Internet in Gaza:Wie Elon Musk mit Starlink Israel provoziert

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So sieht es aus, das Starlink-System von Elon Musk. Hier an der südlichen Front in der Ukraine bei Saporischschja. (Foto: Friedrich Bungert)

Der reichste Mann der Welt bietet Gaza sein Satelliten-Internet an - zum Missfallen von Israel. Die Hamas werde Starlink missbrauchen, sagt ein Minister.

Von Jannis Brühl und Simon Hurtz

Elon Musk hat sich in den Krieg zwischen Israel und der Hamas eingemischt. Sein Angebot, im Gazastreifen das Satelliten-Internet Starlink zu aktivieren, erzürnt Israels Regierung. Darum geht es in dem Streit über das Internet im Kriegsgebiet.

Was ist Starlink?

Starlink startete 2020 als ziviles Projekt, das das Internet in abgelegene Gebiete bringen sollte. Musks Weltraumunternehmen Space-X greift dafür auf Tausende Satelliten zurück. Von Brasilien bis Brandenburg können Menschen Terminals mieten. Das sind kleine Boxen mit Antenne, die sich mit den Satelliten verbinden und schnelles Internet zur Verfügung stellen.

2022 marschierte Russland Richtung Kiew, kurz darauf schaltete Musk Starlink in der Ukraine frei. Was nach PR klang, nutzte dem ukrainischen Militär tatsächlich. Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdiensts sagte CNN, Starlink spiele eine wichtige Rolle für den Kriegsverlauf.

Musk fühlt sich damit unwohl, zumindest seinem Biografen Walter Isaacson zufolge. Dem sagte der Unternehmer, Starlink sei nicht für den Krieg gedacht. Menschen sollten damit "gute, friedliche Dinge machen, keine Drohnenangriffe". Als die Ukraine die russische Schwarzmeerflotte mit Drohnen angreifen wollte, verhinderte Musk den Plan: Er kappte in der Region um die Krim sein Satelliten-Internet. Er selbst behauptet, er habe lediglich eine ukrainische Anfrage abgelehnt, die Technik zu aktivieren.

Was hat Musk Gaza angeboten?

Am Wochenende schrieb Musk auf seiner Plattform X, Space-X werde "Kommunikationsverbindungen mit international anerkannten Hilfsorganisationen unterstützen". Allerdings hätten noch keine Starlink-Terminals aus dem Gazastreifen Kontakt mit seinen Satelliten aufgenommen. Der israelische öffentliche Radiosender Kan News meldete, ein Sprecher der palästinensischen Behörde habe erklärt, man spreche mit Space-X.

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Wie funktioniert die Kommunikation in Gaza derzeit?

Am 7. Oktober ermordete die Hamas in Israel mehr als 1400 Menschen, darunter viele Zivilisten, und entführte mehr als 200 Menschen. Drei Tage nach Beginn der israelischen Gegenschläge erklärte das Amt der Vereinten Nationen für humanitäre Angelegenheiten, Luftangriffe hätten zwei der drei Mobilfunk-Verbindungen von Gaza zerstört. Die Ausfälle erschweren mutmaßlich die Kommunikation der Hamas, allerdings auch die Koordination humanitärer Hilfe.

Aktuelle Daten des Analyseprojekts IODA von mehreren amerikanischen Universitäten zeigen, dass die Verbindungen in Gaza seit dem 13. Oktober deutlich schlechter wurden. Nach starken israelischen Luftschlägen am Freitag gab es in Gaza fast gar kein Internet mehr. Die Organisation Access Now, die sich gegen Internet-Blockaden einsetzt, spricht von elf betroffenen Anbietern. Sie ruft ägyptische Mobilfunkfirmen auf, ihre Dienste "dringend auf die Menschen in Gaza auszuweiten". Ganz ohne Kommunikation war Gaza zu Wochenbeginn nicht. Am Sonntag erklärte der palästinensische Anbieter Paltel, er stelle Festnetz, Mobilfunk und Internet schrittweise wieder her.

Wie reagiert Israel?

Die israelische Regierung interpretiert Musks Vorstoß als Positionierung auf Seiten der Hamas. "Israel wird alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um dies zu bekämpfen", schrieb Kommunikationsminister Shlomo Karhi. Die im Gazastreifen herrschende Hamas werde Starlink für ihren Terror missbrauchen. "Darüber besteht kein Zweifel, wir wissen es, und Musk weiß es." Karhi forderte Musk auf, die Freilassung "unserer entführten Babys, Söhne, Töchter, älteren Menschen" zur Bedingung für den Einsatz von Starlink zu machen. Solange dies nicht geschehe, werde sein Ministerium "jegliche Verbindung mit Starlink kappen".

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Wie äußert sich Musk im Nahostkonflikt?

Israels Regierung ist ohnehin nicht gut auf Musk zu sprechen: Mehrfach teilte er fragwürdige Inhalte. Zum Beispiel eine fehlerhafte Karte, die nahelegt, Hamas-Unterstützer Iran sei von US-Militärbasen eingekreist und demnach eher Opfer als ein möglicher Aggressor. Die gezeigten Militärbasen existieren aber nicht.

Seit Musk X - damals noch Twitter - vor einem Jahr übernahm, öffnete er die Plattform für zuvor gesperrte Antisemiten, unter anderem den Rapper Kanye West.

Kurz nach dem Terrorangriff der Hamas empfahl Musk zwei X-Nutzerkonten als vermeintlich gute Quellen für Informationen aus dem Krieg, dabei teilte einer der beiden Hamas-Propaganda. Immer wieder interagiert Musk mit antisemitischen Nutzern, erst am Wochenende antwortete er mit Bezug auf Starlink einer einflussreichen Nutzerin, die Israel das Existenzrecht abspricht und mit den Nazis gleichsetzt.

Musk schränkte allerdings kurz nach seinem Angebot ein, er wisse gar nicht, ob es in Gaza überhaupt Starlink-Terminals gebe. Ohne sie ist eine Verbindung zu seinen Satelliten nicht möglich. Sein Unternehmen werde in jedem Fall "außerordentliche Schritte ergreifen, um sicherzustellen, dass es nur für humanitäre Zwecke genutzt" werde. Wie er das garantieren möchte, ist bislang unklar.

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