Airbus-Mutterkonzern EADS:Eine Frage der Lufthoheit

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Soll der Staat beim Airbus-Konzern EADS einsteigen? Die CSU drängt, die FDP wehrt sich. Und die Kanzlerin steht dazwischen.

Claus Hulverscheidt und Jens Flottau

Innerhalb der schwarz-gelben Koalition gibt es Diskussionen um einen Einstieg des Bundes beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS. Hintergrund sind Bestrebungen des Autobauers Daimler, seine 15-prozentige Beteiligung an EADS zu verkaufen.

Was passiert mit EADS wenn Daimler abspringt? (Foto: dapd)

In Regierungskreisen hieß es, vor allem die CSU dringe darauf, sich die Option einer Staatsbeteiligung offen zu halten. Der Grund: Mehrere wichtige EADS-Betriebe mit vielen Arbeitsplätzen sind in Bayern. Auch im Kanzleramt wird eine Teilverstaatlichung trotz erheblicher Bedenken nicht generell ausgeschlossen. Widerstand kommt von der FDP und von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle.

Daimler will seine Anteile abgeben, da Konzernchef Dieter Zetsche das Unternehmen auf das Kerngeschäft, den Auto- und Lkw-Bau, ausrichten will. Bei einem Daimler-Ausstieg würde jedoch die fein austarierte Eigentümerstruktur bei EADS aufgebrochen, die Deutschland und Frankreich einen gleich großen Einfluss sichern soll.

Vor allem wegen seiner Rolle als großer Rüstungsproduzent, dessen Kunden Regierungen in Europa und aller Welt sind, ist der Airbus-Mutterkonzern kein gewöhnliches Unternehmen. Weder Berlin und Paris werden es deshalb zulassen, dass ein Dritter die Kontrolle bei EADS übernimmt.

Derzeit sind Daimler und der französische Staat mit je 15 Prozent an dem Konzern beteiligt, die französische Lagardère-Gruppe und ein deutsches Bankenkonsortium unter Führung des staatlichen Förderinstituts KfW halten jeweils rund 7,5 Prozent. Zusammen mit den 5,4 Prozent, die die spanische Staatsholding Sepi besitzt, kommen die deutschen und die französischen Großaktionäre auf einen Anteil von gut 50 Prozent.

Diese Konstellation ist nun gefährdet: Daimler will raus, mittelfristig wohl auch Lagardère und das deutsche Bankenkonsortium. Die Banken hatten sich 2007 auf starken politischen Druck zu ihrem Engagement bei EADS bereit erklärt und Anteile von Daimler übernommen.

Brüderle will "industrielle Lösung"

In Berlin wird befürchtet, dass die Regierung in Paris das Lagardère-Problem löst, indem sie ihren eigenen EADS-Anteil einfach erhöht. In der Bundesrepublik mit ihren ordnungspolitischen Traditionen wäre das nicht so leicht möglich, wie erste Reaktionen aus dem FDP-geführten Bundeswirtschaftsministerium zeigen.

Dem Vernehmen nach strebt Ressortchef Rainer Brüderle eine "industrielle Lösung" an - ohne dass er bisher auch nur ein Industrieunternehmen nennen könnte, das an EADS interessiert wäre. Eine Beteiligung des Bundes, und sei es über die Staatsbank KfW, lehnt Brüderle hingegen ab. Er hält die Förderbank als Großaktionärin eines Luft- und Raumfahrtkonzerns für ungeeignet.

Aus den Regierungskreisen verlautete, die Diskussion über die Zukunft von EADS befinde sich "noch in der Orientierungsphase". Klar sei, dass der Bund an der "deutsch-französischen Balance im Aktionärskreis" festhalten wolle. Ob das im äußersten Notfall auch eine Teilverstaatlichung des Konzerns rechtfertigen würde, müsse noch erörtert werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Brüderle hatten in der vorigen Woche bereits kurz über das Thema gesprochen, eine erste ausführliche Unterredung ist für den 23. Februar geplant.

Zu großer Einfluss Frankreichs befürchtet

Anders als 2007 müssen sie diesmal eine dauerhaft haltbare Struktur für den Luftfahrtkonzern finden, und das möglichst bald: Nach Informationen aus Branchenkreisen will Daimler deutlich vor Ende 2012 verkaufen, womöglich sogar schon in diesem Jahr.

Die deutsche Seite befürchtet, dass die französische Regierung über ihre direkte Staatsbeteiligung mehr Einfluss auf den Konzern nehmen und die bisherige Aufteilung abschaffen könnte. Damit sei, so das Argument, die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie existenziell gefährdet. Immer mehr Hochtechnologie-Aufträge und Arbeitsplätze würden abwandern. Die vier großen Anteilseigner können die aktuelle Eigentumsstruktur nur im gegenseitigen Einvernehmen ändern. Sie haben sich zudem gegenseitig ein Vorkaufsrecht eingeräumt.

Das EADS-Management äußert sich nicht zu den Vorgängen. Hinter vorgehaltener Hand klagen die Manager schon lange über die Anteilseigner. Konzernchef Louis Gallois hatte als Lösung eine sogenannte goldene Aktie vorgeschlagen, deren Inhaber in bestimmten Fragen ein Vetorecht hat. Damit könnte sich auch der französische Staat von seinen Anteilen trennen, ohne in den kritischen Fragen an Einfluss zu verlieren. Der Vorstoß stieß aber auf wenig Gegenliebe.

© SZ vom 10.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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