In Sachen Klimaschutz hat die Deutsche Post ein Problem: Der Konzern braucht immer mehr Flugzeuge. Denn seine Tochter DHL Express hat es von Natur aus eilig. Sie transportiert etwa teure Smartphones um den Globus, die schnell bei Käufern ankommen sollen. Oder Ersatzteile und Medikamente, die zeitgenau vor Ort sein sollen. Dafür nutzt die Post heute mehr als 200 Flugzeuge. Die Globalisierung und der Boom des Onlinehandels ließen das Expressgeschäft in den vergangenen Jahren stetig wachsen.
Nun gibt das Unternehmen eine erste Antwort, wie diese Fliegerei klimafreundlicher werden soll: Die Expresssparte kauft zwölf Kleinflugzeuge der amerikanisch-israelischen Firma Eviation, die vollständig elektrisch fliegen sollen. Das hat die Post nun bekannt gegeben. "DHL ist der weltweit erste Kunde des Frachtmodells", sagt Markus Otto, Chef von European Air Transport, einer DHL-Fluggesellschaft mit Sitz in Leipzig.
Freilich ist das Flugzeug namens Alice wirklich nur ein kleiner Anfang: Es soll bis zu 1,2 Tonnen Fracht transportieren können. Die Post hingegen fliegt auf vielen Strecken mit Kolossen bis hin zur Boeing 777, die bis zu 100 Tonnen befördern kann. Doch solche Flüge lassen sich - Stand jetzt - nicht elektrifizieren, weil die Batterien viel zu groß und mächtig wären.
Allerdings, sagt Otto: "Unsere Flotte besteht auch heute schon aus Zubringermaschinen in Alice' Größe." Man denke an Propellerflugzeuge, die eilige Ladungen im Inland oder auf eine Insel transportieren. Mit Alice ginge das künftig emissionsfrei und leise, sagt Otto. Eine Akkuladung soll für bis zu 815 Kilometer reichen. Und DHL wolle die Kleinflugzeuge, wo immer möglich, mit Ökostrom "betanken".
Mehrere Start-ups heimsen gerade Aufträge über Hunderte elektrische Fluggeräte ein
Der Hersteller Eviation - ein Kunstname aus "Aviation" für Luftfahrt und "e" wie elektrisch - will seine ersten Frachtmodelle voraussichtlich im Jahr 2024 an die Post liefern. "Den Start werden Netzwerkflüge in den USA machen", sagt Otto, doch weitere Länder sollen folgen.
Vorher liegt allerdings noch Arbeit vor Eviation. Das Unternehmen hatte sein Kleinflugzeug, das statt Fracht auch bis zu neun Passagiere befördern können soll, erstmals 2019 einem Fachpublikum vorgestellt. Voriges Jahr kam es während eines Tests am Boden noch zu einem Brand, der rasch gelöscht werden konnte. Eviation plant nun für dieses Jahr einen Jungfernflug in den USA.
Firmengründer Omer Bar-Yohay wählt gleichwohl vollmundige Worte. Der Vertrag mit DHL sei ein Meilenstein für sein Vorhaben, "das Fliegen weltweit zu revolutionieren". Die Zusammenarbeit belege, so Bar-Yohay, "dass die Ära der elektrischen Luftfahrt bereits angebrochen ist".
Dies lässt sich freilich auch an der Konkurrenz ablesen. Beispielsweise hat die brasilianische Fluggesellschaft Azul kürzlich bekannt gegeben, dass sie 220 batteriebetriebene Flugtaxis des bayerischen Herstellers Lilium kaufen will. Dessen Jet hat Platz für sechs Passagiere. Auch die Start-ups Archer aus den USA und Vertical Aerospace aus Großbritannien konnten Aufträge über Hunderte elektrische Fluggeräte einheimsen.
Zumindest am Boden hat die Post gemischte Erfahrungen mit Elektromobilität gesammelt
Der gesamte Post-Konzern hat angekündigt, dass er bis 2030 insgesamt sieben Milliarden Euro investieren will, um seinen CO₂-Ausstoß zu senken. Das ist nicht trivial, weil DHL seit Jahren mehr und mehr Pakete und Fracht befördert. Spätestens 2050 will DHL nach eigenem Bekunden emissionsfrei unterwegs sein. Wie viel das Unternehmen für die ersten elektrischen Flugzeuge ausgibt, will es nicht verraten. Manager Otto geht aber davon aus, dass die Stromer zumindest im Betrieb und der Wartung "kostengünstiger als konventionelle Maschinen ihrer Größe" sein dürften.
Neben den batteriebetriebenen Flugzeugen setzt die Post etwa auf den Umbau ihrer Gebäude hin zu klimaschonenden Betriebsstätten. Der Konzern hofft zudem auf emissionsfreie Kraftstoffe für seine größeren Frachtflugzeuge und Überland-Lastwagen.
Immerhin: Was Elektromobilität auf der sogenannten letzten Meile zu Brief- und Paketkunden betrifft, hat die Post schon einige Erfahrung gesammelt. Das Unternehmen setzt gut 15 000 Elektrotransporter der eigenen Tochterfirma Streetscooter ein. Diese hatte die Post 2014 übernommen, weil herkömmliche Hersteller ihrer Ansicht nach damals keine batteriebetriebenen Brief- und Paketautos im Angebot hatten.
Doch nach hohen Verlusten droht Streetscooter mittlerweile das Aus, da die Post nicht zum Autobauer werden will und bislang keinen Käufer für die Tochter gefunden hat. Der Umstieg vom Verbrennungsmotor zu elektrischen Alternativen kann manchmal ziemlich knifflig sein.