Neues DFL-Vermarktungsmodell:Der Fußball steht wieder vor der Glaubensfrage

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Der DFL-Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Joachim Watzke wirbt für die milliardenschwere Lösung mit einer Private-Equity-Firma. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Die DFL wirbt für einen Partner aus dem Private-Equity-Bereich. Doch wenn sich die 36 Klubs am 11. Dezember zur Abstimmung über das Milliardengeschäft treffen, droht die nächste Zerreißprobe.

Von Philipp Selldorf

Nachdem am 24. Mai sechs Erstliga- und zehn Zweitligaklubs dem von der Deutschen Fußball Liga (DFL) ausgearbeiteten Plan zur Beteiligung eines Investors die Zustimmung verweigert und das Geschäft damit zunichtegemacht hatten, prophezeiten nicht wenige Branchen-Berichterstatter das Ende der deutschen Einheit. Nicht den Zerfall der Nation als solche, aber die Sezession zwischen der ersten und zweiten Bundesliga.

Anlass dazu gaben unter anderem die Anmerkungen einflussreicher Funktionäre, die sich für das Geschäft engagiert hatten. Auf der Pressekonferenz nach der Mitgliederversammlung der beiden Ligen nannte Eintracht Frankfurts Vorstandschef Hellmann das Votum "eine Niederlage für die Zentralvermarktung" - die Wirtschaftsgemeinschaft der 36 Profiklubs. Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke raunte, nun müssten sich "die größeren Klubs Gedanken machen, wie es weitergeht". Mit dem Thema Solidarität solle ihm "keiner mehr kommen".

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Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke wirbt für einen Investor bei der DFL - und warnt den DFB vor überzogenen Forderungen. Sogar einen Bruch zwischen Liga und Verband kündigt er an für den Fall, dass der Streit ums Geld vors Schiedsgericht geht.

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In den Medien wurden die Reaktionen und andere, inoffiziell verbreitete Äußerungen als Indizien einer Scheidung gedeutet. Unter anderem hieß es, dass die erste und zweite Liga künftig getrennte Wege gehen, die großen Klubs ihre TV-Honorare nicht mehr mit den kleineren Vereinen teilen und der BVB sowie der FC Bayern in die Super League abwandern könnten.

Von solchen Tönen ist zwar nicht mehr die Rede, ihr Echo ist aber nicht verhallt und bildet gewissermaßen den atmosphärischen Hintergrund, wenn sich die 36 Klubs am 11. Dezember zum nächsten Familientreffen einfinden, um erneut über die Beteiligung eines Geldgebers zur Stärkung der gemeinsamen Geschäftsgrundlage zu beraten. Diesmal ist nicht mehr von einem Investor die Rede, sondern von einem "strategischen Partner" für die DFL, und angepeilt wird nicht mehr eine Beute in Höhe von zwei Milliarden Euro wie im frühen Sommer, sondern lediglich die Hälfte.

Dennoch könnte mancher Vereinsvertreter gerade aus der zweiten Liga meinen, dass es auch diesmal ums große Ganze und dessen Erhalt geht. Das Drohpotenzial des "Spaltungsnarrativs" entfalte einschüchternde Wirkung, sagt der Funktionär eines Erstligisten, der nicht nur die politischen Tricks, sondern auch das Finanzkonstrukt als solches kritisch sieht. Damit ist er nicht der Einzige. Wieder steht der deutsche Berufsfußball vor einer Art Glaubensfrage.

Ein gewichtiger Streitpunkt steht immerhin nicht mehr auf der Liste: Anders als bei der im Frühsommer vorgestellten Variante wird nach dem neuen, reduzierten Vermarktungsmodell kein anteiliger Betrag an die Klubs ausgezahlt. Es gibt somit auch keinen Streit darum, wer wie viele Millionen bekommt.

Die Führung des SC Freiburg hat sich bereits gegen das Modell ausgesprochen

Ob die für einen positiven Beschluss erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit zustande kommt, ist allerdings unklar. Beim FC Bayern, so heißt es, wägt man noch das Für und Wider ab, unter anderem weil Fragen der Vermarktungsautonomie berührt sind. In Fankurven wird aus ideologischen Gründen gegen das Projekt Stimmung gemacht, die Mitglieder des Zweitligisten Fortuna Düsseldorf beauftragten kürzlich den Vereinsvorstand, gegen das Geschäft zu stimmen. Die Führung des SC Freiburg hat sich bereits gegen das Modell ausgesprochen, für das der BVB- und führende DFL-Funktionär Watzke wirbt: Zwar hält es auch der Sportclub für notwendig, die Wettbewerbskraft der Ligen zu stärken und in die Digitalisierung, Auslandsvermarktung und andere elementare Aufgaben zu investieren, doch für den von der DFL bezifferten Kapitalbedarf bräuchte man keinen Partner aus der Private-Equity-Branche, meinen die Freiburger. Dieser Betrag könne durch Abgaben der Klubs aus eigener Kraft aufgebracht werden.

Andere Vereine, die weniger Eigenkapital als der SCF aufweisen (zuletzt mit 111,1 Millionen Euro im Plus), sehen das womöglich anders. Binnen-Finanzierung würde Verzicht im Alltag bedeuten und ist damit unpopulär. Die DFL, die ihre Pläne im November in zwei großen Gesprächsrunden erläutert hat, macht hingegen für die Lösung mit einer Private-Equity-Firma eine Rechnung auf, in der alle gewinnen: Für die auf zwanzig Jahre bemessene, maximal achtprozentige Umsatzbeteiligung an einer gemeinsamen Vermarktungsgesellschaft - Inhalt wären vor allem die Medienrechte -, würde der Geldgeber circa eine Milliarde Euro hinlegen. Der Betrag würde in Raten bezahlt, die DFL bekäme 600 bis 700 Millionen für Investitionen, 300 Millionen würden an die Klubs weitergeleitet, um die Mindererlöse in den ersten sechs Jahren auszugleichen.

Nach dieser Frist sollen laut Business-Plan Mehrerlöse entstehen, die dann die Umsatzbeteiligung des Partners egalisieren. Im Auslandsgeschäft hält die DFL hohes Wachstum für möglich. Derzeit liegen die Einnahmen bei rund 200 Millionen Euro jährlich, die DFL hält unter anderem durch eine eigene Streaming-Plattform die Steigerung auf mehr als 400 Millionen für möglich. Auch Maßnahmen für den Schutz der Exklusivität der Fernseh-Partner sind geplant - "Piraterie im Pay-TV ist ein Haupthindernis für Wachstum", heißt es bei der DFL.

Klubs berichten, anders als beim ersten Anlauf werde der Prozess wesentlich transparenter erläutert. Zudem hat die DFL garantiert, dass der Geschäftspartner keine Gestaltungs- und Vetorechte im Sportbetrieb erhält. Umstritten ist jedoch die kurze Frist bis zur Beschlussfassung. Am 11. Dezember soll gemäß Fahrplan der Befürworter nicht nur der Auftrag an die DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel erteilt werden, das Geschäft mit den fünf zum Angebot eingeladenen Private-Equity-Firmen zu verhandeln. Das DFL-Präsidium soll auch ein Abschluss-Mandat erhalten.

Die Zeit dränge wegen der Ausschreibung für die nächste Periode der Medienrechte im kommenden Frühjahr, bis Februar sollte daher das Geschäft mit dem Investor abgeschlossen werden. "Wir senden damit auch Signale der Stärke in den Markt", sagen Fürsprecher einer externen Finanzierung. Man hofft zusätzlich auf einen besseren Abschluss im TV-Geschäft - wenn die Ligen zum Konsens finden. Ansonsten könnte es wirklich ungemütlich werden.

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