Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ruft gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für Montag, 27. März, zu einem ganztägigen Warnstreik auf. Der gesamte Fernverkehr werde eingestellt, kündigte die Deutsche Bahn an. Auch im Regionalverkehr werde "größtenteils kein Zug fahren". Bereits am Sonntag beziehungsweise noch am Dienstag sind weitere Beeinträchtigungen an Bahnhöfen zu erwarten. Immerhin: Auch im Streikfall gelten die Fahrgastrechte der EU-Fahrgastverordnung - genauso wie bei Verspätungen oder Zugausfällen aufgrund anderer Ursachen. Im Einzelnen sieht es so aus:
Was tun, wenn der Zug nicht fährt?
Nachdem beim aktuellen Streik der gesamte Fernverkehr zum Erliegen kommen wird, gestattet die Bahn eine flexible Nutzung schon gekaufter Tickets auch an anderen Tagen: Fahrgäste, die für Montag oder Dienstag eine Bahnreise gebucht haben, könnten den Fahrschein bis einschließlich 4. April einsetzen, kündigte die Bahn an. Sitzplatzreservierungen lassen sich kostenlos stornieren.
Grundsätzlich gilt: Fällt ein Zug wegen des Streiks aus oder verpasst der Reisende seinen Anschluss, kann er ohne Aufpreis auf einen beliebigen anderen Zug ausweichen - wenn wieder einer fährt. Bei Angeboten wie einem Sparpreis-Ticket wird die Zugbindung aufgehoben. Auf einen anderen Zug dürfen Bahnreisende auch umsteigen, wenn sie damit rechnen müssen, dass ihr Zug sein Ziel mit einer Verspätung von mehr als 20 Minuten erreichen wird. Nimmt jemand dann stattdessen einen teureren Zug, also zum Beispiel einen ICE anstelle eines Nahverkehrszugs, muss er zwar zunächst den Aufpreis entrichten, kann sich das Geld anschließend aber erstatten lassen. Stark ermäßigte Fahrkarten wie Länder-Tickets und das Quer-durchs-Land-Ticket sind davon jedoch ausgenommen.
Zahlt die Bahn bei Verspätungen?
Bei Verspätungen besteht ein rechtlicher Anspruch auf Entschädigung, unabhängig von der Ursache. Kommt ein Fahrgast mindestens eine Stunde zu spät am Ziel an, muss die Bahn 25 Prozent des Fahrpreises erstatten, bei zwei Stunden Verspätung sind es 50 Prozent. Das gilt auch im Nachtreiseverkehr. Gewählt werden kann zwischen einem Gutschein oder der Auszahlung des Betrags.
Wie können Fahrgäste Verbindungsstörungen nachweisen?
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät, Belege für Verspätungen oder Zugausfälle zu sammeln. Im Idealfall lassen sich Reisende die Störung von DB-Beschäftigten am Bahnhof bescheinigen. Alternativ können Betroffene aber auch Fotos von Anzeigetafeln oder Screenshots von einer Information in der DB-App oder auf der Internetseite des Eisenbahnunternehmens machen, auf denen die Verspätung oder der Ausfall des Zugs stehen.
Wie kommen Reisende an ihre Entschädigung?
Um Ansprüche geltend zu machen, muss das entsprechende Fahrgastrechte-Formular ausgefüllt werden. Dieses Formular bekommen Betroffene im Zug, an der DB-Information, in DB-Reisezentren oder auf der Website der Bahn. Wurde das Ticket über ein Kundenkonto auf bahn.de gekauft, können die Ansprüche nun auch online sowie in der DB-Navigator-App angemeldet werden.
Und wenn man gar nicht mehr reisen will?
Wer vom Streik betroffen ist, kann sich sein Zugticket samt Sitzplatz-Reservierung in einem DB-Reisezentrum oder einem Reisebüro mit DB-Lizenz kostenlos in voller Höhe erstatten lassen. Für Online-Tickets gibt es auf der Website der Bahn ein Antragsformular.
Wie entschädigt die Bahn Pendler und Reisende mit Zeitkarten?
