Verbraucher:Zinsen für Dispokredite ziehen deutlich an

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Vorsicht vor dem Kleingedruckten: 14,79 Prozent Sollzinsen pro Jahr·verlangt beispielsweise eine Sparkasse für einen Dispositionskredit. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Wer gerade nicht genug Geld auf dem Konto hat, kann oft einen Dispokredit in Anspruch nehmen. Die Zinsen dafür sind aber deutlich gestiegen. Forderungen nach einer Obergrenze werden laut.

Die Zinsen für Dispokredite steigen immer weiter. "Das Tempo ist rasant. Seit Ende 2022 sind sie im Schnitt um mehr als zwei Prozentpunkte gestiegen", sagt Heike Nicodemus von der Zeitschrift Finanztest. "Viele Kreditinstitute haben zum 1. Oktober noch mal nachgelegt." Im Schnitt liegen die Zinsen, die Geldhäuser für die geduldete Überziehung des Girokontos verlangen, demnach inzwischen bei etwa zwölf Prozent. Ende 2022 waren es bei 176 ausgewerteten Banken und Sparkassen im Schnitt noch knapp zehn Prozent.

Wer ein Girokonto hat, kann es mit Zustimmung der Bank in der Regel bis zu einer festgelegten Summe überziehen. Die Höhe des gewährten Kreditrahmens hängt vom Einkommen sowie von der Kreditwürdigkeit des Kunden ab. Meist sind es zwei bis drei Monatsgehälter. Abgebucht werden die Zinsen je nach Geldhaus in der Regel am Ende eines Monats oder Quartals. "Die Banken bieten eine Dienstleistung, dafür verlangen sie Geld. Der rasante Anstieg der Dispozinsen ist in erster Linie den Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank geschuldet", sagt Nicodemus.

Kreditinstitute erhöhen relativ schnell die Zinsen

Die Währungshüter stemmen sich seit Juli 2022 mit einer Serie von inzwischen zehn Zinserhöhungen gegen die deutlich erhöhte Inflation. Gerade in Zeiten gestiegener Preise dürften aber auch Dispokredite öfter genutzt werden. Etwa jeder sechste Deutsche kann nach eigenen Angaben wegen der hohen Teuerung kaum seine Lebenshaltungskosten bezahlen. 17,2 Prozent von 2059 Befragten wählten in einer Umfrage im Auftrag der Postbank diese Antwortmöglichkeit auf die Frage, wie sie die Preissteigerungen wahrnehmen.

Doch das Konto zu überziehen, kann teuer werden. "Ein häufig in Anspruch genommener Dispokredit kann zu einer finanziellen Abwärtsspirale führen", warnt Nicodemus. Der Dispozins ist an ein Referenzzinssystem gekoppelt. Ein üblicher Referenzzins ist der Leitzins der EZB, teilweise auch der Drei-Monats-Euribor. Er geht bei steigenden Zinsen zeitversetzt nach oben. "Banken müssten die Erhöhung nicht umsetzen, aber sie können es. Wir haben festgestellt, dass Kreditinstitute im Schnitt relativ schnell die Zinsen erhöhen. Beim Senken ging es dagegen nicht ganz so schnell", sagt Nicodemus. Auch die unabhängige FMH-Finanzberatung stellt einen deutlichen Anstieg fest - allerdings mit einer großen Bandbreite: Die Spanne bei 80 untersuchten Geldhäusern reicht von 3,62 bis 15,49 Prozent.

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Von Victor Gojdka

Zuletzt sprachen sich die Verbraucherschutzminister der Länder im Sommer für eine Obergrenze für Dispozinsen aus. Ein entsprechender Prüfauftrag gehe an die Bundesregierung, sagte Schleswig-Holsteins Verbraucherschutzminister Werner Schwarz (CDU). Die Ministerinnen und Minister halten einen Rahmen von fünf bis acht Prozent als Obergrenze für angemessen. Das Bundesjustizministerium verwies auf die neue EU-Verbraucherkreditrichtlinie, die Kunden bei der Aufnahme von Krediten besser schützen soll. "Solange nicht abschließend geklärt ist, welcher Änderungsbedarf aus der EU-Richtlinie für das deutsche Recht folgt, hält das Bundesministerium der Justiz ein auf Änderung des Verbraucherkreditrechts gerichtetes Gesetzgebungsvorhaben nicht für sinnvoll", sagte ein Sprecher.

Ein Ratenkredit ist oft viel billiger

Banken und Sparkassen lehnen staatliche Eingriffe ab. Gerade Verbraucher profitierten davon, dass der deutsche Bankenmarkt einer der wettbewerbsintensivsten in Europa sei, heißt es von deren Spitzenverband. "Dank eines großen Angebotes haben es Bankkunden selbst in der Hand, wo und zu welchen Konditionen sie einen Dispokredit nutzen wollen."

Mit bis zu zehn Prozent ist ein Dispozins aus Sicht von Stiftung Warentest vergleichsweise günstig. Das gilt den Angaben zufolge derzeit für knapp 20 Prozent von 460 ausgewerteten Kontomodellen. "Teuer ist alles ab 13 Prozent, insbesondere für Menschen, die sehr häufig den Dispo in Anspruch nehmen", sagt Nicodemus. "Mehr als 15 Prozent, die wir bei 18 Kontomodellen gefunden haben, finde ich richtig krass." Aus Sicht der Expertin haben es die Verbraucher zum Teil auch selbst in der Hand: "Wer regelmäßig den Dispo nutzt, sollte sich überlegen, ob eine Umschuldung mit Hilfe eines Ratenkredites, der im Schnitt etwa die Hälfte kostet, nicht sinnvoll ist."

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