Bundesliga:Schalke sendet ein kleines Lebenszeichen

Lesezeit: 7 min

Marius Bülter hatte eine der wenigen Schalker Chancen zu einem Tor. (Foto: IMAGO/RHR-Foto)

Der Tabellenletzte holt sich in einem ereignisarmen Spiel einen Punkt in Gladbach, Köln hält gegen Leipzig dagegen. Das Wichtigste zum Spieltag.

Von Anna Dreher, Milan Pavlovic und Martin Schneider

Borussia Dortmund - SC Freiburg 5:1 (1:1), Tore: 1:0 Nico Schlotterbeck (26.), 1:1 Lucas Höler (45.), 2:1 Karim Adeyemi (48.), 3:1 Sebastien Haller (51.), 4:1 Julian Brandt (69.), 5:1 Giovanni Reyna (82.)

Erfahrene Dortmund-Fans wissen, dass es einen sehr großen Unterschied macht, wo ihre Mannschaft den SC Freiburg trifft. Auswärtsspiele im Breisgau, an den westlichen Rändern und Ausläufern des Schwarzwaldes, sind in der Regel unerquickliche Schmerzenstouren ohne Punkte, im Anschluss gibt es meist eine Mentalitäts-Diskussion. Heimspiele gegen die Mannschaft von Christian Streich sind dagegen sehr viel angenehmer, meistens fallen viele Tore, und nach der Partie muss der gerade amtierende BVB-Trainer die Frage beantworten, ob man nicht doch den FC Bayern angreifen könne.

Diesmal stand wieder ein Heimspiel und somit das zweite Szenario an. Nach 17 Minuten kickte die Borussia schon in Überzahl, der junge Kiliann Sildillia hatte in zwei Minuten zweimal Gelb gesehen, wobei man diskutieren konnte, ob das in der Strenge wirklich nötig war - je nach Vereinsvorliebe kann man die Frage anders beantworten. Kurz darauf entdeckte jedenfalls der Ex-Freiburger Nico Schlotterbeck nach einem Eckball im Gewühl aus ganz spitzem Winkel irgendwie eine freie Schussbahn und traf zur hochverdienten Führung. Marco Reus stand bei der Borussia wieder von Beginn an auf dem Platz - und sah irritiert, wie Lucas Höler kurz vor der Pause nach einer Flipper-Einlage zwischen Schlotterbeck und Niklas Süle mit der allerersten Freiburger Chance den Ausgleich erzielte.

Es war nur ein kurzer Zwischenfall. Karim Adeyemi nach einem Kopf-durch-die-Wand-Dribbling und Sebastien Haller per Kopfball rückten nach nur ein paar Minuten das Spiel wieder zurecht. Haller sorgte dabei für die Geschichte des Spiels: Ausgerechnet am Weltkrebstag erzielte der Stürmer, der wegen Hodenkrebs die erste Hälfte der Saison ausgefallen war, sein erstes Bundesliga-Tor für Dortmund. Der BVB warb vor dem Spiel um Prävention. Auch dank der späten Tore von Julian Brandt, der sich für eine starke Leistung belohnte, und Gio Reyna steht Dortmund vorerst wieder auf Punkteaugenhöhe mit dem FC Bayern. Christian Streich hörte den Schlusspfiff nicht mehr - er flog nach 76 Minuten vom Platz.

Eintracht Frankfurt - Hertha BSC 3:0 (2:0), Tore: 1:0 und 2:0 Randal Kolo Muani (21., Foulelfmeter, 28.), 3:0 Aurelio Buta (90.+3)

Doppeltorschütze: Kolo Muani (Foto: KAI PFAFFENBACH/REUTERS)

Vielleicht wäre diese Partie ganz anders ausgegangen, wenn es eine andere Entscheidung bei einer Szene nach 19 Minuten gegeben hätte. Marco Richter zog vor dem Strafraum ab, der Ball flog Richtung Tor, um der Hertha womöglich endlich ein Erfolgserlebnis zu bereiten. Der Start in dieses Jahr war ja denkbar schlecht für den Hauptstadtklub gelaufen. Mit drei Niederlagen am Stück war die Mannschaft nach Frankfurt gereist, nach der Pleite im Derby gegen Union Berlin war zudem Sport-Geschäftsführer Fredi Bobic entlassen worden.

