BayernLB und die Formel 1:Gefangen im System Ecclestone

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Die BayernLB und die Formel 1: Staatsanwälte prüfen die Akten zu den Geschäften im Rennzirkus. Die Beziehung ist eine Erblast aus der Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch. Mittendrin: Bernie Ecclestone.

Martin Hesse, René Hofmann und Klaus Ott

Etwas derb ging es manchmal zu, als Bayerns Landesbank vor einigen Jahren die Rennserie teuer verkaufen wollte. Das war der Job des damaligen Risiko-Vorstands Gerhard Gribkowsky. Ständig stand er mit dem Formel-1-Magnaten Bernie Ecclestone in Kontakt. Wenn der Landesbanker von Verhandlungen mit dem britischen Geschäftsmann zurückkam und dem Verwaltungsrat berichtete, wurde er schon mal gefragt, ob er "noch saubere Hände" habe. Ecclestone gilt als trickreich und undurchsichtig, und das war natürlich auch den CSU-Spitzenpolitikern im Verwaltungsrat bekannt, die das staatliche Finanzinstitut damals beaufsichtigten.

Die Formel 1 ist ein buntes Geschäft, das weltweit expandiert - hier der Wettbewerb im arabischen Bahrain im März 2010 mit Ferrari-Pilot Massa. (Foto: REUTERS)

Einer von ihnen erinnert sich noch gut daran, dass man Ecclestones Aktivitäten mit Argwohn betrachtet habe und erleichtert über den Ausstieg aus der Formel 1 gewesen sei. Und dass Gribkowsky anschließend ein Sonderhonorar für sich gefordert habe. Zur Formel 1 war die BayernLB unfreiwillig durch die Pleite des Medienhändlers Leo Kirch gekommen, der sich mit hohen Krediten der Staatsbank in die Rennserie eingekauft sowie sein Film- und Fernsehimperium ausgebaut hatte. Gribkowskys Aufgabe war es, das BayernLB-Erbe aus Kirchs Konkurs-Imperium zu verwerten und so möglichst viel von den zwei Milliarden Euro zurückzuholen, die man dem Medienhändler geliehen hatte. Das gelang besser als erwartet. Der Risiko-Vorstand habe daraufhin einen Bonus verlangt, der ihm aber nicht gewährt worden sei, sagt ein damaliger Verwaltungsrat. Gribkowsky selbst äußert sich nicht dazu.

Dass der umstrittene Vorstand während seiner Amtszeit in der BayernLB heimlich 50 Millionen Dollar aus Mauritius und der Karibik bekommen hat, das haut die damaligen Verwaltungsräte vom Hocker. "Das ist ein Hammer", sagt ein Ex-Minister gleich mehrmals. Ein anderer früherer CSU-Spitzenpolitiker hat dafür nur eine Erklärung: das könne eine "Verhandlungsprovision" für das Formel-1-Geschäft gewesen sein. Irgendjemandem seien Gribkowskys Tipps oder Dienste die 50 Millionen Dollar wert gewesen, und um mindestens diesen Betrag sei die Landesbank geschädigt worden. Weil dieses Geld ansonsten nämlich beim Verkauf der Formel 1 an die BayernLB geflossen wäre. In der Bank wird nun fieberhaft recherchiert. "Wir sehen uns den Formel-1-Verkauf intensiv an", sagte ein Sprecher. Mögliche Geldflüsse an Gribkowsky zu überprüfen, sei dagegen Sache der Staatsanwaltschaft, die BayernLB unterstütze die Behörden. Die Staatsanwaltschaft fordert Akten an.

Die zweite Schlüsselfigur in dem Milliardengeschäft ist Formel-1-Chef Ecclestone, der seine ganz eigene Geschäftsphilosophie hat. "Die Banken und auch die Hersteller wollen nicht verstehen, dass man unser Geschäft nicht so managen kann wie das ihre. Ihr System passt nicht zu diesem schnelllebigem Zirkus. Das ist so, als wollte man eine Boutique wie einen Supermarkt führen", hat er 2005 in einem Interview gesagt. Was er nicht sagte: Genau betrachtet ist das System Formel 1 das System Ecclestone. Wohl kein anderer Händler hat das Produkt, das er verkauft, so stark geprägt wie Ecclestone den Motorsport.

