Deutsche Bahn:Tag 2 des Streiks - massive Zugausfälle im Fern- und Regionalverkehr

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Hamburg: Nahezu menschenleer blieben die Bahnsteige im Hauptbahnhof am Mittwoch. (Foto: Christian Charisius/dpa)
  • Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL soll noch bis Freitag 18 Uhr andauern.
  • Die Bahn reagiert mit einem Notfallplan, allerdings fährt nur ein Bruchteil der Züge.
  • Im Fernverkehr fallen gut 80 Prozent des üblichen Angebots aus. Auch im Regionalverkehr kommt es vielerorts zu weitreichenden Einschränkungen.
  • Lesen Sie hier eine Übersicht zum Bahnstreik in der Region München.

Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL sorgt auch an Tag zwei für massive Zugausfälle im Fern- und Regionalverkehr. "Der Notfahrplan mit einem stark reduzierten Angebot an Fahrten im Fern-, Regional- und S-Bahn Verkehr gilt weiterhin", teilte die Deutsche Bahn mit. Bereits am Dienstagabend hatte der Güterverkehr den Betrieb eingestellt, in der Nacht auf Mittwoch haben auch zahlreiche Beschäftigte der Bahn die Arbeit niedergelegt. Der Arbeitskampf soll bis Freitagabend um 18 Uhr andauern.

Es gilt ein Notfahrplan der Deutschen Bahn, im Fernverkehr fallen dabei auch am Donnerstag gut 80 Prozent des üblichen Angebots aus. Auch im Regionalverkehr kommt es zu weitreichenden Einschränkungen, die regional allerdings unterschiedlich stark ausfielen, teilte die Bahn mit. Bestreikt wird auch das Unternehmen Transdev, das unter anderem Regionalbahnen im Nordwesten, in Sachsen und in Bayern betreibt. Auf ihrer Website informiert die Bahn laufend über aktuelle Auswirkungen des Streiks. Hier eine Übersicht über die Lage in einzelnen Regionen:

Bayern: Der Notfahrplan für den Personenverkehr sei am Mittwoch wie geplant angelaufen, teilte eine Sprecherin der Deutschen Bahn mit. Bis Freitagabend gilt er weiter. Vielerorts fahren die Züge im Stundentakt - oder auch im Zwei- bis Dreistundentakt. Fahrgäste, die ihre Reise nicht verschieben können, wurden gebeten, sich kurzfristig vor Fahrtantritt zu informieren.

Baden-Württemberg: Am Donnerstagmorgen sollen laut einem GDL-Sprecher nur knapp 20 Prozent der Züge fahren. Das sei für Reisende eine Katastrophe. Für den Mittag kündigte der Sprecher eine Veranstaltung vor dem Mannheimer Hauptbahnhof an. Eine Sprecherin der Deutschen Bahn teilte mit, dass die Bahn auch am Donnerstag nur nach Notfallplan fahre.

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Von Eva Dignös

Berlin/Brandenburg: Es gibt starke Beeinträchtigungen im S-Bahn-Verkehr in Berlin und dem Brandenburger Umland. Auch Regionalzüge fahren zum großen Teil nicht. Ein Notfallplan für einige S-Bahn-Linien, nämlich die S3 (Erkner-Ostbahnhof), S46 (Königs Wusterhausen-Schöneberg), S5 (Strausberg Nord-Ostbahnhof) und S9 (Flughafen BER-Friedrichstraße), bindet die Außenbezirke Berlins und die Umlandgemeinden im 20-Minuten-Takt an. Außerdem wird ein Ersatzverkehr mit Bussen auf der Linie S2 (Blankenfelde-Priesterweg) im Zehn-Minuten-Takt angeboten. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind nicht direkt vom Streik betroffen. Busse, Straßen- und U-Bahnen fahren wie geplant. Allerdings müssen sich Fahrgäste auf volle Fahrzeuge und längere Wartezeiten einstellen.

Nordrhein-Westfalen: Auf etwa 25 Linien in NRW fahren während des Streiks keine Züge. Teilweise setzt die Bahn Ersatzbusse ein - etwa zwischen Köln und Siegen, zwischen Dortmund und Hagen oder zwischen Krefeld und Kleve. Auf rund 15 Linien rollten Züge nach einem Notfahrplan - meist peilte die Bahn dort einen Stundentakt an. Nicht betroffen von dem Streikaufruf der Gewerkschaft GDL sind andere Bahnunternehmen wie National Express oder die Eurobahn.

