Rassismus-Vorwurf in der Serie A:Ein Freispruch, der viel Gesprächsstoff liefern könnte

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Beteuerte, nur falsch verstanden worden zu sein: Inter-Mailand-Verteidiger Francesco Acerbi kommt um eine Sperre herum. (Foto: Alessandra Tarantino/dpa)

Doch keine Sperre: Francesco Acerbi wird vom Vorwurf entlastet, er habe seinen Gegenspieler rassistisch beleidigt. Damit entgeht der Verteidiger von Inter Mailand und Italiens Nationalteam einer hohen Strafe.

Von Oliver Meiler

Eine unschöne Geschichte aus dem italienischen Fußball endet mit einem runden Freispruch, der wohl noch viel Gesprächsstoff hergeben wird: Francesco Acerbi, Verteidiger von Inter Mailand und der italienischen Nationalmannschaft, ist vom Vorwurf entlastet worden, er habe seinen brasilianischen Gegenspieler von der SSC Napoli, Juan Jesus, neulich beim Spiel im Mailänder San Siro diskriminierend oder rassistisch beschimpft, wie es dieser beteuert hat. Das Sportgericht des italienischen Fußballverbandes rechtfertigt seinen Beschluss vom Dienstag damit, dass das Video- und Audiomaterial, das ihm für die Prüfung des Falls zur Verfügung gestanden habe, nicht für eine Beweisführung ausreiche.

Ja, schreiben die Richter, Acerbi habe Juan Jesus beleidigt. Aber nein, es gebe keine Klarheit über den genauen Wortlaut der Beschimpfung. Oder anders: Nichts beweise, dass Acerbi Juan Jesus wirklich etwas Rassistisches zugeraunt habe. Der Norditaliener Acerbi hatte dagegengehalten, Juan Jesus habe ihn nur falsch verstanden, er habe nämlich gesagt: "Ti faccio nero." Das ist ein umgangssprachlicher Begriff, er steht ungefähr für: "Ich trete dir in den Hintern" oder "Ich mach dich fertig."

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Francesco Acerbi, 36 Jahre alt, entgeht damit einer hohen Strafe - mindestens zehn Spiele Sperre sind für solche Fälle vorgesehen. In jüngerer Vergangenheit war es schon häufig vorgekommen, dass der ultimative Nachweis für eine rassistische Beleidigung nicht erbracht werden konnte, schreibt die Gazzetta dello Sport. Dennoch habe es der Verband jeweils aus politischen und moralischen Gründen für angezeigt erachtet, hart durchzugreifen - auch um so ein Signal auszusenden.

In den italienischen Medien, die großmehrheitlich eine Verurteilung Acerbis erwartet hatten, war bereits die Möglichkeit verhandelt worden, dass mit einer langen Sperre dessen Karriere zu Ende sein würde. Zumindest bei Inter Mailand und wohl auch in der Nationalmannschaft. Er hat bisher 34 Länderspiele bestritten. Nach der Pensionierung von Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci gehörte der Innenverteidiger definitiv zum Stamm der Azzurri.

JJ sagte da, Acerbi habe etwas Hässliches gesagt, sich dann aber entschuldigt

Das Spiel, das nun so viel zu reden gab, fand vor eineinhalb Wochen statt, just am Tag gegen den Rassismus im Fußball. Juan Jesus gelang für Neapel der Ausgleich zum 1:1 in der 81. Minute, er wurde deshalb nach Spielschluss von den Fernsehsendern interviewt. Man fragte ihn dabei auch, was denn zwischen ihm und Acerbi vorgefallen war, warum sie sich in der 59. Minute alle um den Schiedsrichter versammelt und angeregt diskutiert hätten. JJ sagte da, Acerbi habe etwas Hässliches gesagt, habe sich dann aber entschuldigt. Der Streit schien beigelegt zu sein.

Doch dann entschied sich Acerbi, die Geschichte am Tag darauf wortreich auszuführen. Er war nominiert worden für die Nationalmannschaft, für deren Reise in die USA. Doch kaum war er in Rom angekommen, bat ihn Nationaltrainer Luciano Spalletti, besser wieder nach Mailand zu fahren. Für das Wohl und die Ruhe im Team.

Acerbi verließ Rom, sichtlich enttäuscht über den Verzicht auf die Reise, und widerstand der Versuchung nicht, vor Journalisten zu reden. Niemals habe er sich rassistisch geäußert gegenüber Juan Jesus, sagte er. Das wiederum hielt Juan Jesus nicht für okay. Er bezichtigte Acerbi nun der Lüge. Wenn es so sei, dann ziehe er den Fall halt weiter vor das Sportgericht.

Das Gericht hörte beide Spieler an. Acerbi wurde begleitet von einem Anwalt Inters, Juan Jesus meldete sich allein in der Videoschaltung. Beide hielten an ihrer Version fest, es war Aussage gegen Aussage.

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