Frauenfußball:Aus der Blase auf die große Bühne

Lesezeit: 3 min

Die aktuell besten Torjägerinnen des FC Bayern: Lea Schüller (links) ist fit, Zugang Pernille Harder fehlt verletzt. (Foto: Sven Leifer/Foto2press/Imago)

"Für uns ist das schon noch was Besonderes, in großen Stadien zu spielen": Erstmals bestreiten die Fußballerinnen des FC Bayern auch eine Bundesliga-Partie in der Arena - und profitieren schon jetzt vom vergrößerten Kader.

Von Anna Dreher

Am Samstag wird alles ein bisschen anders ablaufen als sonst. Der Weg zum Arbeitsplatz sieht eine veränderte Route vor, statt mit dem eigenen Auto zu fahren, werden die Fußballerinnen des FC Bayern im Bus zu einer Betriebsstätte gebracht, die auch nicht ihre gewohnte ist: Dieses Wochenende geht es dorthin, wo sonst die Kollegen von der Säbener Straße ihr Tag- oder Abendwerk verrichten. Aber von denen sind gerade einige mit den Nationalteams unterwegs, und auch deshalb kann es nun zu einer Premiere kommen: Erstmals findet in der Frauen-Bundesliga eine Partie des FC Bayern in der Allianz Arena statt, um 17.55 Uhr gegen Eintracht Frankfurt.

"Wir wissen, dass viel passieren kann. Wir haben die Erfahrung in der Champions League gemacht", sagte Trainer Alexander Straus in der Pressekonferenz vor dem vierten Spieltag. Aber das betreffe eben vor allem das Drumherum, also die Rahmenbedingungen für die Zuschauer, die womöglich spektakulärer seien. "Wir selbst müssen in unserer Blase bleiben. Wir bereiten uns auf dieses Spiel vor wie auf jedes andere. Wir müssen das Match bespielen, nicht den Anlass."

SZ PlusMeinungDebatten beim FC Bayern
:Auf Zeitreise mit Uli McHoeneß

Der Ehrenpräsident des FC Bayern lobt den entlassenen Trainer Nagelsmann - und kritisiert den derzeit beschäftigten Tuchel. Bei den Bayern tobt ein Kampf um die Deutungshoheit in der Frage, warum und ob überhaupt der Kader zu dünn komponiert wurde.

Kommentar von Philipp Schneider

Dabei wird die Dimension durchaus eine andere sein als gewohnt: Statt 2500 Zuschauer im Stadion des Vereinscampus passen 75 000 in die Arena. Der FC Bayern rechnet mit etwa 20 000 Menschen, bis Donnerstag waren um die 17 000 Tickets verkauft. So viele kamen in der Meisterschaft noch nie zu einer Partie der Münchnerinnen. Der Liga-Rekord liegt bei 38 365 Menschen, die vergangene Saison die Eintracht beim 1. FC Köln sahen.

Da hilft es, dass die Bundesliga-Premiere nicht die tatsächliche Premiere markiert und diverse Spielerinnen schon wissen, was sie erwartet. Erstmals in der Arena haben sie im Mai 2022 gespielt, zum Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Paris Saint-Germain kamen damals 13 000 Zuschauer. Im Dezember dann in der Gruppenphase dieses Wettbewerbs gegen den FC Barcelona waren es 24 000 Besucher - und bei der jüngsten Auflage vergangenen März dieses Jahres gegen Arsenal London 20 000.

Vor der Partie gegen PSG hatte Oliver Kahn, der damalige Vorstandsvorsitzende, noch von einem "Meilenstein in der über 50-jährigen Geschichte unserer FC-Bayern-Frauenfußballabteilung" gesprochen. Und auch wenn der Szeneriewechsel nun schon zum vierten Mal vollzogen wird, ist der Umzug alles andere als ein gewohnter Schritt. "Es ist ein tolles Gefühl, wenn so viele Zuschauer da sind. Für uns ist das schon noch was Besonderes, in großen Stadien zu spielen", sagte Lea Schüller: "Das macht extrem viel Spaß."

