Atomrückstellungen:Die Atomkonzerne kaufen sich frei

In rund 500 Metern Tiefe lagern im Endlager in Morsleben Fässer mit Atommüll. (Foto: Jens Wolf/dpa)

Der Fonds für die Altlasten der Atomenergie bricht fundamentale Prinzipien. Für 23,3 Milliarden Euro könnten die Unternehmen ihr Risiko an den Staat loswerden. Dennoch wäre die Lösung das geringste Übel.

Kommentar von Michael Bauchmüller

Der Fonds für die Altlasten der Atomenergie bricht fundamentale Prinzipien. Unternehmen, die jahrzehntelang üppige Gewinne mit ihren Atomkraftwerken machten, können sich so aller Restrisiken entledigen. Gegen die Zahlung von 23,3 Milliarden Euro übernimmt der Staat die Entsorgung des Atommülls. Reicht das nicht, haftet der Steuerzahler; dass es so kommt, ist wahrscheinlicher als das Gegenteil. Das Prinzip, nach dem Verursacher von Müll auch für dessen Beseitigung geradestehen, gilt für die Atomkraft nicht mehr. Die Konzerne kaufen sich frei.

Dahinter steht eine schwierige Abwägung. Was hilft das Prinzip, wenn die Unternehmen gar nicht so lange überleben? Wenn sie untergehen, zerschlagen sind, noch ehe das letzte Atommüllfass verräumt ist? Ein Blick in die jüngsten Bilanzen etwa von RWE lässt in dieser Hinsicht nichts Gutes ahnen. Ist der Konzern weg, ist der Steuerzahler doch wieder dran.

Die Kommission hat sich in dieser Lage für den Spatz in der Hand entschieden. Auch dafür spricht einiges - schon angesichts zunehmend unverfrorener Versuche der Konzerne, sich durch Umstrukturierungen ihrer Pflichten zu entledigen. Wird die Empfehlung der Kommission Gesetz, dann markiert das gleichsam den Einstieg in die geordnete Abwicklung der Atomkraft. Und es gibt den Blick frei auf eine ungleich größere gesellschaftliche Aufgabe: die Suche nach einem Endlager.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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