Fußball:Sicherheitskreise: Bekennerschreiben mit Islamisten-Bezug

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In der Nacht gingen die Untersuchungen des LKA am BVB-Bus weiter. Foto: Marcel Kusch (Foto: dpa)

Dortmund (dpa) - In dem Bekennerschreiben zum Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund gibt es Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund der Tat.

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Dortmund (dpa) - In dem Bekennerschreiben zum Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund gibt es Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund der Tat.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen wird in dem in deutscher Sprache verfassten, einseitigen Schreiben auf den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten vom Dezember und den Einsatz deutscher Tornado-Kampfflugzeuge in Syrien Bezug genommen. Zunächst hatten "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR über die Details berichtet.

In Sicherheitskreisen wurde intensiv darauf hingewiesen, dass ein islamistischer Hintergrund des Anschlags weiterhin nicht geklärt sei. Es seien weitere Überprüfungen notwendig. Das Schreiben trage auch keine Symbole der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Es könne sich nach wie vor auch um gewaltbereite Fußballfans, Erpresser oder andere Täter handeln.

Die Ermittler prüfen auch die Authentizität eines zweiten Bekennerschreibens, das möglicherweise aus der antifaschistischen Szene kommt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird in dem am späten Dienstagabend im Internet verbreiteten Schreiben in Antifa-Duktus erklärt, der Bus sei mit eigenes für den Anschlag angefertigten Sprengsätzen als "Symbol für die Politik des BVB" attackiert worden, die sich nicht genügend gegen Rassisten, Nazis und Rechtspopulisten einsetze.

Die Bundesanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. Weitere Informationen will sie am frühen Nachmittag bekanntgeben, wie die Behörde in Karlsruhe am Mittwoch mitteilte.

Trainer Thomas Tuchel und die Vereinsspitze will das geschockte Team für das Champions-League-Spiel am heutigen Mittwoch gegen den AS Monaco wieder aufrichten.

Bei der Attacke waren BVB-Verteidiger Marc Bartra sowie ein Polizist verletzt worden. Das ursprünglich für Dienstag angesetzte Spiel war nach den Attacken kurzfristig abgesagt und auf Mittwoch verlegt worden.

In einem Gespräch mit der "Bild"-Zeitung sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: "Der Verein ist ohnehin unfassbar geschlossen. Aber wir müssen die Mannschaft in einen spielfähigen Zustand versetzen. Das ist eine Herkulesaufgabe."

Watzke will gemeinsam mit Sportdirektor Michael Zorc am Morgen bei der Mannschaft sein. "Den Rest muss dann Thomas Tuchel lösen", sagte Watzke. "Wir müssen schnell zur Normalität zurückkehren, dazu gibt es keine Alternative."

Für das Nachholspiel werden verschärfte Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. "Wir werden alles Menschenmögliche dafür tun, dass das Spiel morgen sicher ablaufen kann", sagte Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange. Die Ermittler sicherten in der Nacht weiter Spuren.

Die Polizei teilte am frühen Mittwoch mit, dass neben BVB-Verteidiger Marc Bartra auch ein Beamter durch die drei Explosionen gegen 19.15 Uhr neben dem Mannschaftsbus verletzt worden war. Der Polizist fuhr auf einem Motorrad vor dem Bus, um ihn zum Stadion zu begleiten, wie ein Sprecher sagte. Er habe ein Knalltrauma und einen Schock erlitten und sei nicht dienstfähig.

Bei dem Anschlag war Bartra schwer an der Hand verletzt worden. Der Spanier wurde noch in der Nacht in einem Dortmunder Krankenhaus wegen eines Bruchs operiert. Auf die Frage nach dessen Zustand sagte Watzke: "Ich weiß auch nur, dass er gerade operiert wird und dass er erstmal nicht einsatzfähig sein wird." Watzke geht dennoch mit einem Gefühl der Sicherheit in das Spiel gegen Monaco (18.45 Uhr). "Mein persönliches Sicherheitsgefühl ist sehr gut."

Die Polizei geht von einem gezielten Angriff auf den Bus der Dortmunder aus und sprach vom Verdacht auf ein versuchtes Tötungsdelikt. Das mögliche Bekennerschreiben werde "intensiv" auf seine Echtheit geprüft, sagte Staatsanwältin Sandra Lücke. Es werde in alle Richtungen ermittelt.

Das Schreiben beginnt nach den Informationen mit den Worten "Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen". Es werde behauptet, dass die deutschen Kampfflugzeuge daran beteiligt seien, Muslime im Kalifat des sogenannten Islamischen Staates zu ermorden. Weiter heiße es, ab sofort stünden Sportler und andere Prominente "in Deutschland und anderen Kreuzfahrer-Nationen" auf einer "Todesliste des Islamischen Staates", schreiben die Rechercheure von "Süddeutscher Zeitung", WDR und NDR.

Auch nach dpa-Informationen soll die Drohung gegen Sportler, Schauspieler und andere Prominente so lange gelten, bis die deutschen Kampfflugzeuge aus dem Kriegsgebiet abgezogen und die US-Luftwaffenbasis im pfälzischen Ramstein geschlossen sei. Fußballfans werden angeblich nicht als Ziele erwähnt. Das Schreiben trägt demnach keine Unterschrift.

Der BVB erhielt Solidaritätsbekundungen aus der Sportwelt und der Politik. "Meine Gedanken sind bei der Mannschaft", wurde Bundesinnenminister Thomas de Maiziere am Abend über den Twitter-Account seines Ministeriums zitiert.

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