Carlos Eduardo dos Santos Galvão Bueno ist schon 73 Jahre alt und längst nicht mehr beim TV-Sender Globo aktiv. Doch seine jahrzehntelange Amtszeit als Chefkommentator der Spiele der Seleção verleiht seinem Urteil weiterhin großes Gewicht.
Am Dienstagabend meldete sich Galvão Bueno mit einem kurzen Clip in einem sozialen Netzwerk zu Wort - und verfiel nach dem 0:2 in Uruguay im Qualifikationsspiel für die WM 2026, die in den USA, Mexiko und Kanada stattfinden wird, in einen Superlativ, der ihm offenbar nicht so leicht über die Lippen kam. Er habe in Montevideo "die schlechteste brasilianische Auswahl der letzten 50 Jahre gesehen", zürnte er. Und das will etwas heißen, wenn man bedenkt, dass Galvão Bueno bei zwölf Weltmeisterschaften mit dabei war - unter anderem auch im Estádio Mineirão von Belo Horizonte, als Brasilien als WM-Gastgeber 2014 im Halbfinale gegen Deutschland mit 1:7 unterging.
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Niederlage in Wembley, Niederlage auf dem Feld der Moral: Ein 1:3 in England und ein Auftritt im TV-Studio offenbaren die chronische Groteske im Calcio. Die große Enthüllung im Wettskandal? Wird zur Farce.
Nun ist Galvão Bueno vor Fehlern nicht gefeit - unvergessen ist, wie er über den Österreicher Arnold Schwarzenegger einmal sagte, er habe vor Jahren den Titel "Miss Universum" gewonnen. Aber mit seiner vernichtenden Kritik am aktuellen Team des fünfmaligen Weltmeisters steht er in der Heimat alles andere als allein da.
Nicht einmal bei den Niederlagen jüngst gegen Marokko und Senegal standen die Brasilianer derart auf dem Schlauch wie jetzt in Uruguay. Brasilien habe eine "Nacht zum Vergessen" erlebt, schrieb die Zeitung O Estado de São Paulo, und die Wahrheit war, dass es die zweite Nacht dieser Art der aktuellen Länderspiel-Strecke war. Am vergangenen Donnerstag hatte Brasilien bereits gegen die Baseball-Nation Venezuela eine Führung aus der Hand gegeben und daheim 1:1 gespielt - eine Blamage.
Neymar zog sich einen Bänderriss im Knie zu, er fällt für den Rest der Saison aus
In Montevideo kassierten die Brasilianer nach Toren von Darwin Núñez (FC Liverpool) und Nicolás de la Cruz (River Plate) die erste Niederlage in einem WM-Qualifikationsspiel seit 2015. Damals unterlagen sie den Chilenen, die derzeit auch nur noch ein Schatten ihrer selbst sind. Sie verloren am Dienstag in Maturín gegen die "Vinotinto", wie die venezolanische Elf wegen ihrer weinroten Trikots genannt wird, nach einem grotesk selbstzerstörerischen Spiel mit 0:3.
Aber zurück zu den Brasilianern. Sie mussten nicht nur die Niederlage ertragen, sondern auch die Tränen des Neymar Jr. Der 31-jährige Stürmer, der vor wenigen Monaten einen goldenen Käfig namens Paris Saint-Germain gegen einen anderen beim Saudi-Klub FC Al-Hilal eintauschte, verdrehte sich kurz nach dem Führungstreffer von Núñez unmittelbar vor der Halbzeitpause das linke Knie.
Die Verletzung Neymars, der wie schon gegen Venezuela auf ganzer Linie enttäuschte, sei "besorgniserregend", teilte der brasilianische Verband CBF zunächst mit. Das Stadion konnte er nur auf Krücken verlassen, um das linke Bein trug er eine Schiene. Am Mittwoch folgte die Diagnose: Bänderriss und eine Meniskusverletzung im Knie, eine Operation sei unausweichlich, teilte der Verand mit. Dass Neymar dem brasilianischen Team bei den im November anstehenden Qualifikationsspielen helfen kann - in Barranquilla gegen Kolumbien und in Rio de Janeiro gegen Argentinien -, ist ausgeschlossen. Er fällt für den Rest der Saison aus.
Absehbar ist, dass Brasilien gegen Argentinien im November auf einen überragend formstarken Weltmeister treffen wird. Die Mannschaft von Trainer Lionel Scaloni hat in vier Qualifikationsspielen ebenso viele Siege und 7:0 Tore erzielt. "Diese Mannschaft ähnelt dem FC Barcelona, und das war die beste Mannschaft der Geschichte", sagte Lionel Messi, der nach einer kurzen Verletzungspause beim 2:0 gegen Peru eine spektakuläre, mit zwei Toren gespickte Gala bot und wie in besten Barça-Zeiten aufspielte.
Vielleicht ist das auch der Grund, warum der 36-jährige Kapitän der Argentinier keine Neigung verspürt, nach Katalonien zurückzukehren. Er bereitete jedenfalls allen Spekulationen um eine mögliche Leihe nach Europa ein Ende. Die Gerüchte über eine kurzfristige Rückkehr Messis zum FC Barcelona waren aufgetaucht, weil Inter Miami in den USA die Playoffs der Major League Soccer verpasst hat - und Messi deshalb von Ende Oktober bis Februar spielfrei sein wird. Doch nun kündigte er an: "Ich werde (in Miami) trainieren und mich im Januar auf die neue Saison vorbereiten." Ein bisschen Übung wird nicht einmal ihm schaden.