Mit Sydney Lohmann und Pernille Harder fehlen ausgerechnet jetzt zwei Leistungsträgerinnen

Ein Abstrahleffekt auf das eigene Wirken würde indes willkommen geheißen. Trainer Straus attestierte seinem Team zwar stabile Auftritte in den ersten Partien gegen den SC Freiburg (2:2), Köln (2:0) und die SGS Essen (2:0). "Aber wir glänzen nicht wie an den besseren Tagen. Wir waren nicht spektakulär. Wir laufen nicht Gefahr, zu verlieren, aber wir haben das Potenzial, mindestens ein oder zwei Level höher zu spielen." Mit sieben Zählern ist der FC Bayern Dritter hinter der punktgleichen und mit dem deutlich besten Torverhältnis dastehenden TSG 1899 Hoffenheim sowie dem Tabellenführer VfL Wolfsburg, der sich ein kleines Polster von zwei Punkten herausgespielt hat.

"Wir haben das Potenzial, mindestens ein oder zwei Level höher zu spielen", findet Bayerns Trainer Alexander Straus. (Foto: Ulrich Gamel/dpa)

"Das ist der Start, den wir vorausgesagt haben: Nach einem großen Turnier dauert es, bis sich alle im Kader aufeinander eingestellt haben und die Abläufe richtig passen", sagte die Sportliche Leiterin Bianca Rech der SZ. "Und es wird schwieriger, Spiele klar zu gewinnen. Selbst die Spielerinnen sagen, dass sie das von Jahr zu Jahr spüren. Die Qualität der anderen Teams wird besser." Dass nun ausgerechnet Sydney Lohmann (Bänder- und Sprunggelenksverletzung) sowie Pernille Harder (Verletzung am Innenband) fehlen, erschwert die Aufgabe gegen die durch ein 5:0 gegen Sparta Prag in der Champions-League-Qualifikation am Dienstag gestärkten Frankfurterinnen. Lohmann bereichert das Mittelfeld, Harder ist neben Lea Schüller aktuell die beste Liga-Torschützin der Bayern.

Und die Liste der Verletzten hört mit den beiden Leistungsträgerinnen ja nicht auf. Abwehrspielerin Carolin Simon fällt wie Stürmerin Weronika Zawistowska mit einem Kreuzbandriss länger aus, was auch auf Torhüterin Cecilía Rán Rúnarsdóttir (Kniescheibenluxation) zutrifft. Samantha Kerr ist laut Rech angeschlagen und am Wochenende wie Lohmann und Harder nicht dabei. Der Einsatz von Defensivspezialistin Tuva Hansen ist fraglich. Schon nach wenigen Wochen macht sich die umfassende Kaderplanung also bezahlt. "Anfangs war es nicht der Plan, so viele neue Spielerinnen zu verpflichten", sagte Rech, "aber nach unseren Erfahrungen haben wir gesehen, dass der Bedarf da ist."

Ihr Team ist auf jeder Position doppelt besetzt, noch dazu mit Personal, das die 42-Jährige zu folgender Einschätzung bringt: "Der Kader dieser Saison ist der stärkste, den wir bei den Bayern-Frauen je hatten." Was Rech und ihr Team zusätzlich beruhigen dürfte, ist ein Blick in die Statistik: Lea Schüller hat seit ihrem Wechsel in allen vier Heimspielen gegen Frankfurt getroffen und meldete keine gesundheitlichen Beschwerden. Und vergangene Saison hatten die Münchnerinnen zur gleichen Phase ebenfalls sieben Punkte gesammelt. Das Ende ist bekannt: Sie gewannen die Meisterschaft.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Neuer Bundestrainer
:Der DFB zieht den Joker Hrubesch

Seit der Erkrankung von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg wurde spekuliert, wie es bei den DFB-Frauen weitergeht. Nun übernimmt interimsweise Horst Hrubesch - die Spielerinnen dürfte das freuen.

Von Anna Dreher

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: