Karriereende von Franck Ribéry:Salut Filou

Fußball: Ex-Bayern-Spieler Franck Ribéry

Es geht nicht mehr: Franck Ribéry muss seine Karriere nach übereinstimmenden Berichten vorzeitig beenden.

(Foto: Giuseppe Maffia/Imago/NurPhoto)

Er brachte die Show nach München: Bei den Bayern wurde Franck Ribéry geliebt, in Frankreich aber verurteilt. Nun zwingt ihn sein verletztes Knie dazu, die Karriere vorzeitig zu beenden.

Von Felix Haselsteiner

Es ist auch ein wenig der deutschen Ignoranz geschuldet, dass bis heute Christian Schulz herhalten muss, wenn man über die bedeutenden Momente der Karriere von Franck Ribéry spricht. Das deutsche Publikum, es hätte damals eigentlich nur etwas genauer hinsehen müssen, bei der WM 2006 im eigenen Land, als beinahe eine französische Nationalmannschaft gewann, die vordergründig vom großen Zinédine Zidane definiert wurde. Hinter Zidane jedoch war die Entdeckung des Turniers ein junger, französischer Außenstürmer, der den Deutschen nicht wirklich auffiel, im Taumel zwischen Poldi, Schweini, Klinsi und den Italienern, die das Sommermärchen vorm Finale beendeten.

Ein Straßenfußballer spielte da bei den Franzosen. Einer aus dem Pas-de-Calais im Norden des Landes, ein Arbeiterkind, ein Filou mit einer auffälligen Narbe, der wie ein Assistent um Zidane herumwirbelte, im Viertelfinale gegen Brasilien den großen Roberto Carlos ausdribbelte - und ein Jahr später ebenjenen bemitleidenswerten Bremer Schulz.

0:4 gegen den direkten Bayern-Rivalen - von jetzt an kannte man Ribéry

Die Partie am zweiten Spieltag der Saison 2007/08, sie darf sich ehrenvoll einreihen als eine der Wegmarken in der Geschichte der Bundesliga. Unter anderem, weil in der 79. Minute Ribéry nach einer Bremer Ecke am eigenen Strafraum an den Ball kam, ihn auf seinem Fuß tanzen ließ und ihn dann, gerade als Schulz wuchtig eingreifen wollte, einmal kurz anlupfte, sodass der Bremer ein Luftloch schlug und bedröppelt zurückblieb, während Ribéry den Konter einleitete. Luca Toni, Hamit Altintop, 0:3. Am Ende stand es 0:4, mit zwei Toren von Ribéry. Der FC Bayern hatte nach der Schmach der Vorsaison und der verpassten Qualifikation für die Champions League den damals nachhaltigsten Konkurrenten aus Bremen demontiert. Und von diesem Nachmittag an kannte man in Deutschland Ribéry.

Uli Hoeneß hatte das selbstverständlich kommen sehen, als er gemeinsam mit Karl-Heinz Rummenigge und Trainer Ottmar Hitzfeld im Frühjahr überlegte, wie man diesen FC Bayern wieder zurückbringen könnte an die Spitze der Bundesliga und unter die elitären Vereine Europas. "Wir mussten ein Zeichen setzen", sagte Hoeneß später dem Autor Ronald Reng über diesen Transfersommer, in dem die Münchner Klose holten, vor allem aber Toni, den Weltmeister, und Ribéry, den WM-Zweiten, für die damalige Rekordsumme von 25 Millionen Euro von Olympique Marseille.

Kloses Saltos, Tonis Tore, Ribérys Dribblings, das war der Beginn einer neuen Ära, in der die Show zählen sollte, nicht mehr nur der Fußball: Lange Jahre hatten Verteidiger wie Schulz den FC Bayern stoppen können mit ihrem wuchtigen Eingreifen, diese Zeiten sollten vorbei sein - und sie hätten sich keinen besseren Showman aussuchen können als den Franzosen, der immer spielte, um zu spielen.

Ricardo Quaresma und Arjen Robben waren die Alternativen fürs Spektakel gewesen, am Ende aber entschied sich der FC Bayern für den Dribbler mit der tragischen, eigenwilligen Geschichte, den Perfektionisten Robben holten sie später, als sie feststellten, dass der Spaßfaktor allein nicht reichen wird.

Mit 19 musste Ribéry im Straßenbau arbeiten, um Schulden abzubauen

Ribérys erfolgreiche Karriere wurde geprägt von den Zeiten, in denen nichts darauf hindeutete, dass er jemals die Champions League gewinnen würde, außer seinem Talent. Mit 19 Jahren gab er den Fußball kurzzeitig auf und arbeitete mit Vater Francois auf Straßenbaustellen, um Schulden abzubezahlen, die er in seiner Jugend angesammelt hatte. Über den FC Metz und Galatasaray Istanbul kam er nach Marseille, von dort an die Seite von Zidane, dann schließlich zum FC Bayern, der ja eigentlich nur eine Durchgangsstation sein sollte, bis zum Frühsommer 2010 jedenfalls.

"Isch 'abe gemacht fünf Jahre mehr", verkündete Ribéry damals vom Münchner Rathausbalkon, nachdem den Bayern im Champions-League-Finale gegen Inter Mailand die Krönung verwehrt geblieben war, auch weil der Kronprinz im Finale gesperrt fehlte. Ribérys Verlängerung bis 2015, die den Status des FC Bayern als dauerhafter Kandidat für große Titel festigte, wäre nicht möglich gewesen, hätte er nicht in München eine familiäre Heimat gefunden. Eine Heimat, in der Hoeneß ihn schützte wie einen Ziehsohn und in der man ihm jeden Skandal verzieh: Rote Karten, wie die im Halbfinale gegen Lyon 2010, zählten dazu, aber auch weitaus Fataleres wie die Affäre um eine 17-jährige Prostituierte und die Debatte um ein Goldsteak.

Mit Robben verstand er sich nicht immer - doch beide wussten, dass sie nur zusammen Großes schaffen

In Frankreich verurteilte man ihn dafür scharf, seine Nationalmannschaftskarriere beendete Ribéry 2014 im Zwist mit Land und Mannschaft. In München jubelten sie ihm weiter zu, wegen der zahlreichen Titel, wegen der Vorlage in der 89. Minute im Champions-League-Finale 2013, trotz der Verletzungen, die ihn immer wieder zurückwarfen, und gerade wegen seiner Eigenwilligkeit. Die Familie, mit Hoeneß, den Ribéry als einer der wenigen Spieler im Gefängnis besuchte. Mit David Alaba, dem kleinen Bruder auf der linken Seite, der viel von seinem Franzosen lernte. Und natürlich mit Robben, dem Partner auf der rechten Seite in einem Duo, in dem sich die beiden Protagonisten ob ihrer unterschiedlichen Herangehensweisen an den Fußball und das Leben nie ganz grün waren, aber immer wussten, dass sie nur zusammen eine Ära prägen konnten.

Rib & Rob, Robbery, Badman und Robben, wie sie die Münchner Fans einmal in einer Choreografie nannten, prägten ein Jahrzehnt in Bayern und in der Bundesliga. Doch als sie sich im Mai 2019 verabschiedeten, selbstverständlich beide mit Toren, endete nur eine Karriere: Robben zog sich zurück, sein kurzzeitiges Comeback in Groningen scheiterte an Verletzungen. Ribéry hingegen zog weiter nach Florenz, wo er zwei Jahre hervorragend spielte, bis sein Vertrag nicht mehr verlängert wurde und nur noch der Aufsteiger Salernitana übrig blieb, um weiterzuspielen. Der Filou konnte es nicht lassen, er spielte als Kapitän noch einmal auf, im Abstiegskampf der Serie A, bis ihn nun das seit Monaten entzündete Knie zwang, seine Karriere zu beenden. Was schon Anfang Oktober mehrere Medien berichteten, bestätigte Ribery nun in einer Videobotschaft.

"Trotz aller Anstrengungen in den letzten Monaten wurden die Schmerzen in meinem Knie immer schlimmer. Für mich gibt es keine andere Möglichkeit mehr, als aufzuhören", sagte er. In Salernitana soll er demnächst ins Management aufsteigen. Man werde ihn "bald beim Start in ein neues Kapitel wiedersehen", kündigte er an.

Zur SZ-Startseite
FC Bayern Muenchen v Eintracht Frankfurt - Bundesliga

Franck Ribéry
:Vom Erdarbeiter zum neunmaligen deutschen Meister

Franck Ribéry ist eine der prägendsten Figuren, die der FC Bayern je hatte. Seine Herkunft hilft zu erklären, wie er dazu wurde.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: