Haben und Sein:Giftgrün, aber bio

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Cape und Schlafsack in einem: Outdoor-Decken von Voited. (Foto: Hersteller)

Kleiderfarbe aus Avocadokernen, Schlangestehen für Matcha-Tee und eine Decke für Sommernächte im Freien: Die Stilnews der Woche.

Von Titus Arnu, Kathrin Hollmer, Julia Rothhaas und Silke Wichert

Nein, wir haben uns nicht in der Jahreszeit geirrt, wenn wir hier eine Decke vorstellen. Es geht nämlich diesmal nicht um die kuschelige Wollversion für gemütliche Winterabende auf der Couch, sondern um Outdoor-Decken von Voited, die zum Beispiel beim Campen, Surfen oder auf Festivals zum Einsatz kommen sollen - also genau jetzt. An kühlen Abenden oder wenn man gerade aus dem kalten Wasser kommt, kann man sich darin wie in ein Cape einwickeln, die Decke lässt sich mit Knöpfen und Reißverschlüssen aber auch in ein Kissen oder einen Schlafsack verwandeln. Und weil die Decken für die Natur gedacht sind, ist der Polyesterstoff der bunten Designs nicht nur wind- und feuchtigkeitsabweisend, sondern lässt sich auch problemlos waschen. Umweltfreundlich sind sie obendrein: Die Fasern stammen zu 100 Prozent aus recycelten Plastikflaschen (ab 84 Euro, voited.eu).

Kann man nicht übersehen: Happy Matcha in Berlin. (Foto: Hersteller)

Berlin hat einen neuen Lieblingsort zum Schlangestehen. Nicht mehr nur bei Supreme auf der Torstraße in Mitte, gleich daneben wird es jetzt auch gern voll: bei Happy Matcha, dem ersten Café, das nur dieses giftgrüne Getränk anbietet. Den Matcha-Trend gibt es schon länger, aus Hollywood schwappten Matcha-Latte und Iced Matcha im wahrsten Sinne des Wortes zu uns herüber. Matcha heißt auf Japanisch "gemahlener Tee", denn im Gegensatz zu anderen grünen Teesorten werden hier die Blätter zu feinem Pulver verarbeitet. Obendrein ist der Chlorophyllgehalt höher, weil er zu den "Schattentees" gehört, die vor der Ernte beschattet werden - deshalb die intensive grüne Farbe. Fans schwören auf die belebende, geradezu glücklich machende Wirkung, der Tee soll die Dopaminausschüttung im Gehirn anregen. Zen-Mönche tranken ihn schon vor Jahrhunderten, um bei langen Meditationssitzungen fokussiert zu bleiben. Viele finden den grasigen Matcha-Geschmack schlicht scheußlich, die Macher von Happy Matcha sagen, dann habe man einfach noch nicht den richtigen probiert. Sie beziehen ihr Pulver von einer Bio-Plantage in Kagoshima und verkaufen es auch für zu Hause. Verfehlen kann man den Laden nicht: Er ist so giftgrün wie der Tee (Torstraße 68, happymatchaworld.com).

Mit Spinat gefärbt: Trägerkleid von Livia Naef. (Foto: Hersteller)

Als noch keine Chemikalien dafür eingesetzt wurden, war es üblich, dass man Kleidung mit Beeren oder Pflanzen wie Färber-Ginster coloriert hat. Die Luzernerin Livia Naef belebt diese Tradition neu. Früher hat sie als Kauffrau und PR-Fachfrau gearbeitet, mit 29 machte sie eine Ausbildung als Mode-Assistentin. Während der Corona-Pandemie, mit 36, gründete sie ihr eigenes Modelabel, Livia Naef. Ihre minimalistischen Kleider, Hosen und Mäntel sind zeitlos, lassen sich miteinander kombinieren und je nach Anlass sportlich oder elegant stylen. Alle Stücke sind aus natürlichen Materialien gefertigt: aus Bio-Baumwolle und -Wolle, Hanf, der Zellulosefaser Tencel oder mehr als 100 Jahre alten weißen Leinenstoffen, die eine Kommilitonin von Naef beim Ausmisten gefunden hatte. Das Leinen coloriert Naef teilweise selbst mit Lebensmitteln und Essensabfällen: Avocadokerne zum Beispiel färben zartrosa, Kurkuma sanft gelb und Spinat pastellgrün. Die Prototypen für ihre Modelle entwickelt Naef in ihrem Atelier in Luzern, danach lässt sie sie in kleiner Stückzahl von Hand in der Schweiz produzieren. Damit garantiert sie kurze Transportwege und eine faire Bezahlung für alle Beteiligten, außerdem vermeidet sie Überproduktion. "Nachhaltigkeit bedeutet für mich, dass ich möglichst nur die Menge produziere, die nachgefragt wird", so die Designerin. Die selbstgefärbten Kleider kosten ab 790 Schweizer Franken. Naef fertigt auch Kleidungsstücke aus alten Stoffen ihrer Kundinnen und Kunden ( livianaef.ch).

Gut für Geschmack und Umwelt: der "Corkcoal" von Estal. (Foto: Hersteller)

Klassischer Korken oder Plastikverschluss? Kunststoffstöpsel galten unter Weinkennern lange als indiskutabel. Der Verdacht: Wenn schon der Korken aus Plastik ist, ist der Flascheninhalt wohl ebenfalls Billigschrott. Stimmt aber nicht, für den Geschmack sind künstliche Korken kein Nachteil. Für die Umwelt dagegen schon: Bei der industriellen Herstellung von Korken aus Mikrogranulat werden viel Wasser, Energie und Chemikalien verbraucht. Nun wurde auf der Pro-Wein-Messe in Düsseldorf ein neuartiger Verschluss namens "Corkcoal" vorgestellt, der aus natürlichem Kork und Aktivkohle besteht. Die Kohle absorbiert und neutralisiert unerwünschte Gerüche, bei der Produktion wird kein Bleichmittel verwendet. Der Korken ist biologisch abbaubar. Dazu passend bietet der Hersteller Estal Gläser an, die zu 100 Prozent aus recyceltem Glas bestehen. Prost Umwelt ( estal.com)!

Die Sixties sind zurück - diesmal in zweifarbig: der Panton Chair Duo in limitierter Auflage. (Foto: Hersteller)

Die Sixties sind mal wieder Trend in der Mode mit Miniröcken, grafisch-opulenten Prints und Mary Jane's. Da legt das Design natürlich ebenfalls nach: Der Panton Chair, heißgeliebter Klassiker, kehrt 2022 zurück auf die Bühne - diesmal und erstmalig in: zweifarbig. Der von Verner Panton 1959 entworfene Freischwinger aus Vollkunststoff für Vitra heißt dementsprechend Panton Chair Duo und setzt auf zwei unterschiedliche Farben, je auf der Vorder- und auf der Rückseite. Sämtliche Töne stammen aus der Fantasie-Installation "Visiona 2", die Panton 1970 in Köln zeigte. Die Sonderedition (limitiert auf 999 Stück) ist in fünf Farbkombinationen zu haben, etwa in Kiefergrün und einem Lilablau (1890 Euro, vitra.com).

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Haben und Sein
:Grüne Stars

Ein klimafreundliches Hochzeitskleid, ein quietschgrünes Showcase für Ketten und eine nachhaltige Designmesse: die Stilnews der Woche.

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