EZB:EU-Parlament macht Bundesbank-Vize zur obersten Bankenaufseherin

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Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch. Sie stellte den Finanzstabilitätsbericht in Frankfurt vor. (Foto: Christophe Morin/imago images/IP3press)

Claudia Buch soll neue Chefin der Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank werden. Das ebnet einer anderen Kandidatin den Weg zu einem noch mächtigeren Posten.

Von Jan Diesteldorf, Brüssel

Claudia Buch musste auf harte Kritik gefasst sein, als sie am Mittwochmorgen im Europäischen Parlament Platz nahm. Die Mitglieder des Wirtschafts- und Währungsausschusses befragten sie von zehn Uhr an, ein zweites Mal, und diesmal saß nicht mehr eine Bewerberin vor ihnen, sondern die designierte Chefin der Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Zuvor hatte der EZB-Rat die derzeitige Bundesbank-Vize Buch nominiert und sich damit gegen die Empfehlung des Ausschusses gestellt. Der hatte einstimmig für Margarita Delgado votiert, die Vize-Gouverneurin der spanischen Notenbank. Und die Parlamentarier schätzen es überhaupt nicht, wenn sie übergangen werden.

Die Sitzung geriet dann aber versöhnlicher, als sie hätte werden können. Außer ein paar kritischen Bemerkungen und Fragen nach Buchs Selbstbewusstsein wollten die Parlamentarier vor allem mehr über ihre Ansichten zur Finanzstabilität wissen. "Ich kann Ihnen hier nur versichern", sagte Buch, "dass ich mit all meiner Erfahrung, mit meinem Wissen, mit meiner Energie und mit meiner Zeit für diese Stelle zur Verfügung stehe." Den Streit zwischen Parlament und Notenbank ließ sie lieber unkommentiert. Am Nachmittag stimmten die anwesenden Ausschussmitglieder dann knapp für die 57-Jährige, mit 29 zu 23 Stimmen bei zwei Enthaltungen. Zuvor hatte sich abgezeichnet, dass die meisten Abgeordneten nicht wegen dieser Personalie eine institutionelle Krise - Parlament gegen EZB - riskieren würden.

Nationalität spielt bei der Vergabe der Spitzenjobs eine Rolle

In der jetzt beginnenden Postenvergabe der EU-Spitzenjobs, deren Höhepunkt im kommenden Sommer nach der Europawahl bevorsteht, war diese Entscheidung wichtig. Die Abstimmung im Plenum des Parlaments im Oktober und die anschließende Bestätigung durch den Ministerrat gelten als Formalien. Dass die frühere Wirtschaftsprofessorin Buch von Januar an Europas oberste Bankenkontrolleurin werden wird, ist so gut wie sicher.

Damit wäre für eine andere Kandidatin der Weg frei zu einem noch mächtigeren Posten: Nadia Calviño, Spaniens parteilose Finanzministerin in der sozialdemokratischen Regierung von Pedro Sanchez, möchte von Januar an die Europäische Investitionsbank (EIB) in Luxemburg leiten. Sie gilt als aussichtsreichste von fünf Bewerberinnen und Bewerbern um die Präsidentschaft der EU-Förderbank, der unter anderem bei der Finanzierung der Energiewende und beim Wiederaufbau der Ukraine eine Schlüsselrolle zukommt.

Im Brüsseler Machtgefüge hätte Calviño schlechte Chancen gehabt, wenn Delgado zum Zuge gekommen wäre. Zwei Spanierinnen in Finanz-Spitzenjobs, das geht nach der Logik der EU-Postenvergabe nicht. Für die bisherige EU-Kommissarin Margrethe Vestager aus Dänemark, Calviños aussichtsreichste Konkurrentin im Rennen um die Nachfolge des deutschen EIB-Präsidenten Werner Hoyer, stehen die Chancen nun schlecht.

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