Und nun also flog der Ball Richtung Tor - bis er am Arm von Makoto Hasebe landete. Doch der VAR schritt nicht ein, Hasebe hatte sich weggedreht und mit angelegtem Arm geblockt, das reichte nicht für einen Pfiff. Aus Hertha-Sicht kam es noch schlimmer. Nicht nur fühlten sich die Berliner um einen Elfmeter betrogen, sie mussten zudem hinnehmen, dass die Eintracht sich über eine solche Großchance freuen durfte: Randal Kolo Muani war von Filip Uremovic zu Fall gebracht worden und schoss die Eintracht kurz danach zur Führung.

Kolo Muani hatte schon vergangene Woche mit seinem Tor einen Punkt gegen den FC Bayern gesichert, mit diesem Elfmeter gegen Hertha hatte er nun acht Treffer und zwölf Vorlagen auf dem Konto stehen. Und dann kam noch ein Tor dazu, Berlin war schlichtweg überfordert und agierte verunsichert: Kolo Muani vollendete ganz cool zum 2:0, nachdem Herthas Versuch, eine Abseitsfalle zu stellen, zu schwach war. In der 55. Minute freute sich Kolo Muani sogar noch über einen Dreierpack, diesmal stand er aber wirklich im Abseits und wurde zurückgepfiffen. Jubeln durfte er trotzdem noch, von der Bank aus sah der Franzose in der dritten Minute der Nachspielzeit das 3:0 von Aurelio Buta, das Hertha BSC noch tiefer in die Krise stürzt. In den vergangenen acht Bundesliga-Partien hat das Team von Trainer Sandro Schwarz nun sieben Mal verloren. Die turbulenten und wilden Tage, von denen Schwarz nach der Bobic-Entlassung gesprochen hatte, gehen also weiter.

1. FC Köln - RB Leipzig 0:0

Die Außenseiter-Chance, wenigstens 25 Stunden lang die Tabellenführung zu übernehmen, lähmte Leipzig überhaupt nicht. Silvas Steckpass auf Timo Werner sorgte nach nur 150 Sekunden für den ersten Höhepunkt. Doch der Stürmer machte nahtlos da weiter, womit er beim Pokal-Sieg unter der Woche gegen Hoffenheim (3:1) den Großteil seiner Zeit verbracht hatte: Großchancen nach Sololäufen vergeben - wenn er sich die Chance nicht selbst genommen hatte, weil er im Abseits gestartet war.

In Köln tauchte Werner danach erst einmal unter, andere sorgten dafür, dass ein lebhaftes Spiel zustande kam, obwohl es keine Großchancen mehr zu notieren gab. Bis zur 26. Minute, als Silva einen auf Werner machte und im 1-gegen-1 an Marwin Schwäbe scheiterte, der wie ein Handball-Torwart wirkte. Werner stand übrigens im Abseits - aber ein Tor hätte in dieser Szene gezählt.

Das konnte der Nationalstürmer nicht auf sich sitzen lassen: Geschickt spielte er sich in die vorderste Linie vor, wo RB von Schwäbe (32.) wieder stark gestoppt wurde. Es war ein Konter, der Köln das 1:0 hätte bringen können - doch erst setzte der flinke Maina den Ball an den Innenpfosten, den Abpraller knallte Ljubicic an die Latte (37.). Die zweite Halbzeit begann mit einem Abseitstor für Leipzig durch ... ja, klar, Timo Werner - aber entscheidend im Abseits hatte diesmal sein Kollege Silva gestanden (47.). Auch ohne Tore behielt das Spiel seine hohe Intensitätsstufe. Es ging weiter hoch her, erstaunlich, dass niemand des Feldes verwiesen wurde.

Union Berlin - FSV Mainz 05 2:1 (1:0), Tore: 1:0 Kevin Behrens (32.), 1:1 Marcus Ingvartsen (79., Handelfmeter), 2:1 Jordan Siebatcheu (84.)

