Streit mit DFB-Chef Theo Zwanziger:Rainer Koch nennt Details

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DFB-Chef Zwanziger gerät im absurden Machtkampf mit seinem Vize Koch unter Druck. Streitpunkt ist ein Gespräch zwischen Koch und Ex-Schiedsrichter Amerell. Fand das letztlich sogar in Zwanzigers Auftrag statt? Nun wird sich der DFB-Chef äußern müssen.

Claudio Catuogno und Thomas Kistner

Dafür, dass Theo Zwanziger schon vergangene Woche mitgeteilt hat, die Steuer-Ermittlungen gegen zwei Dutzend DFB-Schiedsrichter belasteten ihn kaum, weil am Ende ja sowieso "eher weniger oder überhaupt nichts herauskommen" werde - dafür haben sich die Dinge gewaltig zugespitzt. Nicht zuletzt für den DFB-Präsidenten selbst.

Rainer Koch nennt im Streit mit DFB-Boss Theo Zwanziger erstmals Details. (Foto: dpa)

Am Freitag hatte Zwanziger gleich 41 Erst- und Zweitliga-Schiedsrichter in die DFB-Zentrale nach Frankfurt geladen, um sie zu Sensibilität beim Thema Steuer anzuhalten - und um umfassende Aufklärung anzukündigen. Und die scheint nötig zu sein, denn die Affäre weitet sich aus. Wie zeitgleich zu dem Treffen bekannt wurde, hat neben dem Weltverband Fifa offenbar auch die Europäische Fußball-Union Uefa Honorare für deutsche Referees auf Schwarzgeldkonten im Ausland überwiesen.

Laut Spiegel Online gehen die Steuerfahnder sogar davon aus, dass die Dachverbände "die Idee" dazu "verbreitet und aktiv gefördert haben"; die Ermittler werten das Vorgehen dem Bericht zufolge als "Beihilfe zur Steuerhinterziehung". Die Ethik- und Compliance-Richtlinien, die sich die Uefa und Fifa selbst auferlegt haben, wären dann wieder mal das Papier nicht wert, auf dem sie stehen.

Was Theo Zwanziger angeht, dürfte es allerdings ein anderer Teil der Affäre sein, der ihn derzeit beschäftigt: der inzwischen fast absurd anmutende Machtkampf mit seinem Vizepräsidenten Rainer Koch. Auf diesem Feld geht es für den DFB-Präsidenten nun um Aufklärung in eigener Sache.

Anfang der Woche hatte Zwanziger den süddeutschen Verbandschef Koch per DFB-Pressemitteilung öffentlich angegriffen, weil dieser sich - angeblich völlig unabgesprochen - mit dem ehemaligen Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell getroffen hatte. Amerell ist eine Schlüsselfigur in der Affäre: Er hat die Steuerermittlungen mit einem Tipp an die Behörden ausgelöst. Er gilt aber vor allem wegen einer 2009 ruchbar gewordenen Affäre mit dem Schiedsrichter Michael Kempter - und den daraus folgenden Rechtsstreitigkeiten mit dem DFB - als rotes Tuch.

Am Freitag nun willigte Amerell überraschend ein, an einem Mediationsverfahren durch den evangelischen Bischof Wolfgang Huber teilzunehmen. Es ist die erste Annäherung an Zwanzigers Verband seit fast zwei Jahren - was Amerell aber ausdrücklich nicht als Erfolg für Zwanziger verstanden haben will. Sondern für Koch.

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Am Freitag traf sich Huber mit Amerells Anwalt Jürgen Langer, danach teilte Langer schriftlich mit: "Manfred Amerell legt größten Wert auf die Feststellung, dass das heutige Treffen einzig auf die Initiative des DFB-Vizepräsidenten Dr. Rainer Koch sowie auf das letzte Woche geführte Sondierungsgespräch zurückzuführen ist."

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Und weiter: "Bischof Prof. Dr. Dr. Wolfgang Huber und Vizepräsident Dr. Rainer Koch haben ihre besonderen Fähigkeiten als ehrliche und faire Vermittler unter Beweis gestellt! Es ist der Verdienst dieser Persönlichkeiten, dass unser Mandant nunmehr einer Mediation aufgeschlossen gegenüber tritt!"

Man brauchte nun nicht viel Fantasie, um aus dem Statement herauszulesen, wem es nach Ansicht des Amerell-Lagers an Fairness und Ehrlichkeit fehlt. Entsprechend geharnischt fiel die Replik aus der DFB-Zentrale aus: "Wir begrüßen, dass Herr Amerell nun an dem von Dr. Zwanziger auf den Weg gebrachten Mediationsverfahren teilnehmen möchte", sagte ein DFB-Sprecher. "Scheinbar wurde das heutige Treffen von Prof. Huber mit den Anwälten Amerells auch durch die offensichtliche Nähe von Herrn Koch zu Herrn Amerell begünstigt. Angesichts dieser erfreulichen Entwicklung ist es umso unverständlicher, warum Herr Koch den DFB in dieser sensiblen Angelegenheit nicht über seine Rolle informiert hat."

Nähe zu Amerell? Nicht informiert? Das wollte Rainer Koch am Freitagabend endgültig nicht mehr auf sich sitzen lassen. "Seit dem 16. August ist meine Rolle im DFB ganz klar", sagte er der SZ, "da wurde ich vom Justiziar Dr. Englisch angerufen und gebeten, Herrn Huber behilflich zu sein, Kontakt zu Amerell herzustellen." Und weiter: "Am 19. August war ich bei Theo Zwanziger und habe dieses mit ihm abgestimmt. Ich bekam von ihm mitgeteilt, dass ich alles weitere mit Huber abstimmen solle."

Fand Rainer Kochs Gespräch mit Amerell, von dem Theo Zwanziger öffentlich nichts gewusst haben will, also letztlich sogar in seinem Auftrag statt?

Koch jedenfalls berichtet weiter, er habe zunächst "Bedenken gehabt" und gefürchtet, "in eine falsche Nähe zu Amerell gerückt zu werden". Er habe sich aber "schlussendlich bereit erklärt" und sei "dann immer in ganz enger Abstimmung mit Bischof Huber vorgegangen". Insbesondere kurz vor dem Gespräch mit Amerell habe er sich "genau mit Herrn Huber abgestimmt - das hat mir Huber auch mehrfach bestätigt".

Gemäß dieser Darstellung ist Rainer Koch also nicht ohne Rückversicherung in das Gespräch mit Amerell gegangen, sondern rief vorher noch einmal Huber an - den vom DFB-Präsidenten beauftragten Mediator. Huber gab grünes Licht. Und Koch setzte Zwanzigers Einverständnis voraus, schließlich "hat mir Huber ja auch immer wieder gesagt, der Weg über mich sei mit Zwanziger ausdrücklich vereinbart". Warum also die ganze Aufregung? Dazu wird sich nun Theo Zwanziger äußern müssen.

© SZ vom 05.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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