Ab einer Verspätung von 60 Minuten bekommen Fahrgäste mit Zeitkarte eine pauschale Entschädigung pro Fahrt. Für Zeitkarten der zweiten Klasse im Fernverkehr gibt es fünf Euro, in der ersten Klasse 7,50 Euro. Bahn-Card-100-Besitzer bekommen in der zweiten Klasse zehn und in der ersten Klasse 15 Euro.
Häufig sind bei Streiks auch die von der Deutschen Bahn betriebenen S-Bahnen betroffen. Doch im Nahverkehr können Passagiere nicht mit nennenswerten Entschädigungen rechnen. Ab 60 Minuten Verspätung gibt es in der zweiten Klasse pauschal 1,50 Euro, in der ersten 2,25 Euro. Dieselben Beträge gelten für Länder-Tickets oder Quer-durchs-Land-Tickets. Allerdings werden im Nahverkehr erst Beträge ab vier Euro ausgezahlt. Kunden erhalten also erst ab der zweiten beziehungsweise dritten Verspätung innerhalb der Gültigkeitsdauer der Zeitkarte Geld und sollen die Ausfälle nach deren Ablauf gesammelt beim Servicecenter Fahrgastrechte einreichen.
Gibt es für Wartende Anspruch auf Verpflegung?
"Bei einer Verspätung von mehr als 60 Minuten muss die Bahn kostenlos Erfrischungen und Mahlzeiten in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit anbieten", sagt Beatrix Kaschel von der Schlichtungsstelle Nahverkehr in Düsseldorf. Werde nichts dergleichen offeriert, sollten Reisende Belege für selbst gekaufte Verpflegung aufbewahren, rät sie.
Zahlt die Bahn ein Taxi oder ein Hotelzimmer?
Zunächst einmal müssen Reisende sich informieren, ob die Bahn eine alternative Verbindung anbietet, zum Beispiel einen Schienenersatzverkehr. Ist dies der Fall, hat das Angebot der Bahn immer Vorrang.
Es sei daher wichtig, auf dem Bahnsteig auf Durchsagen und Anzeigen zu achten, sagt Kaschel. Und "wer einen Gutschein fürs Taxi bekommen hat, fragt den Fahrer besser vorher, ob er den Gutschein auch ohne Mehrkosten annimmt", rät Kaschel weiter.
Auf eigene Faust ein Taxi zu nehmen, könnte hingegen teuer werden. Denn dafür gelten spezielle Regeln: Die Bahn muss nur Kosten bis zu einer Höhe von 80 Euro erstatten - und auch das nur, wenn die geplante Ankunft am Zielbahnhof zwischen Mitternacht und fünf Uhr liegt und man per Zug mindestens eine Stunde Verspätung erwarten müsste. Die Kostenerstattung greift außerdem, wenn der letzte planmäßige Zug des Tages ausfällt und man das Ziel anderweitig nicht bis 24 Uhr erreichen würde.
Ist die Fortsetzung der Fahrt am selben Tag nicht möglich oder nicht zumutbar, muss die Bahn auch die Kosten für ein Hotelzimmer tragen. Es werden dann "angemessene Übernachtungskosten ersetzt", wie es bei der DB heißt. Da von der Bahn organisierte Möglichkeiten Vorrang haben, sollen sich Passagiere am Ort jedoch zunächst mit der Fahrkartenverkaufs- oder Informationsstelle oder mit Zugpersonal in Verbindung setzen.
Und wenn man wegen des Bahnstreiks einen Flug verpasst?
Wer keine Pauschalreise gebucht hat oder wenigstens ein Rail-&-Fly-Ticket, bleibt wohl auf den Kosten sitzen. Denn die Bahn muss nur für ein ausgefallenes Zugticket entschädigen und nicht für einen Flug. Es bleibt Passagieren also nur, auf die Kulanz der Airline beim Umbuchen zu hoffen - oder in diesem Fall doch auf eigene Kosten ein Taxi zu nehmen, um den Check-in noch rechtzeitig zu schaffen.