Biathlon in Hochfilzen:Nur die Nase läuft

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Rettete dem deutschen Team zumindest einen Podestplatz in Hochfilzen: Benedikt Doll brachte Rang drei ins Ziel, nachdem Startläufer David Zobel dank einer Strafrunde als Rang-13. übergeben hatte. (Foto: Matthias Schrader/AP)

Nach den Erfolgen von Östersund erleben die von Infekten geplagten deutschen Biathleten in Hochfilzen ein gebrauchtes Wochenende - mit einer Ausnahme.

Von Korbinian Eisenberger, Hochfilzen

Im letzten Scheibenschießen dieses Tiroler Biathlon-Wochenendes zeigte ein Mann namens Benedikt Doll, was es mit der Disziplin Risikoschießen auf sich hat: Innerhalb von 16 Sekunden drückte er beim Stehendschießen fünf Mal ab - und versenkte sämtliche Zielscheiben. Seit Mai hatte das deutsche Biathlon-Team auf die Spezialdisziplin Speedfeuern besonderen Fokus gelegt, wie der neue Cheftrainer Uros Velepec unlängst erklärte. Konkret sehe das im Training so aus: "Viel eins gegen eins, viel auf die Schießzeit gucken und die Trefferquote hinten anstellen", berichtete Doll in Hochfilzen. Er habe "die neue Waffe so konzipiert, dass ich damit schneller schießen kann". Und offenbar auch treffen.

Es war ein versöhnliches Ende, das die Biathlon-Männer des deutschen Skiverbands (DSV) den Tausenden deutschen Anhängern am Sonntag bereiteten. David Zobel, Johannes Kühn, Philipp Nawrath und Benedikt Doll verbuchten im Staffelrennen Rang drei hinter den in Hochfilzen überragenden Norwegern und Frankreich. Nach dem Zieleinlauf von Schlussläufer Doll gab es Gratulationen von DSV-Biathlon-Sportdirektor Felix Bitterling, ehe kurz darauf die nahezu komplett neu formierte Frauenstaffel Fünfte wurde. Sieger: auch hier Norwegen, nun vor den Schwedinnen.

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Das auf 1000 Metern gelegene Stadion im Tiroler Märchenwinter war drei Tage in deutscher Hand, so viele waren nach Österreich gekommen. Die Athleten ließen sich von den Anfeuerungen aber weder in der Loipe noch am Schießstand inspirieren. Der siebte Platz von Benedikt Doll zwei Ränge vor Johannes Kühn im Sprintrennen blieb am Ende als bestes Einzelergebnis stehen, den Frauen gelang weder im Sprint noch in der Verfolgung ein Top-Ten-Ergebnis. Nichts erinnerte an den fulminanten Weltcup-Auftakt im schwedischen Östersund, als das DSV-Team in zehn Rennen zehn Podestplatzierungen verbucht hatte. Und das hat Gründe.

Wie ein Athlet "hat auch ein Techniker mal nicht die absolute Premiumlösung"

Die deutschen Skier liefen bei deutlich wärmeren Temperaturen nicht mehr so aalglatt durch den Schnee wie in Schweden. Und auch am Schießstand zeigten sich die DSV-Schützen selten so abgeklärt und flott wie schließlich Doll im Staffelfinale. Wenn überhaupt etwas lief, dann waren es die Nasen der Athleten: Das Team war von Infekten heimgesucht worden. Die bis Freitagmorgen Gesamtführende Franziska Preuß und Teamkollegin Hanna Kebinger hatten wegen Corona-Erkrankungen sämtliche Rennen in Hochfilzen abgesagt. Roman Rees, der in Östersund noch seinen ersten Weltcupsieg eingefahren hatte, erkrankte ebenfalls und schleppte sich sichtlich angeschlagen durch die Tiroler Loipe. Auch Anna Weidel klagte über gesundheitliche Probleme, und Sophia Schneider, die am Samstagabend nach dem Verfolgungsrennen noch entspannt joggend hinter dem Stadion zu beobachten war, entwickelte laut DSV über Nacht ebenfalls Erkältungssymptome und musste am Sonntag passen - was Marion Wiesensarter (mit Selina Grotian, Janina Hettich-Walz und Vanessa Voigt) zum Staffeldebüt verhalf.

"Wir sind jetzt nicht super happy, aber man muss die Kirche im Dorf lassen", bilanzierte Bitterling am Samstag. Es seien "zwei Sachen zusammengekommen": Infekte und eben auffällig viele Fehlschüsse. Bei Nawrath, der beim Sprint noch als Gesamtführender gestartet war, habe das gelbe Trikot womöglich "zu Übermut geführt", er habe "zu schnell und zu früh abgedrückt", also die Risikovariante überstrapaziert.

Er sehe aber auch Anlässe für Zuversicht, so Bitterling. Das neue Duo im Männerteam - Velepec und Co-Trainer Jens Filbrich - habe eine "eingeschworene Truppe" gebildet, die sich häufig mit den Übungsleitern der Frauen austausche. Vor diesem Wechsel hätten "viele zu lange gebraucht für den ersten Schuss, da sind Fortschritte passiert". Bei Zobel und Justus Strelow habe er deutlich festgestellt, dass sie "läuferisch auf besserem Niveau" seien als noch in der Vorsaison. Und die Skier, die seit dieser Saison nicht mehr mit dem umweltschädlichen Fluor gewachst werden dürfen? "Es ist ein Faktor, der sich von Event zu Event ändern wird", so Bitterling. "Genau wie ein Athlet den ein oder anderen Fehler macht, hat auch ein Techniker mal nicht die absolute Premiumlösung." Seine Prognose: "Auch die Norweger werden wieder solche Tage haben."

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