Schütze des zweiten Union-Tores: Jordan Siebatcheu. (Foto: IMAGO/Matthias Koch/IMAGO/Matthias Koch)

Auch wenn die Unioner davon natürlich nichts hören wollten, war klar, unter welcher Überschrift das Spiel an der Alten Försterei stattfand: Da der FC Bayern erst am Sonntagnachmittag antreten wird (in Wolfsburg), hatte Berlin gute Chancen, erstmals seit dem 29. Oktober die Spitze der Tabelle zu erklimmen - und sei es nur für eine Nacht. Das Team hatte sich im Herbst vor der WM wochenlang an der Spitze behauptet, ehe ein kurioses 0:5 in Leverkusen (alle Gegentore fielen in der zweiten Halbzeit) die Ostberliner jäh aus ihren Träumen aufschreckte.

Union begann diesmal besonders rasant - Roussillon scheiterte mit einem Flachschuss an Mainz-Keeper Dahmen (10.), Khediras Kopfball strich haarscharf am entfernten Pfosten vorbei (11.). Mainz machte immer wieder frech auf sich aufmerksam, aber das 1:0 erzielten die Gastgeber - diesmal sogar ohne Standardsituation. Berlins Profis wählten eine beliebte Variante, wenn es denn mal aus dem Spiel heraus passieren soll: Seguins harte, leicht nach vorne gespielte flache Flanke lenkte Behrens mit der Fußspitze über die Linie zur verdienten 1:0-Führung.

Im Pausentee der Gastgeber muss etwas Einschläferndes gewesen sein. Union drosch nun erstaunlich oft den Ball planlos aus der Gefahrenzone - so wie man es eher von einem Abstiegskandidaten erwarten würde. Die Strafe folgte auf dem Fuß - nein: Arm, denn Seguin plumpste eine Flanke auf den Arm, der Video-Referee erkannte darin Absicht (78.), und Union kassierte die Quittung für eine unterdurchschnittliche Leistung nach dem Wechsel, die eines Tabellenführers nicht würdig war. Aber Moment! Die Rede ist hier von Union Berlin, das sogleich die Gangart änderte. Jordan veredelte den ersten schönen Angriff der Unioner nach dem Wechsel mit dem Tor zum 2:1 (84.) - das Union eine Nacht voller schöner Träume bescherte.

VfL Bochum - TSG Hoffenheim 5:2 (3:0), Tore: 1:0 Philipp Hofmann (22.), 2:0 Philipp Förster (30.), 3:0 Takuma Asano (40.), 3:1 Christoph Baumgartner (49.), 4:1 Erhan Masovic (69.), 4:2 Munas Dabbur (77.), 5:2 Moritz Broschinski (83.)

Quasi überall dabei, wenn es in der Offensive gefährlich wurde: Bochums Christopher Antwi-Adjei (Mitte). (Foto: IMAGO/nordphoto GmbH / Rauch/IMAGO/Nordphoto)

"Ich denke, dass ich fokussierte Ruhe ausstrahle, auch wenn ich gerne mal in den Boxsack knallen würde", hatte Hoffenheims Trainer André Breitenreiter vor dem Spiel gesagt. Am Samstag war ihm an der Castroper Straße anzumerken, dass er sich weiterhin um eine ruhige Ausstrahlung bemühte, aber das wurde zunehmend schwieriger. Denn statt die Serie von neun Pflichtspielen ohne Sieg zu beenden, rutschte seine Mannschaft tiefer in die Abstiegszone - woran Breitenreiters Bochumer Kollege nicht ganz unschuldig war. Thomas Letsch bewies ein gutes Händchen bei Personalentscheidungen, er veränderte seine Startformation auf vier Positionen: Innenverteidiger Erhan Masovic und Takuma Asano, Philipp Förster sowie Christopher Antwi-Adjei in der Offensive durften beginnen - und es dauerte nicht lange, da konnte sich Letsch auf die Schulter klopfen für diese Entscheidung. An allen Toren war mindestens einer von ihnen beteiligt, vor allem aber wurde es das Spiel von Antwi-Adjei.