Die Macht dazu eroberte er mit zwei Kniffen: Zunächst schaffte er es, den einzelnen Teams klarzumachen, dass für alle mehr herausspringen würde, wenn sie bei den Verhandlungen mit den Rennstreckenbetreibern oder den TV-Stationen mit einer Stimme sprechen würden. Mit seiner. Außerdem rückte sein Freund Max Mosley an die Spitze des Automobilweltverbandes. Fortan konnte Ecclestone Doppelpass mit den Regelhütern spielen, was seinem Geschäft half. An vielen Schlüsselstellen platzierte er Weggefährten. Es entstand ein engmaschiges Geflecht aus persönlichen und geschäftlichen Beziehungen. Dem kann sich keiner in der Formel 1 entziehen.

Dieses Beziehungsgeflecht half Ecclestone auch, als die Formel 1 im Jahr 2005 neue Eigentümer bekommen sollte. Der BayernLB sowie den Investmentbanken JP Morgan und Lehman Brothers waren nach Kirchs Pleite 75 Prozent der Anteile zugefallen. Kirch wiederum hatte die Formel 1 vom Filmrechtehändler EM.TV übernommen, der sich seinerseits mit dem Einstieg in die Formel 1 übernommen hatte. Einer aber blieb immer dabei: Ecclestone. Doch 2005 steckte auch er in der Klemme. Mit den Autokonzernen war er überkreuz, weil sie mehr Geld aus der Vermarktung der TV-Rechte wollten. Der bevorstehende Eigentümerwechsel sorgte für zusätzliche Unruhe. Der damalige BayernLB-Chef Werner Schmidt hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er die Formel 1 lieber heute als morgen loswürde. Er brauchte Geld für seine Expansionspläne in Osteuropa, die Jahre später in der unseligen Übernahme der Hypo Alpe Adria mündeten.

Ecclestone konnte nicht sicher sein, dass die neuen Eigentümer ihm gewogen sein würden. Eine Reihe von Investoren wurden als mögliche Käufer für die Formel 1 gehandelt. Da war die Holding Hutchison Whampoa des in Hongkong ansässigen Investors Li Kashing; da war Robin Saunders, die schillernde frühere Investmentbankerin der WestLB, die 1,2 Milliarden Euro für 75 Prozent der Formel 1 zu zahlen bereit gewesen sein soll.

Doch zum Zuge kam CVC, ein britischer Finanzinvestor. Ein gemeinsamer Freund brachte Ecclestone mit Donald Mackenzie zusammen, einem der CVC-Partner. Die Briten hatten bereits die Motorrad-Rennserie Moto GP übernommen, bald wurden sie sich auch mit Ecclestone einig. 1,7 Milliarden Dollar betrug der Gesamtpreis für die Formel 1, das waren 1,45 Milliarden Euro. Gribkowsky führte die Verkaufsverhandlungen für die BayernLB. Ob er daneben eine Art Vermittlerrolle einnahm, versucht die Staatsanwaltschaft zu ergründen. JP Morgan und Lehman sollen verärgert gewesen sein, weil die BayernLB sie mit dem Verkauf ihrer Formel-1-Anteile überrumpelte. Die Formel 1 und CVC wollten sich zu dem Thema am Montag nicht äußern. Aus damaligen Verhandlungskreisen heißt es, in den Wochen vor dem Verkauf habe es neben CVC keinen anderen ernsthaften Bieter gegeben.

Für Ecclestone ging die Sache gut aus. Auch er verkaufte seinen 25-Prozent-Anteil an CVC und blieb Chef der Formel 1. Sein Erfolgsrezept hat er einmal so beschrieben: "Ich werde manchmal gebeten, Vorträge über erfolgreiche Unternehmensführung zu halten. Ich habe es nie getan. Ich sage immer nur: preiswert einkaufen, teuer verkaufen, die Kosten minimieren. Das ist alles."

© SZ vom 04.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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