Apple und die EU:Loch im goldenen Käfig

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Das Symbol für Apples App Store auf einem iPhone des Konzerns. (Foto: Patrick Semansky/AP)

iPhone-Hersteller Apple lässt seine Nutzer künftig auch Apps von anderen Stores herunterladen - auf Druck der EU. Auch beim Bezahlen haben die Kunden die Wahl. Ganz aber gibt der Konzern die Kontrolle nicht auf.

Von Helmut Martin-Jung, München

Sie haben sich gewehrt in Cupertino, solange es irgend ging. Nun aber muss sich der Apple-Konzern doch der Europäischen Union beugen und seinen goldenen Käfig wenigstens ein wenig aufschließen. Apple will auf dem iPhone künftig auch alternative App-Stores und Bezahlmethoden zulassen. Ganz gibt der Konzern die Kontrolle aber nicht auf.

Die Entscheidung gab Apple am Donnerstag am Firmensitz in Cupertino bekannt. Um die neuen Möglichkeiten nutzen zu können, muss auf dem Gerät die neueste Betriebssystemversion iOS 17.4 installiert sein. Apple reagiert damit auf rechtliche Vorgaben durch das neue EU-Gesetz über Digitale Märkte (Digital Markets Act, kurz DMA). Große und dominante Anbieter, sogenannte "Gatekeeper", müssen demnach App-Stores anderer Anbieter zulassen. Bisher konnte man auf iPhones Apps nur aus der hauseigenen Download-Plattform des Konzerns herunterladen.

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Ganz gibt Apple aber die Kontrolle über die Installation von Anwendungen nicht aus der Hand, auch wenn Apps außerhalb des eigenen App-Stores geladen werden. Diese können aber nicht wie beim konkurrierenden Google-System Android einfach via Browser heruntergeladen und auf eigenes Risiko installiert werden. Vielmehr müssen die Kunden dafür "beglaubigte" Marktplätze verwenden. Das sind iPhone-Anwendungen, die mit dem Segen von Apple wiederum andere Apps installieren dürfen.

Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur wies Apple-Topmanager Phil Schiller auf die Risiken hin, die mit einer direkten Installation verbunden seien. "Wenn jede beliebige Website Apps auf das Gerät herunterladen kann, stellt dies eine große Gefahr für die Sicherheit und den Datenschutz der Nutzer dar", sagte er. Mit dem nun eingeführten System mit einem Beglaubigungsprozess erfülle man auch die Anforderungen des EU-Gesetzes.

Keine Kontrolle der Geschäftspraktiken

Insgesamt seien Nutzer in Europa allerdings durch die mit dem DMA erzwungenen Maßnahmen einem höheren Risiko ausgesetzt als Anwender außerhalb der EU. Mit der aktuell verkündeten Umsetzung ist Apple künftig in der Lage, auch bei den alternativen Marktplätzen sämtliche Apps auf bekannte Schadsoftware und andere Sicherheitsbedrohungen automatisiert zu überprüfen. Nicht gecheckt werden dagegen die mit den Apps verbundenen Geschäftspraktiken oder die dort gezeigten Inhalte.

Parallel zu den Anpassungen bei den App-Stores führt Apple auch weitere Änderungen ein, um Monopol-Vorwürfen der EU entgegenzutreten. So können europäische Anwenderinnen und Anwender künftig den Standard-Browser im iPhone frei festlegen. Bislang öffnet der Apple-Browser Safari automatisch alle Web-Links. Künftig kann man für diese Aufgaben auch Browser anderer Hersteller auswählen.

Auch das Apple-Monopol bei kontaktlosen Zahlungstransaktionen mit dem iPhone fällt in der EU. Bislang konnte nur der hauseigene Bezahldienst Apple Pay die NFC-Funktion ("Near Field Communication") des iPhones nutzen, um eine Bezahlung an der Supermarktkasse oder anderen Bezahlterminal vorzunehmen. Die Anwender können künftig selbst festlegen, welche Bezahl-Anwendung standardmäßig starten soll.

Nur wenig Entgegenkommen zeigte Apple bei der umstrittenen Umsatzbeteiligung für Bezahl-Apps oder In-App-Käufe. Bislang verlangt Apple von kleineren Entwicklern und bei Langfrist-Abos 15 Prozent Umsatzbeteiligung. Anbieter mit einem Umsatz von über einer Million US-Dollar im Jahr müssen sogar 30 Prozent abführen. Diese Provisionen werden nun auf 10 Prozent und 17 Prozent gesenkt. Wenn die Entwickler die Zahlungsabwicklung des App Stores nutzen, werden zusätzlich drei Prozent fällig. Als Zugeständnis gegenüber der EU ermöglicht Apple den Entwicklern nun, einen alternativen Zahlungsdienstleister in ihrer App zu verwenden oder die Nutzer auf eine Website zu führen, um Zahlungen ohne zusätzliche Gebühren von Apple zu verarbeiten.

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