In der 22. Minute landete der Ball bei dem Außenspieler, der erst seine Gegner mit einer Körperbewegung täuschte und dann ideal querlegte zu Philipp Hofmann, der nur noch den Fuß hinhalten musste zum 1:0. Acht Minuten später ließ Antwi-Adjei auf der linken Seite Christoph Baumgartner stehen, setzte einen flachen Pass ab zu Förster, der aus 15 Metern abschloss. Und als hätten zwei Vorlagen nicht gereicht, setzte Antwi-Adjei noch eine drauf: Diesmal erhielt er den Ball von Förster und leitete ihn direkt weiter ins Zentrum zu Takuma Asano - 3:0.

Nach der Pause brachte Baumgartner mit einem beeindruckend präzise geschossenen Tor noch Hoffnung auf bei der TSG, später gelang dem eingewechselten Munas Dabbur sogar der zweite Treffer, aber es reichte nicht. Denn zuvor hatte nach einer Ecke von Förster Erhan Masovic per Kopfball noch das vierte Bochumer Tor oben draufgesetzt. Und dann machte sich auch noch der eingewechselte, gerade mal 22 Jahre alte Moritz Broschinski zu seiner Bundesliga-Premiere mit dem 5:2 selbst ein Geschenk. Während Hoffenheim also seine Negativ-Serie fortsetzt, reiht Bochum den fünften Sieg im fünften Heimspiel aneinander - und Christopher Antwi-Adjei zeigte wieder einmal, wie wichtig er für den VfL ist.

Borussia Mönchengladbach - FC Schalke o4 0:0

Nächste Nullnummer, nächster Hoffnungsschimmer: Bundesliga-Schlusslicht Schalke 04 hat mit einem verdienten 0:0 bei Borussia Mönchengladbach ein weiteres, wenn auch kleines Lebenszeichen im Abstiegskampf gesendet. Die Horrorserie von jetzt 37 Erstliga-Auswärtsspielen ohne Sieg fand jedoch erneut kein Ende - obwohl das Team in der zweiten Halbzeit deutlich besser war und in den abschließenden Minuten drei Großchancen hatte.

Eine Woche nach dem torlosen Remis gegen den 1. FC Köln überzeugte Königsblau vor allem kämpferisch. Dennoch beträgt der Rückstand auf den rettenden Platz 15 schon acht Punkte. Die Borussia enttäuschte über weite Strecken und verpasste ein weiteres Mal die Chance, erstmals in dieser Saison zwei Siege in Serie zu landen. Schalke solle Gladbach "bearbeiten" und "nicht ins Spiel kommen lassen", hatte S04-Coach Thomas Reis vor dem Spiel gefordert. Entsprechend giftig trat seine Mannschaft zunächst auf. Schalke überließ Gladbach zwar den Ball, stand in der Defensive mit dem bulligen, aber nicht gerade feinfüßigen Zugang Eder Balanta, der auf der Sechs sein Debüt für die Knappen gab, überraschend sicher. Die Folge war eine umkämpfte, aber äußerst zähe Partie. Die 54.042 Zuschauer im ausverkauften Borussia-Park erwärmten sich schon an kleinen Highlights - etwa dem verunglückten Fallrückzieher von Schalkes Soichiro Kozuki (18.) oder einem Solo von Gladbachs Ko Itakura (27.) über den halben Platz.

Nach dem Seitenwechsel bekam Schalke plötzlich Oberwasser. Nach einer Ecke rauschte ein Kopfball von Tom Krauß knapp am Tor vorbei (49.), wenig später scheiterte der bis dahin blasse Simon Terodde an Gladbachs Schlussmann Jonas Omlin (52.), der in der Nachspielzeit vorzüglich gegen Skarkes Flachschuss reagierte (90.+3). sid

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusEpo-Dopingfall Vuskovic
:"Ich möchte aussagen und meine Unschuld beweisen"

Das DFB-Sportgericht verhandelt den spektakulären Epo-Dopingfall des HSV-Profis Mario Vuskovic. Am ersten Verhandlungstag beteuert der Kroate seine Unschuld - und seine Anwälte interessieren sich sehr für einen Kühlschrank.

Von Johannes Aumüller

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: