SC Paderborn gegen FC Bayern:0:6 verloren und trotzdem stolz

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Robert Lewandowski traf zum 2:0 in Paderborn - doch Paderborns Spieler mühten sich anständig. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Das Pokal-Aus gegen die Bayern beurteilen die unterlegenen Paderborner als Bestätigung ihrer offensiven Spielweise.
  • Immer wieder bringt der Außenseiter die Münchner in Bedrängnis.
  • Am Ende sagen gleich mehrere Bayern-Akteure dem Drittligisten eine große Zukunft voraus.

Von Carsten Scheele, Paderborn

Dann trat Ben Zolinski vor die Mikrofone und tat etwas völlig Untypisches: Er lächelte. 0:6 (0:3) hatte sein SC Paderborn im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen den FC Bayern verloren, doch Zolinski ließ nicht mal annähernd die Schultern hängen. Nach einem Ergebnis, für das die Branchengesetze beim Verlierer langanhaltendes Lamentieren und die Suche nach einem Schuldigen vorsehen, wirkte Zolinski stolz und glücklich.

Er bedauerte zwar, dass er Mitte der zweiten Halbzeit nur den Pfosten und nicht ins Tor getroffen hatte. Doch dies bleibt nur ein kleiner Makel. Zolinski lobte seinen SC Paderborn, und das mit Recht, denn der Drittligist hatte dem Rekordmeister einen verblüffend beherzten Kampf geboten, auch wenn dieser deutlich endete. "Jetzt steht da ein 6:0, als hätten wir eine Riesenklatsche gekriegt", sagte Zolinski also, "dabei haben wir ziemlich ordentlich gespielt."

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Der FC Bayern gewinnt im Pokal-Viertelfinale dank eiskalter Effizienz beim SC Paderborn 6:0 - Thomas Müller muss nach einem Zusammenprall in der ersten Halbzeit ausgewechselt werden.

Das bestätigte auch jeder Bayern-Profi, der nach seiner Meinung gefragt wurde. "Riesen-Kompliment an Paderborn", sagte Joshua Kimmich, der zum zwischenzeitlichen 3:0 (42.) getroffen hatte. "Brutal mutig" sei der Auftritt des Drittligisten gewesen; ja, viel mutiger, als es viele Mannschaften in der Bundesliga fertigbringen, die sich gegen die Münchner vor dem eigenen Tor verbarrikadieren und hoffen, dass der Sturm schadensarm vorüberziehen möge. Auch wegen dieser Haltung sind die Bayern in der Tabelle auf 18 Punkte enteilt: Weil die meisten Gegner gar nicht mehr versuchen, offensiv dagegenzuhalten.

Nicht so Paderborn, das im vergangenen Sommer in die vierte Liga abgestiegen wäre, wenn der TSV 1860 München nicht den Lizenzentzug erlitten hätte. Zwar war offensichtlich, dass die Ostwestfalen defensiv zwei Klassen tiefer spielen. Drehten die Bayern vorne das Tempo auf, links über Kingsley Coman oder rechts über Arjen Robben, entsprangen hübsche Chancen, von denen die Münchner in eiskalter Effizienz letztlich sechs verwerteten - außer Kimmich trafen noch Coman (19.), Robert Lewandowski (25.), Corentin Tolisso (55.) und zweimal Robben (86., 89.). Die Paderborner blieben trotzdem bei ihrer offensiven Spielidee. Er habe seine Mannschaft "ins Verderben geführt", klagte SC-Trainer Steffen Baumgart später, weil er seine Spieler immer weiter stürmen ließ: "Ich bin schuld, dass wir den Arsch vollgekriegt haben."

Ganz ernst gemeint war das hoffentlich nicht, denn hätte Baumgart seine Mannschaft bloß in den Verteidigungsmodus beordert, wäre kaum dieses kurzweilige Pokalspiel entstanden. Tatsächlich schaffte es der Drittligist etliche Male, die Defensive der Bayern über wenige Stationen auszuhebeln. Es waren durchdachte Angriffe, die kommenden, namhafteren Gegnern als Anschauungsmaterial dienlich sein könnten, pfeilgenau vorgetragen vom Torwart bis in die Sturmspitze.

Schon in der achten Minute hatte der Ball nach einem Freistoßtrick im Münchner Tor gelegen, allerdings aus einer Abseitssituation heraus. Sebastian Schonlau (46.) per Kopf und Sven Michel (48.) verpassten einen Paderborner Treffer ebenfalls knapp, kurz darauf folgte Zolinskis Pfostentreffer (56.). Dann trat Phillip Tietz auch noch vor dem leeren Tor am Ball vorbei (80.). Die Bayern hätten sich über den ein oder anderen Gegentreffer nicht beschweren dürfen.

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Von Carsten Scheele, Paderborn

Insbesondere den erfahrenen Kräften in der Münchner Defensive gefiel das gar nicht. Mats Hummels motzte schon während der zweiten Halbzeit deutlich hörbar über die Disziplin der Kollegen, die im eigenen Offensivdrang die Ordnung im Mittelfeld vergessen hatten. Es habe "zu viele Unkonzentriertheiten" gegeben, bemerkte auch Abwehrkollege Niklas Süle nach dem Spiel kritisch. Akzeptabel sei das gegen einen unterklassigen Gegner eigentlich nicht. Aber der Nationalspieler erkannte an: "Paderborn hat nicht gespielt wie ein Drittligist."

Das fand auch Trainer Jupp Heynckes, ohnehin ein Paderborn-Fan. Seinen Respekt vor dem Gegner konnte man schon in der Aufstellung erahnen, denn Heynckes hatte seine beste Elf auf den Rumpelrasen geschickt. Nach dem Spiel sah sich der Trainer bestätigt. "Das ist schon ein guter Fußball, der hier gespielt wird", lobte Heynckes und sagte den Paderbornern glückliche Tage voraus. Er sei sicher, dass der SCP nicht nur aufsteigen, sondern anschließend auch in der zweiten Liga "eine gute Rolle spielen" werde. Hätte jemand Heynckes zum Abschied einen SC-Paderborn-Mitgliedsantrag vorgelegt, er hätte wohl unterschrieben.

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