Die Kanzlerin schätzt seinen Rat, Horst Seehofer eigentlich auch. Einen "Homo politicus" nennt Edmund Stoiber ihn, und wirklich große Wirtschaftsgrößen halten Uli Hoeneß für einen der ihren. "Taugt er als Vorbild für ein ganzes Land?" hat der Spiegel vor ein paar Wochen heftig nickend gefragt. Und Bild wollte mal wissen: "Brauchen wir mehr Hoeneß in der Politik?"
Das war, nachdem der Bayern-Präsident und Unternehmer in einer Jauch-Sendung im September vorigen Jahres zu so unterschiedlichen Themen wie Reichensteuer, Wohlstand, Ausgaben der Bundesländer, Schlaglöcher auf den Straßen und Bundestagswahlen Klartext geredet hatte.
Eigentlich war Uli Hoeneß ein Phänomen. Ein reicher, erfolgreicher Mann, von dem selbst seine Feinde sagen, er sei der sozialste Typ, den sie kennen. Ein ehemaliger Fußballer machte Politik ohne Amt.
Das wird ihm vorläufig nicht mehr möglich sein. Ohnehin war das Bild, das sich die meisten von Hoeneß machten, immer schon seltsam widersprüchlich - und jetzt gibt es noch den ganz anderen Hoeneß: den Steuerbetrüger, der Integrität gepredigt und den Staat jahrelang betrogen hat.
"Ich darf im Moment nichts sagen"
Am Wochenende meldete der Focus, die Staatsanwaltschaft München II ermittele gegen den 61-Jährigen wegen Verdachts der Steuerhinterziehung. Er habe im Januar Selbstanzeige erstattet. Hoeneß hatte diese Grundinformationen dem Blatt bestätigt und danach alle Auskünfte verweigert. Der Süddeutschen Zeitung sagte er am Sonntag: "Ich darf im Moment nichts sagen, denn ich befinde mich in einem schwebenden Verfahren. Sie können sich vorstellen, dass mir vieles auf der Zunge liegt, aber ich muss erst mit den Behörden meine Hausaufgaben machen."
Wie aus Justizkreisen zu erfahren ist, ähnelt das Grundmuster vielen anderen Fällen von Steuerhinterziehung, und dennoch soll die Handlung etwas kompliziert sein, denn Medien spielen wie so oft im Leben des Mannes irgendwie eine Rolle.
Um das Jahr 2000 soll Hoeneß von seinem Freund Robert Louis-Dreyfus, dem ehemaligen Adidas-Chef, ein Darlehen in der Größenordnung von 10 bis 15 Millionen Euro bekommen haben. Mit dieser Summe soll er an der Börse spekuliert haben. Vor mehr als zehn Jahren soll Hoeneß, der eine Neigung zum Zocken hat, bei der in Zürich ansässigen Bank Vontobel AG ein Konto eingerichtet haben, auf dem er Millionen Euro lagerte. Es handelte sich nicht um Schwarzgeld, sondern um versteuertes Geld. Aber er zahlte dem deutschen Fiskus offenbar nicht die Kapitalertragsteuer.
Ebenso wie viele andere Hinterzieher ließ er Amnestien verstreichen, verpasste mehrere Gelegenheiten und pokerte bis zuletzt. Im Vorjahr hat Hoeneß, der bei Jauch davor warnte, dass die Reichen im Fall einer Reichensteuer nach Österreich oder in die Schweiz ziehen könnten, wohl auf das deutsch-schweizerische Steuerabkommen gesetzt. Ende vorigen Jahres aber war klar: Dieses würde nicht zustande kommen. Es scheiterte am Widerstand von Rot-Grün, und dabei ging es der Opposition neben Politik um jene Gerechtigkeit, die Hoeneß auch gerne einfordert.