Katastrophen-Bonds:Wetten auf den Tod

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Ebola-Therapie im Kongo (Foto: dpa)
  • Vor zwei Jahren wurde der Hilfsfonds PET von der Weltbank ins Leben gerufen, um bei Ausbruch von Epidemien Sofortmittel bereitstellen zu können.
  • Inzwischen allerdings verdienen Investoren an der Gefahr eines Virus-Ausbruchs.
  • Für drei Jahre gibt man dem Fond sein Geld, welches mit bis zu zehn Prozent verzinst wird.

Von Claus Hulverscheidt

Seit ein paar Wochen steigen die Todeszahlen nur noch langsam, es ist der Lichtblick, auf den alle so sehr gehofft haben: die Menschen in der Demokratischen Republik Kongo, die seit über einem Jahr Angst haben müssen, sich mit dem Ebola-Virus anzustecken, die Ärzte und freiwilligen Helfer - und die Finanzinvestoren in New York und London, die Millionen darauf verwettet haben, dass die Behörden in Kinshasa, die Weltgesundheitsorganisation und die Weltbank die Epidemie rechtzeitig in den Griff bekommen, so rechtzeitig zumindest, dass kein Geld privater Anleger ausgegeben werden muss.

Privatanleger? Wetten? Die Ebola-Seuche im Kongo wirft ein Schlaglicht auf einen weithin unbekannten Topf, den die Weltbank vor zwei Jahren geschaffen hat - den Hilfsfonds PEF. Die Idee: Weil es beim Ausbruch einer Epidemie oft Monate dauert, bis die reichen Staaten Geld bereitstellen, fließen zunächst private Mittel. Dazu gab die Weltbank 2017 Anleihen im Wert von 320 Millionen Dollar aus, sogenannte Pandemie-Bonds. Die Käufer waren zumeist Investmentfonds. Bleiben der Welt Seuchen erspart, erhalten die Anleger den Einsatz 2020 zurück. Kommt es dagegen zur Epidemie, können die Nothelfer das Geld sofort ausgeben, und die Investoren verlieren ihr Kapital. Das Risiko lassen sie sich mit Zinssätzen von zehn Prozent und mehr vergüten - in Zeiten allgemeiner Nullzinsen eine grandiose Anlage. Bezahlt werden die Zinsen von den Regierungen Deutschlands und Japans.

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Das Problem ist nur: Obwohl Ebola im Kongo seit 15 Monaten grassiert und bereits 2171 Menschen gestorben sind, haben die privaten PEF-Kreditgeber bisher nicht einen Cent gezahlt. Das Geld nämlich fließt nur, wenn eine Reihe sehr strikter Bedingungen erfüllt ist: So muss die Seuche etwa auf mindestens zwei Nachbarländer überspringen und dort in einem festen Zeitraum je 20 Menschen das Leben kosten. Bisher hat es jedoch nur in Uganda einige Todesfälle gegeben.

Das Risiko, dass die Anleger jemals ihr Geld verlieren, ist also trotz hoher Zinsen gering. Für Kritiker sind die Ebola-Bonds daher eine Art Tiefpunkt im ohnehin zynischen Finanzmarktgeschäft. Von "wirtschaftlicher Blödheit" spricht der frühere Weltbank-Chefökonom Larry Summers, noch deutlicher wurde Bodo Ellmers vom entwicklungspolitischen Bündnis Eurodad: Die Verlagerung von Gesundheitsfragen auf die Finanzmärkte sei ein weiterer Schritt "zur Privatisierung von Gewinnen und zur Vergesellschaftung von Verlusten", sagte er der Financial Times.

Das PEF-Sekretariat dagegen verweist darauf, dass der Fonds ja gerade dazu da sei, grenzüberschreitende Epidemien zu bekämpfen. Betroffene Länder erhielten rasch Geld, weil die hohen Soforthilfekosten "auf die Märkte abgewälzt" würden. Befürworter erinnern zudem daran, dass sogenannte Katastrophen-Bonds auch etwa bei Erdbeben oder der Bezahlung von Impfprogrammen zum Einsatz kommen. Manche Kritiker jedoch haben ein grundsätzliches Problem damit, wenn Anleger Geld darauf setzen, dass allzu viele Ebola-Tote vermieden werden können. Es sei nur eine Frage der Zeit, schrieb die linke Schweizer Wochenzeitung, bis auf den Finanzmärkten jemand auf den umgekehrten Fall wette - "nämlich den Ausbruch von Ebola

© SZ vom 29.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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