EU-Pläne:Der digitale Euro kommt - das steckt dahinter

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Bringen eine rein virtuelle Bargeld-Alternative auf den Weg: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (l.) und Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, bei der 25-Jahr-Feier der Notenbank. (Foto: Kai Pfaffenbach/AP)

Seit Jahren tüfteln die Euro-Notenbanker an einem elektronischen Bargeld. Jetzt nimmt das Projekt Gestalt an. Aber braucht man das überhaupt?

Von Jan Diesteldorf, Brüssel

In der abstrakten Welt digitaler Währungen gilt Metaphern-Pflicht, sonst würde auch kaum jemand verstehen, was da eigentlich vor sich geht. Geräte oder Online-Accounts zum Aufbewahren von Kryptowährungen wie Bitcoin zum Beispiel heißen "Wallet", englisch für Geldbörse. Im Fall von Bitcoin und dessen Abbildern ist das nicht ganz treffend, denn bei diesen virtuellen Münzen handelt es sich ja weder um Geld im eigentlichen Sinne noch haben die Wallets den Charakter von Geldbörsen, aus denen man Scheine zieht. Für digitale Versionen der in der Kryptowelt verhassten Zentralbankwährungen passt der Begriff schon besser. An solchen Projekten arbeiten Notenbanken weltweit.

In der Euro-Zone werden die Pläne jetzt konkret. Der digitale Euro kommt, er soll gesetzliches Zahlungsmittel werden - man wird also überall in der Euro-Zone mit ihm bezahlen können. Nach jahrelanger Tüftelei unter Währungshütern haben EU-Beamte ein Gesetz geschrieben, das dafür die Grundlage schafft. Der digitale Euro wäre demnach irgendwo zwischen Scheinen und Münzen und digitalen Bezahllösungen wie Maestro und Visa zu sehen, die Geld von einem Konto zum anderen schicken. Ende des Monats will die EU-Kommission ihren entsprechenden Gesetzentwurf vorstellen. Der SZ liegt er vorab vor. "Banknoten allein", heißt es darin, "können Europas Wirtschaft im digitalen Zeitalter nicht mehr unterstützen."

Bislang sei Bargeld das einzige für jeden zugängliche gesetzliche Zahlungsmittel. Fehle es an einer allgemein verfügbaren digitalen Lösung, könne dies "das Vertrauen in Geschäftsbankengeld und letztlich den Euro selbst schwächen", so steht es im Vorwort des Gesetzes. Vertrauen ist die Basis jeden Wirtschaftens, es ist die wichtigste Voraussetzung für ein funktionierendes Geldsystem und eine stabile Währung. Der digitale Euro wäre demnach vor allem ein Vertrauensprojekt.

"Ein Flickenteppich aus nationalen Bezahlsystemen"

Wobei sich eine schon häufig gestellte Frage noch immer aufdrängt: Wozu braucht man das nun? Digitale Bezahllösungen sind weit verbreitet, Kreditkarten längst aufs Smartphone geladen, Paypal-Transfers gehören für viele zum Alltag. Und genau da liegt nach Ansicht der Euro-Reformer das Problem. "Den Markt für digitale Bezahllösungen beherrschen große Unternehmen, die von außerhalb Europas operieren", sagt ein EU-Beamter, der mit dem digitalen Euro befasst ist. "Und innerhalb der EU gibt es einen Flickenteppich aus nationalen Bezahlsystemen." Das soll das digitale Bargeld überwinden - mit einer Lösung, die überall gleichermaßen verfügbar ist und funktioniert. Die sei ausdrücklich als Ergänzung zum Bargeld zu verstehen, sagt der Beamte.

Den CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber, Mitglied im Wirtschafts- und Währungsausschuss, überzeugt das noch nicht. "Weder EZB noch Europäische Kommission haben bisher plausibel erklären können, worin der konkrete Mehrwert des digitalen Euros für die Bürger besteht", sagt er. Ohne überzeugende Antworten werde deren Skepsis hoch bleiben.

Laut Entwurf soll die Europäische Zentralbank künftig die nationalen Notenbanken ermächtigen können, digitale Euro in Umlauf zu bringen. In Deutschland wäre demnach die Bundesbank zuständig, deren Chef Joachim Nagel sich am Donnerstag erneut als Fan der Idee positionierte. "Ein digitaler Euro hätte ähnliche Eigenschaften und Vorzüge wie Bargeld - nur eben in digitaler Form", sagte Nagel in einer Grußbotschaft zu einem Bargeld-Symposium in Berlin. Auch er betonte, das digitale Geld sei als Alternative zum Bargeld zu verstehen. Anscheinend ist es den Währungshütern wichtig, Bedenken vorzubeugen, es könnte sich um den Einstieg in eine Bargeld-Abschaffung handeln.

In drei bis vier Jahren könnte der Digital-Euro Realität werden

Auch den Bedenken der Finanzindustrie versucht der Gesetzentwurf Rechnung zu tragen. Zwischenzeitlich befürchteten die Geschäftsbanken, sie könnten übergangen werden, falls nämlich Bürger direkt ein Wallet bei der Notenbank erhalten. "Eine vertragliche Beziehung zwischen den Nutzern des digitalen Euro und der Europäischen Zentralbank ist ausgeschlossen", heißt es im Entwurf. "Digital-Euro-Nutzer können eines oder mehrere digitale Euro-Zahlungskonten haben, die bei demselben oder bei anderen Dienstleistern geführt werden."

Unklar ist noch, bis zu welcher Grenze die Bürger digitale Euro werden halten dürfen. Wie viel also in das Wallet passt. Denn solange das Geld auf dem Konto liegt, dürfen Banken damit arbeiten, diese Einlagen etwa beleihen. Hält ein Kunde digitale Euro, ist das in etwa so, wie wenn er abgehobenes Bargeld in seinem Portemonnaie hat.

Für die Umsetzung des Gesetzes soll die EZB zuständig sein. Deren Rat wird voraussichtlich im Oktober über das weitere Vorgehen beraten, dann endet die im Herbst 2021 gestartete zweijährige Untersuchungsphase. Fortan würden die Notenbanker die Technik für die digitale Bargeld-Alternative entwickeln. Die finale Zustimmung des EZB-Rats, der EU-Staaten und des Europäischen Parlaments vorausgesetzt, könnten die Bürger Europas womöglich in drei bis vier Jahren ihre virtuellen Euro-Geldbörsen nutzen.

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