EU-Banknoten:Der Schein trügt

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Das Hologramm auf der jetzigen Euro-Schein-Serie zeigt Europa, die Namensgeberin des Kontinents. Das war dem Designer damals sehr wichtig. (Foto: Anton Dos V/mauritius images)

Die Europäische Zentralbank lässt darüber abstimmen, was auf den neuen EU-Geldscheinen zu sehen sein soll. Für Reinhold Gerstetter, den Designer der jetzigen Banknoten, ist die Sache klar.

Von Martin Zips

Demokratie ist Konsens. Und es gilt ja so viele Einzelmeinungen unter einen Hut zu bringen! Zum Beispiel bei den Euro-Geldscheinen, für deren gegenwärtiges Design der Berliner Reinhold Gerstetter mitverantwortlich ist. Gerstetter hatte eigentlich optisch was ganz anderes vor, aber das musste in diversen Gremien noch ausdiskutiert werden.

"Schon das Gesicht der Europa unterzubringen, also der mythologischen Figur, von der der Kontinent seinen Namen hat, war nicht leicht", erinnert sich Gerstetter, heute 77 Jahre alt. Viele Nationalitäten mit unterschiedlichen politischen Ausrichtungen auf zahlreichen Leitungsebenen diskutierten mit - am Ende kamen in der jetzigen EU-Banknoten-Serie wieder Brücken und Bögen aufs Geld, die es in Wirklichkeit so gar nicht gibt. Symbolisches schlägt Konkretes.

Aber das Gesicht der Europa als Hologramm, das war Gerstetter schon wichtig. Weil es ja um konkrete Werte geht, in so einer Wertegemeinschaft - und auf der Antike fußt Europa schließlich. "Ich höre noch die Stimmen, die sagten: Das ist uns zu viel Griechenland."

Voraussichtlich 2026 soll nun über ein neues Banknoten-Design entschieden werden. Noch bis Ende August lässt die EZB online darüber abstimmen, ob eher Flüsse, Vögel, Gebäude oder Menschen aufs Papiergeld sollen. Wobei halt immer die Frage ist, wie konkret das alles werden darf. Gerstetter, der schon die letzte D-Mark-Serie, allerlei Briefmarken sowie spanisches und chinesisches Papiergeld gestaltet hat, hatte vor Jahren mal europäische Künstler wie Da Vinci, Picasso oder Rubens für die Optik ins Spiel gebracht, sich damit aber auch nicht durchgesetzt.

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Europa habe so viel zu bieten, da müsse man nichts Fiktives abbilden, sagt der Designer

Tatsächlich ist die Frage: Wer oder was steht eigentlich für Europa? Kann sich jeder EU-Bürger mit Herkunft, Geschlecht und Biografie dieser oder jener Person anfreunden? Und wie bringt man die Vorstellungen aus so vielen Mitgliedsstaaten auf nur sechs Banknoten unter? Bei den Münzen geht es doch auch? "Die lassen sich schwerer fälschen", meint Gerstetter. Papiergeld müsse einheitlich sein.

"Meiner Meinung nach sollte am Ende allein der Designer entscheiden, was drauf kommt", rät Gerstetter altersweise, aber das ist jetzt auch nicht sehr demokratisch. Die Online-Befragung hat er noch nicht ausgefüllt. Er ist ja jetzt im Ruhestand. Wahrscheinlich hätte er aber auch wenig Freude dran, weil dort zum Beispiel vorgeschlagen wird, einen Sandstrand zur Illustration von Demokratie abzubilden ("Den Strand gibt es nur dank der vielen Sandkörner", steht da).

Mal schauen, ob es Europa, gemeint ist jetzt wieder die Geliebte des Zeus, noch einmal ins Hologramm schafft. Oder ob sie durch die "Abbildung einer Hand, die die Waage der Justitia hält" (ebenfalls Wortlaut EZB-Befragung) ersetzt wird. Immerhin: Für konkrete "Denkmäler, Kunstwerke aus Literatur, Musik oder Wissenschaft und ihre Urheberinnen bzw. Urheber" darf hier auch abgestimmt werden. Damit könnte der Eiffelturm gemeint sein. Oder Rolf Zuckowski. Für Gerstetter ist klar: "Wir haben so viel herausragend Europäisches - da kann man doch nicht wieder was Fiktives zeigen!"

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