. Auch wenn geflüchtete Menschen hierzulande grundsätzlich das Recht haben, ein Girokonto zu eröffnen, besitzen insbesondere Neuankömmlinge oft noch keines. Diese Menschen erhalten ihr Geld in bar - entweder direkt vom Sozialamt oder am Schalter der Bank. "Das ist mühsam und zeitaufwendig für die Betroffenen und Angestellten", findet Schwitalla. Die neue Bezahlkarte soll diesen Prozess vereinfachen. Nutzt ein Geflüchteter das Angebot, dann gehen die monatlichen Sozialleistungen - für alleinstehende Erwachsene sind das 410 Euro - künftig auf der mit einer IBAN verknüpften Karte ein.

Es herrscht Uneinigkeit, welche Funktionen die Karte haben soll

Damit wiederum können die Menschen bargeldlos im Einzelhandel bezahlen oder etwas im Internet bestellen. Wie mit einer konventionellen Debitkarte lässt sich mit ihr aber auch Bargeld am Automaten abheben. Das wird allerdings zwei Euro kosten, sofern die Kommunen nicht dafür aufkommen. Auf den Karten prangt das Logo von Visa, auch sonst soll sie optisch nicht von anderen Bezahlkarten zu unterscheiden sein. Bezahlt ein Geflüchteter damit an der Kasse, ist er nicht als solcher zu erkennen - und soll damit vor Stigmatisierung geschützt werden.

"Wenn eine solche Karte für Geflüchtete ohne eigenes Konto mehr Teilhabe ermöglicht, ist das super", sagt Muzaffer Öztürkyilmaz vom Flüchtlingsrat Niedersachsen. Die Stadt Hannover testet derzeit eine Bezahlkarte für Flüchtlinge und will damit Teilhabe fördern und die Verwaltung entlasten. Doch mancherorts macht die Politik gerade keinen Hehl daraus, dass es ihr eher um das Gegenteil geht. Um Fluchtanreize zu nehmen, erwägen etwa Bayern und Sachsen eine Chipkarte, mit der man kaum noch Bargeld abheben und nur in bestimmten Geschäften einkaufen dürfen soll. Denkbar wäre beispielsweise, dass Geflüchtete damit kein Geld für Alkohol, Zigaretten oder Glücksspiel ausgeben können. Auch soll dadurch verhindert werden, dass sie Bargeld in ihre Heimatländer schicken oder an Schlepper weitergeben können. "Wir finden, dass der Staat keinen Erziehungsauftrag für Geflüchtete hat", kritisiert Öztürkyilmaz. "Außerdem würde man mit diesem Schritt das Bild eines trinkenden, rauchenden und zockenden Asylbewerbers zeichnen, für das es keinerlei empirische Evidenz gibt."

Technisch wäre es auch bei der "SocialCard" von Jörg Schwitalla denkbar, Funktionen einzuschränken. "Ich sehe mich als Dienstleister für die Kommunen und richte mich danach, was die Politik möchte", sagt er. Was eine solche Karte kann oder nicht kann, könnte künftig also stark von der ausgebenden Stadt abhängen.

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