FC Bayern vor dem Supercup:Stammelf mit 16 Spielern

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Die Bayern haben viel vor: Guardiola und Sammer planen den Kader.  (Foto: Bongarts/Getty Images)

In der Vorbereitung schossen die Bayern bereits 61 Tore - nun wartet mit dem BVB ein starker Gegner. Irgendwie geht es schon jetzt kaum mehr darum, ob die Münchner am Ende Meister werden, sondern: mit welcher Mannschaft. Pep Guardiola und Matthias Sammer sind ganz in die Kaderplanung vertieft.

Von Christof Kneer

Vielleicht sollte man den 195 Ländern fairerweise sagen, dass es sich bei dem Spiel nicht um das Champions-League-Finale handelt. Man könnte ja leicht auf diesen Gedanken kommen, denn wer zuletzt nicht komplett auf dem Mond oder vielleicht auf Schalke gelebt hat, dürfte mitbekommen haben, dass es sich bei Bayern München und Borussia Dortmund um die derzeit besten Fußballteams unterhalb des Mondes handelt.

Deshalb werden 195 Länder auf Sendung gehen, wenn sich die beiden deutschen Klubs jetzt schon wieder in einem Endspiel begegnen: im deutschen Supercup, einem Pflichtwettbewerb, der im Land des Champions-League-Siegers normalerweise eher als Sommerkick mit anschließender Siegerehrung betrachtet wird. Diesmal dürfte aber auch das eigene Land mindestens so interessiert hinsehen wie die 194 anderen. Es geht ja um diese Zahlen: neun Testspiele, neun Testsiege. 61 Tore, drei Gegentore.

Schöne Eingewöhnungsschwierigkeiten sind das, die Pep Guardiola derzeit beim FC Bayern hat. Die Bayern der letzten Saison brauchten 90 Minuten, um den HSV zu demolieren, Peps Bayern schafften das beim Telekom Cup in 60 Minuten. Die Dortmunder sollen jetzt den Faktencheck vollziehen, sie sollen Guardiola zeigen, wie weit seine Mannschaft schon ist.

"Wir sind jetzt einen Monat zusammen, deshalb ist dieses Spiel ein guter Test für mich, um zu wissen: Wie ist unser Niveau?", sagte Pep Guardiola. Er saß am Freitag zum ersten Mal im Pressestüberl (span. Übersetzung: gibt's nicht/Anm. d. Red.), jenem fenster- losen Raum unter der Geschäftsstelle, in dem sich amtierende Bayern-Trainer immer am Tag vor den Pflichtspielen präsentieren.

"Titel ist Titel, ein Titel ist immer wichtig", sagte Guardiola vor dem Supercup. Noch ist nicht mal dieser Pokal vergeben, trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass das Land sich bereits neue Themen sucht. Es geht schon jetzt kaum mehr darum, ob Bayern am Ende Meister wird. Sondern: mit welcher Mannschaft.

Guardiola hat inzwischen gemerkt, was sein neues Land für ein lustiges Hobby hat. In den Zeitungen werden liebevoll mögliche Aufstellungen gebastelt und neben andere mögliche Aufstellungen gedruckt, in Interviews wird er dauernd nach Personalien gefragt. Für gewöhnlich verspricht sich die Öffentlichkeit von Pflichtspielen klare Aussagen, nach dem Motto: Bisher hat er ja nur getestet, der Pep, okay, er hat Robben ins Zentrum gestellt und Lahm ins Tor, aber gegen Dortmund wird er doch ...

Tatsächlich dürfte die Öffentlichkeit auch gegen den BVB wieder einen Eindruck von Guardiolas Stammteam erhalten, aber es wird ein anderer Eindruck sein als der, den sich der konventionelle Zuschauer erwartet. An diesem Punkt trifft sich die Neugier der Leute mit jener aktuellen klubinternen Debatte, die am Rande des Uli-Hoeneß-Cups öffentlich wurde.

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Energisch hatte da der Präsident Hoeneß die These des Sportvorstandes Matthias Sammer kassiert, wonach es in einem modernen Spitzenklub "keine Stammelf" mehr gebe. Sammer ist der Stratege im Haus, er betrachtet es als seinen Job, Probleme zu riechen, bevor sie entstehen. Sammer weiß, wie sehr es die Betriebshygiene gefährden kann, wenn sechs Nationalspieler auf der Bank sitzen und von den bösen Journalisten mit der Frage provoziert werden, ob sie sich als "Ersatzspieler" fühlen.

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Nach allem, was man bisher sieht und hört, geht Guardiolas Stammteam zumindest am Anfang eher in Richtung Sammer. "Es kann sein, dass wir jede Woche mit derselben Mannschaft spielen", sagte Guardiola am Freitag und schob schmunzelnd nach: "Aber ich glaube nicht." Am Wochenende fehlen neben dem verletzten Mario Götze noch die angeschlagenen Franck Ribéry (Zerrung) und Manuel Neuer (Muskelprobleme), aber auch unabhängig davon wird sich die Bayern-Gemeinde künftig wohl auf wechselnde Formationen einstellen dürfen.

Dass er in Barcelona immer einen Stamm von acht, neun gesetzten Spielern hatte? "Es wäre ein großer Fehler, die beiden Mannschaften zu vergleichen", sagt Guardiola. Er weiß, dass er wohl nicht mal in Barcelona über 15, vielleicht 16 fast gleichwertige Spieler verfügte, und so wird er wohl im Sinne Sammers eine Stammelf bauen, die aus 15, vielleicht 16 Spielern besteht.

Sammers Plan ist, dass sich möglichst alle als Stammspieler fühlen, auch jene, die gerade draußen sitzen - und er deckt sich mit Guardiolas Plan, der sich die Freiheit nehmen möchte, je nach Taktik und Gegner zu entscheiden, ob jetzt Robben spielt oder Götze und ob er Javi Martínez auf die Vier oder auf die Sechs stellt.

Jeder Titel erleichtert die Debatten, schon deshalb würde Guardiola gerne diesen BVB besiegen. Er hat ja kürzlich verraten, dass seine Deutschlehrerin aus New Yorker Tagen BVB-Fan ist, sicherheitshalber hat er zuletzt keinen Kontakt mit ihr gehabt. Den letzten Kontakt gab es nach seiner ersten Pressekonferenz in München: Da hat sie ihm später eine Mail mit seinen Fehlern geschickt.

© SZ vom 27.07.2013/jbe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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