Die farbenprächtigen Ornamente mit Blüten und Ranken aus der Jugendstil-Zeit - einfach herrlich. Und das schöne Fischgrät-Parkett, das letztlich unverwüstlich ist, weil es immer wieder abgeschliffen werden kann. Und Stuck an den Decken! Die Freude über die Besonderheiten der eigenen Wohnung in einem vor 120 Jahren erbauten Mehrparteienhaus ist geblieben, auch wenn man schon viele Jahre dort lebt. Aber die Kräfte schwinden. Wird man es nächstes Jahr noch schaffen, mehrmals täglich die Treppen in den vierten Stock hinauf und hinab zu steigen? Altbauten haben ihren eigenen Charme, aber meistens keinen Aufzug. Demnächst wird man zumindest Haltegriffe im Treppenhaus benötigen, ein Treppenlift wäre auf lange Sicht besser.
Eine bodengleiche Duschkabine in der Wohnung bräuchte es auch, weil man nicht mehr leichtfüßig zum Duschen in die Badewanne und wieder herausspringen kann. Soll man sich also bald von seiner Eigentumswohnung trennen und ins Seniorenheim oder in eine Einrichtung für betreutes Wohnen ziehen? Mit solchen Gedanken können sich die wenigsten anfreunden. Nach einer repräsentativen Umfrage des Sozialwissenschaftlers und Meinungsforschers Klaus-Peter Schöppner im Auftrag des Quartiersentwicklers DLE Land Development wollen 75 Prozent der Deutschen selbstbestimmt zu Hause in einer Wohnung leben, deren Gestaltung ihrem Gesundheitszustand angepasst ist.
Es ist aber notwendig, Umbauwünsche mit seinem Vermieter zu besprechen - oder einen Antrag in der Eigentümerversammlung zu stellen, wenn man Mitglied einer Eigentümergemeinschaft (WEG) ist. Das novellierte Wohnungseigentumsgesetz (Paragraf 20, Absatz zwei) stärkt die Position von Eigentümern und Mietern in Bezug auf altersgerechte Umbauten, die neuerdings zu den sogenannten privilegierten Maßnahmen zählen: "Der einzelne Eigentümer hat einen Anspruch darauf, dass die Eigentümergemeinschaft die Maßnahme für ihn umsetzt", sagt Beate Heilmann von der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein. Anfang Februar hat zudem der Bundesgerichtshof in zwei verschiedenen Fällen - in Bezug auf einen Aufzug sowie auf eine Rampe -eindeutig zugunsten der Barrierefreiheit geurteilt (BGH, V ZR 244/22 und V ZR 33/23).
Will der Antragsteller das Umbauprojekt selbst managen, benötigt er allerdings die ausdrückliche Zustimmung der Miteigentümer. Abgesehen davon, haben Wohnungseigentümer keinen Anspruch darauf, dass sie ihre ganz persönliche Idee für barrierefreies Wohnen umsetzen. Denn man muss ja auch auf die Bedürfnisse anderer Hausbewohner achten. "Die WEG kann die Zustimmung, beispielsweise zu einem Treppenlift, verweigern, etwa, wenn dadurch andere Hausbewohner behindert oder Fluchtwege versperrt werden", erläutert Heilmann. "Es kommt auf den Einzelfall an", betont die Rechtsanwältin. Einfach abschmettern darf der Verbund der Eigentümer ein solches Anliegen nicht. Er kann aber zu dem Schluss kommen, dass der Einbau eines Aufzugs die bessere Lösung ist. Ein anderer Fall: Die Gemeinschaft der Eigentümer kann mit einfacher Mehrheit beschließen: Eine Rollstuhlrampe ist in Ordnung. Aber wir wollen sie nicht im Bereich der Haupteingangstür bauen, sondern am Seiteneingang.
Menschen mit Handicap oder solche, die für später vorsorgen wollen, können nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, Paragraf 554) von ihrem Vermieter verlangen, dass er bestimmten baulichen Änderungen zustimmt - etwa dem Entfernen von Türschwellen oder der Montage neuer Rollläden, die sich digital bedienen lassen. Oder sogar einer neuen Aufteilung von Räumen, sodass ein größeres Zimmer entsteht. Bei großen Maßnahmen sollten Mieter im Voraus mit dem Vermieter klären, inwieweit er dazu bereit ist, sich an den Kosten zu beteiligen.
Aber es gibt auch kleinere Neuerungen, die man ohne Eingriffe in die Bausubstanz realisieren kann und die nicht der Genehmigung des Vermieters bedürfen. Etwa eine höhenverstellbare Arbeitstheke in der Küche, sofern die Kücheneinrichtung Eigentum des Mieters ist. Oder Haltestangen, die sich mithilfe von Saugnäpfen befestigen lassen.
Rechtskolumne:Welche Wallbox darf ich einbauen?
Wohnungseigentümer und Mieter haben grundsätzlich Anspruch auf eine private Ladestation. Doch die Umsetzung hat ihre Tücken.
Wünscht sich der Mieter Veränderungen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, etwa fest installierte Haltegriffe im Treppenhaus oder einen Treppenlift, steht sein Vermieter in der Pflicht, das Anliegen in die Eigentümerversammlung einzubringen und das Plazet der anderen Eigner einzuholen. Die Kosten dafür trägt in der Regel der Vermieter. Für ihn kann es vorteilhaft sein, künftig eine Wohnsituation anzubieten, die den Bedürfnissen älterer Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen gerecht wird.
Die finanzielle Frage ist insbesondere für den einzelnen Eigentümer, der selbst in einer Wohnanlage lebt und etwa eine bessere Beleuchtung im Eingangsbereich des Mehrparteienhauses oder einen Treppenlift beantragt, klar geregelt. "Der Antragsteller muss die Kosten dafür selbst tragen", sagt Rechtsanwältin Heilmann. Das bedeutet aber auch: Er allein darf diesen Lift nutzen. "Manchmal kommen andere Eigentümer im Laufe der Zeit hinzu, die den Treppenlift ebenfalls nutzen wollen. In dem Fall müssen sie sich an den Kosten beteiligen", führt Heilmann aus. Was solche Situationen kompliziert macht: Zuvor muss die Gemeinschaft überhaupt erst mal beschließen, dass andere Hausbewohner den Lift nutzen dürfen. Stößt jemand später hinzu, können sich Streitigkeiten entwickeln: Welchen Anteil der Investitionssumme muss der Nachzügler übernehmen? Ein Konfliktthema kann auch sein, wie die Wartungs- und Reparaturkosten umgelegt werden.
Wenn man ein Projekt zum Abbau von Barrieren in Angriff nehmen will, ist es klug, sich frühzeitig nach Fördertöpfen umzuschauen. Sowohl Eigentümer als auch Mieter können von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) dafür einen Investitionskostenzuschuss von bis zu 6250 Euro erhalten. Eine andere Option für altersgerechte Umbauprojekte ist der zinsgünstige Förderkredit der KfW mit einer Fördersumme von bis zu 50 000 Euro.