Sportartikelindustrie:Adidas hofft auf die großen Sportereignisse

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Florian Wirtz vom Deutschen Meister Bayer Leverkusen im neuen Adidas-Trikot der deutschen Nationalmannschaft für die Fußball-Europameisterschaft 2024. (Foto: INA FASSBENDER/Adidas)

Fußball-EM, Olympische Spiele und Retro-Produkte treiben das Geschäft des Sportartikelherstellers an. Ein umstrittenes Trikot verkauft sich dabei besonders gut.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Die Mehrzweckhalle an der Metro-Station Porte de la Chapelle im Norden von Paris ist neben einer Schwimmhalle der größte Neubau für die anstehenden Olympischen Spiele und die anschließenden Sommer-Paralympics in der französischen Hauptstadt. Die Namensrechte hat sich frühzeitig Deutschlands größter Sportartikelhersteller gesichert, weshalb die Halle offiziell "Adidas Arena" heißt. An diesem Donnerstag, 99 Tage vor der Eröffnung der Spiele, wird Konzernchef Bjørn Gulden, 58, dort flankiert von etwa 80 Sportlerinnen und Sportlern aus mehreren Ländern die Outfits präsentieren, in denen insgesamt neun Olympia-Teams bei Eröffnungs- und Schlussfeier sowie bei Siegerehrungen auflaufen werden. Neben dem deutschen Team werden unter anderem auch jene von Großbritannien, Polen und Kuba von Adidas ausgerüstet. Wobei sie bei ihren eigentlichen Wettkämpfen die Schuhe ihres persönlichen und die Trikots des Ausrüsters ihres jeweiligen Sportverbands tragen werden.

Der Termin wird in der internationalen Sportwelt Aufmerksamkeit finden, und für Gulden kommt er obendrein genau zur rechten Zeit. 16 Monate nach seinem spektakulären Wechsel von Puma zu Adidas wiederholt er dort, was er auch bei Puma hin und wieder so getan hat: Er startet mit niedrigen Prognosen in ein neues Jahr, um diese dann in dessen Verlauf anzuheben. Was immer auch ein wenig suggeriert: Schaut her, meine Arbeit greift und trägt größere Früchte als erwartet. So kündigte Adidas am Dienstagabend an, dass das Geschäftsjahr 2024 besser laufen werde als erwartet. Anstatt wie geplant um einen mittleren einstelligen Prozentsatz werde der währungsbereinigte Umsatz im höheren einstelligen Prozentbereich wachsen, also ein Plus von knapp unter zehn Prozent. Und anstelle des bislang auf etwa eine halbe Milliarde Euro prognostizierten Betriebsgewinns geht Adidas neuerdings von 700 Millionen Euro aus.

Der Hallenfußballschuh Samba ist besonders beliebt

Der Grund für all dies sei, dass die Geschäfte des nach dem gerade schwächelnden US-Konzern Nike zweitgrößten Sportartikelherstellers in den ersten drei Monaten besser liefen als erwartet. Quasi symbolisch steht dafür das wegen seiner grellen, pinken Farbe umstrittene Auswärtstrikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft für die anstehende EM. Doch vor allem jungen Fans gefällt es. Noch nie habe sich ein DFB-Auswärtstrikot in den ersten Wochen nach seiner Präsentation besser verkauft, sagt ein Adidas-Sprecher. Zahlen nennt das Unternehmen nicht. Nur so viel: Auch nach dem weißen Heimspiel-Shirt der Deutschen mit den schwarz-rot-goldenen Schulterstreifen gebe es "eine sehr gute Nachfrage". Der unmittelbar nach Verkaufsstart vom DFB angekündigte Ausrüsterwechsel nach 70 Jahren von Adidas zu Nike hat offenkundig keine messbaren Auswirkungen auf das aktuelle Trikotgeschäft, er greift erst ab 2027.

Adidas-Chef Bjørn Gulden mit dem Schuh, den die äthiopische Läuferin Tigist Assefa bei ihrem Berliner Marathon-Weltrekord im vergangenen Jahr trug. (Foto: Staff/REUTERS)

Adidas-Chef Gulden verfolgt erklärtermaßen den Plan, mehr Fußballmode auf die Straße und in den Alltag zu bringen. Also mehr Shirts, Jacken und Schuhe, die aus Fußballkollektionen heraus optisch entwickelt werden. Beispielsweise den Hallenfußballschuh Samba, der gerade als Sneakers gefragt ist. Zu dem Konzept, das Gulden massiv vorantreibt, gehören auch Retro-Kollektionen, die Adidas unter seiner Sportmodekategorie Originals verkauft. Sie verzeichnet besonders gute Geschäfte, was maßgeblich zum Erfolg im ersten Quartal beitrug. In diesem steigerte Adidas gemessen am Vorjahr den Umsatz währungsbereinigt um acht, bemessen in Euro um vier Prozent auf 5,458 Milliarden Euro. Das zwischen Januar und März erzielte Betriebsergebnis lag mit 336 Millionen Euro deutlich über dem Vorjahreswert von 60 Millionen.

Im Abflauen ist dabei das Geschäft mit Yeezy-Produkten, den langjährigen Umsatz- und Gewinnbringern von Adidas. Die Kollektion dieses Namens hat bekanntermaßen Kanye West entworfen. Adidas hatte dem exzentrischen US-Rapper in den vergangenen Jahren zwar Milliardengewinne zu verdanken, ihm aber nach wiederholten antisemitischen und sexistischen Ausfällen 2022 die Zusammenarbeit aufgekündigt. Der Abverkauf von Yeezy-Restprodukten hat das Geschäft der Drei-Streifen-Marke im vergangenen Jahr noch zu einem gehörigen Maß gestützt, auch wenn das Unternehmen versprach, einen Großteil der Erlöse zu spenden. Im ersten Quartal 2024 habe man mit Yeezy-Schuhen noch 150 Millionen Euro Umsatz und 50 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet, so Adidas am Dienstagabend. Man gehe davon aus, "dass der Verkauf der verbleibenden Yeezy-Bestände im weiteren Verlauf des Jahres im Durchschnitt kostendeckend erfolgen wird", so das Unternehmen in einer Mitteilung. "Dies würde im restlichen Verlauf des Jahres 2024 zu einem weiteren Umsatz in Höhe von rund 200 Millionen Euro ohne zusätzlichen Gewinnbeitrag führen."

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