Hamburg/Schleswig-Holstein: Bei der Hamburger S-Bahn sollten die Züge nach Angaben des Unternehmens auf den Linien S1, S2 und S3 alle 20 Minuten fahren, die S5 zwischen Neugraben und Stade im Stundentakt. Obwohl andere Regionalbahnbetreiber nicht bestreikt werden, könnte es auch bei ihnen zu Verspätungen und Ausfällen kommen. Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) bat die Fahrgäste, nach Möglichkeit U-Bahnen und Busse zu nutzen.

Niedersachsen/Bremen: Die Notfahrpläne der Deutschen Bahn sind angelaufen. Der Verkehrsverbund des Großraums Hannover warnte dennoch davor, dass der Nahverkehr "massiv beeinträchtigt" sein werde.

Auf den Beginn der Arbeitsniederlegung am Mittwoch hatten sich viele Menschen aber offenbar gut vorbereitet. An vielen großen Bahnhöfen war kaum etwas los. "Wir sehen auch, dass unsere Fahrgäste ihre Fahrt vorgezogen haben oder sie zu einem späteren Zeitpunkt nachholen", sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn.

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Am Dienstagabend war der Konzern mit einem letzten Versuch vor dem Landesarbeitsgericht Hessen gescheitert, den Arbeitskampf juristisch zu kippen. Der Streik fällt zeitlich mit den bundesweiten Bauernprotesten zusammen, die bereits am Mittwoch zusätzlich zu Verkehrsbehinderungen führten.

Der Ausstand bei der Bahn ist der dritte und bisher längste im aktuellen Tarifstreit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Deutschen Bahn. Auch das Eisenbahnunternehmen Transdev wird bestreikt. Mit Einschränkungen ist auch in den Stunden nach dem offiziellen Streikende noch zu rechnen.

Fahrgäste sind aufgerufen, ihre geplanten Fahrten zu verschieben

Ob der eigene Zug fährt oder nicht, können Fahrgäste über die üblichen Auskunftskanäle der Bahn erfahren. Der Notfahrplan ist dort bereits eingepflegt. Fahrgäste sind dazu aufgerufen, ihre geplanten Fahrten zwischen Mittwoch und Freitag zu verschieben. Die Zugbindung für sämtliche Tickets während des Streikzeitraums vom 10. bis 12. Januar ist laut Bahn aufgehoben. Kundinnen und Kunden können also auch in den Tagen danach ihre Fahrt noch antreten. Die Bahn forderte die GDL am Dienstagabend auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Auch Verkehrsminister Volker Wissing rief beide Seiten zu Verhandlungen auf. "Es muss ein Weg gefunden werden, mit dem beide Seiten zurechtkommen. Dazu muss miteinander gesprochen werden", sagte der FDP-Politiker der Bild.

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GDL-Chef Claus Weselsky betonte dagegen, dass es an der Bahn sei, ein verbessertes Angebot vorzulegen. "Die Frage der Verkürzung des Streiks steht nicht zur Debatte", machte der 64-Jährige deutlich. Vielmehr stellte er weitere Streiks in Aussicht: "Wenn nichts kommt bis Freitag, machen wir eine Pause und gehen in den nächsten Arbeitskampf", sagte Weselsky am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin.

Seit Anfang November ringt die GDL mit der Bahn und anderen Eisenbahnunternehmen um höhere Tarife. Kern des aktuellen Tarifkonflikts ist aber die Forderung der Gewerkschaft nach einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden. Die Bahn hält diese Forderung für unerfüllbar. Sie ist lediglich bereit, mit der Gewerkschaft über die Ausweitung bereits bestehender Arbeitszeit-Wahlmodelle zu reden.

Gewerkschaftschef Weselsky lehnt das ab und verweist auf schon vereinbarte Abschlüsse mit den kleineren Eisenbahnunternehmen Netinera und Go-Ahead. Dort hatte die GDL in den vergangenen Wochen die geforderte Arbeitszeitreduzierung durchgesetzt. Nach diesem Muster sollen nun, wenn es nach der Gewerkschaft geht, auch die noch ausstehenden Abschlüsse gestaltet werden.

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