Irland bei der Rugby-WM:Mit grüner Energie Richtung Goldpokal

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Standfest in jeder Beziehung: Irlands Kapitän Jonathan Sexton ist bei der WM auch von einer Vielzahl Schotten nicht im mindesten aus dem Gleichgewicht zu bringen. (Foto: Anne-Christine Pouloulat/AFP)

Im Viertelfinale der WM in Frankreich kommt es zum Duell zwischen Irland und dem dreimaligen Rugby-Weltmeister Neuseeland. Diesmal allerdings sind die All Blacks der Außenseiter.

Von Barbara Klimke

Das nächste Spiel kann sein letztes sein. Und so hat sich Johnny Sexton, 38, der nach der WM in Frankreich seine Karriere beendet, noch einmal an die Anfänge erinnert: an die Zeit in Donnybrook im Süden Dublins, wo er als kleiner Junge Mini-Rugby spielte. Damals, sagte er, hätten sie nicht an den Webb-Ellis-Cup, den Goldpokal, gedacht. "Als wir Kinder waren, hat man in Irland nicht vom Gewinn einer WM geträumt." Kaum jemand verstieg sich zu solchen Fantasien. Was Irlands Auswahl ausgezeichnet hatte, das waren Leidenschaft, bisweilen Finesse. Aber Mannschaften, die den Anspruch und das natürliche Selbstbewusstsein ausstrahlten, Rugby-Weltmeister zu werden, trugen keine Kleeblätter auf grünem Trikot. Sondern Neuseelands Emblem, den Silberfarn der All Blacks.

Als Sexton sein erstes Spiel gegen die All Blacks bestritt, 2010 in Taranaki, verlor Irland 28:66. Die Zuschauer, so vermutete das neuseeländische Portal Stuff diese Woche ironisch, waren "vermutlich mehr am Ketchup" auf ihrem Stadionsnack interessiert als an dem jungen Einwechselspieler. Zwei Jahre später folgte ein 0:60 gegen Neuseeland, bis heute die höchste Niederlage eines irischen Teams.

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An diesem Samstag, um 21 Uhr im Stade de France in Paris, trifft der Weltranglistenerste im WM-Viertelfinale erneut auf den alten Rivalen, und die Rollen haben sich verkehrt: Diesmal ist Irland, seit 17 Matches in Serie ungeschlagen, die Nummer eins. Die All Blacks hingegen, dreimal Weltmeister, müssen damit leben, dass sie sogar der New Zealand Herald, das Blatt von der südlichen Hemisphäre, für die Underdogs, die Außenseiter, hält. So weit würde Johnny Sexton, der die Position des Flyhalf spielt, Kapitän und Kommandant des Kleeblatt-Teams ist, nicht gehen - dafür sind die alten Narben der schmerzhaften Niederlagen noch zu präsent. Vielmehr erwartet er eine Schicksalspartie: "Es ist das Spiel, auf das wir uns vorbereitet haben, das härteste, das uns je bevorgestanden hat."

Es hat 111 Jahre gedauert, bis Irland erstmals die All Blacks bezwang

Vermutlich ist das kein übertriebenes Pathos. Denn wenn Irland sich nicht jetzt aufschwingt, nicht jetzt die Hand nach dem Goldpokal ausstreckt, wann dann? Zehntausende Anhänger haben sich in den vergangenen Wochen auf den Weg über den Ärmelkanal gemacht, haben jeden Pub in Frankreich mit grüner Energie in einen Irish Pub verwandelt und auf den Rängen ihre Hymnen geschmettert: von U2, den Pogues, den Cranberries.

Irland hat zuletzt Turniere wie die Six Nations, den Frühjahrsklassiker der besten sechs europäischen Rugbyauswahlen, dominiert; hat bei der WM, anders als Neuseeland, kein Gruppenspiel verloren; hat Weltmeister Südafrika geschlagen und zuletzt die Schotten mit Tempo, Wucht und Präzision überrollt. Und vor allem hat das Team, angeleitet von Trainer Andy Farrell, einem Engländer, zuletzt die Schwächen der gefürchteten All Blacks mit gnadenloser Gründlichkeit aufgedeckt.

Im Sommer 2022, wieder auf einer Tour in den Süden, glückten Irland die ersten Auswärtssiege in der Heimat der All Blacks. Bemerkenswert deshalb, weil es 111 Jahre gedauert hatte, bis die Iren die neuseeländischen Rugby-Heroen überhaupt einmal hatten bezwingen können: erst 2016 bei einem Gastspiel beider Teams in Chicago/USA. Was Irland bisher allerdings nie schaffte, ist der Einzug ins WM-Halbfinale: Siebenmal seit 1987 war jeweils im Viertelfinale Endstation.

Dass ihnen am Samstag erneut im K.o.-Spiel die Nerven flattern, schließt Johnny Sexton aus. Die sieben Viertelfinalniederlagen, sagte er, seien nicht miteinander zu vergleichen, es habe ja jedes Mal ein anderes Team auf dem Platz gestanden. Der Unterschied ist diesmal folgender: Jetzt, mit 38, glaubt er an den Goldpokalgewinn.

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