Gladbach in der Bundesliga:Retro-Trikots zum Schnäppchenpreis

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"Die Mannschaft zeigt großen Willen", findet Gerardo Seoane, doch der Umbau brauche Zeit. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Gladbach sucht den Glanz von einst - mit Gerardo Seoane, dem vierten Trainer in vier Jahren. Doch der Neustart beginnt wenig verheißungsvoll und nun kommt Leipzig mit guten, alten Bekannten.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Die ruhmreiche Historie von Borussia Mönchengladbach gibt es diese Woche im Sonderangebot. Zweierlei Retro-Trikots (ab 50 Euro), die gewichtige Vereinschronik (15 Euro) und auch das Legenden-Quartett (drei Euro) sind im Fan-Shop zum Schnäppchenpreis erhältlich. Dabei ist die glanzvolle Geschichte das Wertvollste, was dieser Klub besitzt.

Die Gegenwart ist jedenfalls ziemlich glanzlos am Borussia-Park, jetzt schon die vierte Saison nacheinander unter dem vierten Trainer. Man könne doch nicht jedes Jahr den Trainer austauschen, hatte der meinungsfreudige Spieler Christoph Kramer noch im Mai gewarnt. Sein Verein war der Meinung: Kann man doch! Bislang zeigt sich aber noch kein Effekt. Nach einer mauen Rückrunde unter dem Trainer Marco Rose (2020/21), einer mauen Saison unter Adi Hütter (21/22), einer noch maueren Saison unter Daniel Farke (22/23) und einem besonders mauen Saisonstart unter Gerardo Seoane (23/24) steht Gladbach jetzt mit zwei Pünktchen aus vier Spielen auf dem fünftletzten Platz. Als die Borussia vor acht Jahren letztmals ähnlich schwach begonnen hatte, nahm der Trainer Lucien Favre Reißaus. Selbiges ist von seinem Schweizer Landsmann Seoane immerhin nicht zu erwarten.

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Ausgerechnet in diesem Zustand empfängt Gladbach am Samstag in der Delegation des Kontrahenten RB Leipzig seine früheren Führungskräfte Max Eberl und Marco Rose. Unter dem Sportdirektor Eberl und dem Trainer Rose stand die Borussia im März 2021 noch im Achtelfinale der Champions League. Während Gladbach nach dem Rausch von damals immer noch stark verkatert wirkt, feiern Eberl und Rose in Leipzig schon wieder gemeinsam Erfolge: den Gewinn des DFB-Pokals und den Einzug in die Champions League. Womöglich sind beide froh, bei der Borussia rechtzeitig den Absprung geschafft zu haben.

Mit Seoane als eine Art Restaurator soll der auf mehreren Positionen veränderte Kader etwas Neues beginnen

Die neue Saison, in der alles besser werden soll, ging ernüchternd los. Die Niederlagen gegen den FC Bayern (1:2) und Bayer Leverkusen (0:3) wären nicht allzu schlimm gewesen, hätten sich die Gladbacher in Augsburg und vergangenen Sonntag in Darmstadt nicht zwei am Ende sogar glückliche Unentschieden geleistet. In Augsburg erzielte der neue Stürmer Tomas Cvancara den 4:4-Ausgleich in der siebten Minute der Nachspielzeit, und in Darmstadt holten sie einen 0:3-Rückstand bloß deshalb noch auf, weil der Gegner nach einer strittigen roten Karte die zweite Halbzeit in Unterzahl spielte.

Den Absprung geschafft? Trainer Marco Rose und Sportdirektor Max Eberl kehren in Diensten von RB Leipzig zurück. (Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/Imago)

"Die erste Halbzeit in Darmstadt war überhaupt nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben", sagte am Donnerstag der Trainer Seoane, "und mit den bislang zwei Punkten bin ich auch nicht zufrieden." Der 44-Jährige erinnert aber daran, dass sich der Verein im Prozess eines "Neustarts", eines "Umbruchs" befinde und dass so etwas "Zeit braucht". Darüber seien er und der Verein sich im Klaren. "Die Mannschaft zeigt großen Willen", betont Seoane, "und die Zuschauer unterstützen uns." Das lindert das Leid.

Mit Seoane als eine Art Restaurator soll der auf mehreren Positionen veränderte Kader mit der jüngeren Vergangenheit abschließen und etwas Neues beginnen, das nach Möglichkeit irgendwann wieder in den Europapokal mündet. Doch die Transformation gestaltet sich schwierig. Ob der Tscheche Cvancara den fortgegangenen Mittelstürmer Marcus Thuram ersetzen kann, ist weiterhin genauso offen wie die Frage, ob der Franzose Franck Honorat den Rechtsaußen Jonas Hofmann, der junge Luca Netz den Linksverteidiger Ramy Bensebaini und der junge Rocco Reitz im Mittelfeld Lars Stindl nachfolgen kann.

Nico Elvedi hat seinen Vertrag verlängert - auf sanften Druck des Vereins

"Es wird keine einfache Saison", sagte der Sportvorstand Roland Virkus am Donnerstag, als er sich wieder beruhigt hatte von einem Wutanfall kurz nach dem Darmstadt-Spiel: "Ich wusste, dass es Rückschläge geben würde, aber der Charakter dieser Mannschaft ist gut." Die Elf sei in der ersten Halbzeit in Darmstadt "einfach nicht fokussiert genug" gewesen, meinte Virkus, "nachdem sie im Spiel zuvor gegen die Bayern noch gezeigt hatte, wie gut sie verteidigen kann".

Seoane hat es auch deshalb nicht ganz leicht, weil in dem Torwart und neuen Kapitän Jonas Omlin, dem Routinier Christoph Kramer, dem Mittelfeldjuwel Manu Koné und dem rechten Dauerläufer Stefan Lainer gleich vier Spieler ausfielen und -fallen, die - jeder auf seine Weise - eine wichtige Rolle in diesem Kader spielen. In Koné und Kramer steht nun immerhin die Rückkehr von zweien bevor.

Unruhe hatte es zuletzt auch gebracht, dass der Innenverteidiger Nico Elvedi, der den Klub vor seinem finalen Vertragsjahr wider Erwarten nicht verlassen hatte, durch die weitgehende Verbannung auf die Ersatzbank dazu ermuntert werden sollte, seinen Vertrag zu verlängern, um dereinst nicht ablösefrei wegzugehen. Am Donnerstag hat Elvedi nun tatsächlich bis 2027 verlängert. "Dieses Commitment unterstützt seine Einsatzchancen für die kommenden Wochen", sagt Seoane nüchtern. Dabei dürfte Elvedi schon gegen Leipzig bitter nötig sein.

Virkus rechnet fest damit, dass die Mannschaft "kommen wird". Der Kader sei konkurrenzfähig, sagt er voller Überzeugung und glaubt weiter fest an Seoanes Qualitäten: "Er ist sehr akribisch, äußerst fleißig, sehr kommunikativ mit den Spielern und macht insgesamt einen sehr guten Job." In Gladbach arbeiten sie jedenfalls hartnäckig daran, dass sich im Fan-Shop nicht nur die Retro-Artikel aus der ruhmreichen Vergangenheit verkaufen.

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