Biathlon in Hochfilzen:Wachstum vorerst gestoppt

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Muss am Samstag sein Outfit wechseln: Philipp Nawrath hat das Gelbe Trikot des Führenden im Sprint von Hochfilzen verloren. (Foto: Matthias Schrader/dpa)

Philipp Nawrath verliert das Gelbe Trikot - Franziska Preuß kann es gar nicht erst verteidigen: Der erste Biathlon-Tag von Hochfilzen führt zu der Frage, ob die deutschen Skipräparatoren der Konkurrenz tatsächlich überlegen sind.

Von Korbinian Eisenberger, Hochfilzen

Wachs hat im Advent eine gewisse Relevanz, es fließt von Kerzen über Nadelkränze und trägt zur Erhellung bei. Im vorweihnachtlichen Biathlon-Weltcup gilt das umso mehr. Das tropfende Gemisch erfährt zunehmend Bedeutung, seit die Langlaufskier der Profis nicht mehr mit den flotten, aber umweltschädlichen Fluorwachsverbindungen behandelt werden dürfen. Den deutschen Skipräparatoren und Athleten war diese neue Regel kürzlich unter schwedischen, eiskalten Bedingungen bei minus 13 Grad entgegengekommen. Bei der Fortführung der Saison am Freitag in Hochfilzen, Tirol, zeigte das Thermometer nun einstweilen nur minus drei Grad an. Und es stellte sich die Frage, ob der Skibelag des Deutschen Verbands (DSV) auch dem wärmeren Schnee, nun ja, gewachsen ist.

Der Freitag lieferte Hinweise, dass es schwieriger geworden ist für das deutsche Team. Die Skier der Männer glitten am Mittag nicht mehr so geschmeidig durch den Schnee von Hochfilzen, jedenfalls war kein Vorteil im Vergleich mit der Konkurrenz zu erkennen. Beim bis dato Gesamtführenden, Philipp Nawrath, kam im 10-Kilometer-Sprint noch hinzu, dass er sich bei zehn Schüssen drei Fehler leistete, folglich auf Rang 34 landete und damit das Gelbe Trikot nach zwei Rennen an den Schweden Sebastian Samuelsson verlor. "Ich habe gleich zehn bis 15 Sekunden kassiert in der ersten Runde", sagt er: "Da habe ich schon gemerkt: Das Material ist vielleicht nicht ganz so dabei oder meine Form heute einfach nicht so top."

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Die deutschen Biathleten sind überraschend stark in die Saison gestartet. Ein Grund: die Wachskünste von Chefpräparator Sebastian Hopf, der seit Kurzem auf seinen wichtigsten Stoff verzichten muss. Einblicke in eine ganz eigene Welt.

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Besser machte es Benedikt Doll, der nur eine Scheibe verfehlte und auf Rang sieben ankam, der Baden-Württemberger war damit bester Nicht-Skandinavier. Es siegte Tarjei Bö aus Norwegen vor seinem Landsmann Sturla Holm Laegreid und Samuelsson. Johannes Kühn wurde Neunter, Justus Strelow landete trotz fehlerfreier Schießeinlagen auf Rang 15. So erinnerte das Ergebnis an die vergangene Saison, nur dass nicht Johannes Thingnes Bö ganz oben stand, sondern sein Bruder.

"Die Konkurrenz schläft halt nicht", sagte Doll nach dem Rennen. Ob die norwegischen Skier diesmal den DSV-Brettern überlegen waren? Um dies seriös zu bewerten, sagte Doll, "braucht man Eins-zu-eins-Vergleiche, die hatte ich jetzt nicht". Eventuell geben die Verfolgungsrennen an diesem Samstag (12.15 Uhr/14.45 Uhr, ARD und Eurosport) weitere Aufschlüsse.

Vanessa Voigt fragt sich bei 1:11 Minuten Rückstand: "Ist das überhaupt mein Name neben der Zahl?"

Natürlich wäre es von großem Interesse, einmal im Wagen der deutschen Skitechniker dabei zu sein, wenn dort "gewachselt" wird, wie es in Tirol heißt. Aber es gibt eben Orte, da lassen sich Sportverbände nicht sonderlich gern auf die Finger schauen, bei Fußballern ist das die Kabine, und bei Biathleten sind es die Techniker-Trucks. Ein Besuch etwa beim DSV ist auf Anfrage - zumindest in Hochfilzen - aus Top-Secret-Gründen nicht erwünscht, was schade, aber nachvollziehbar ist. "Gerade in Zeiten wie diesen, die durch das Fluorverbot nochmals herausfordernder geworden sind, ist dies elementar, um Know-how zu schützen", heißt es vom DSV: Neues erhellendes Wissen, das andere vielleicht auch gern hätten?

Hier noch bemüht, später im Ziel fassungslos: Vanessa Voigt im Sprint von Hochfilzen. (Foto: Matthias Schrader/AP)

Der erste Tag von Hochfilzen hinterlässt leise Zweifel, ob Team Norwegen tatsächlich gut beraten wäre, Spione bei den DSV-Wachsern einzuschleusen. Der Sprint der Frauen über 7,5 Kilometer am späteren Nachmittag erwies sich aus deutscher Sicht als wenig aufregend. Auch hier sicherte sich eine Norwegerin, Ingrid Landmark Tandrevold, den Sieg, sie gewann vor der Schwedin Elvira Öberg und Justine Braisaz-Bouchet aus Frankreich. Vanessa Voigt, zweimal Dritte in Östersund, konnte in der Loipe nicht mit den Besten mithalten, zielte einmal daneben und schloss als beste Deutsche auf Rang 14 ab, elf Plätze vor Sophia Schneider.

Sie habe sich wie in Östersund "sehr kraftvoll, sehr spritzig gefühlt", erklärte Vanessa Voigt nach dem Rennen, auffällig fassungslos: "Als ich im Ziel angekommen bin, habe ich gedacht, dass es ein gutes Ergebnis geworden ist mit einem Fehler. Als ich dann 1:11 Minuten Rückstand gesehen habe, habe ich mir gedacht: Ist das überhaupt mein Name neben der Zahl?" Also doch das Material? Restlos klären vermochte dies am Freitag niemand.

Franziska Preuß erkrankt erneut und muss ihr Gelbes Trikot kampflos abgeben

Wer indes die bis dato erfolgreichste Biathletin dieses Winters am Start vermisste, vermisste sie zu Recht. Franziska Preuß, die im Gelben Trikot der Gesamtführenden gestartet wäre, sagte kurzfristig wegen einer Corona-Infektion ab. Sie sei "noch nicht wieder fit genug", erklärte DSV-Mannschaftsarzt Sebastian Torka: "Um den weiteren Saisonverlauf nicht zu gefährden, wird sie in Hochfilzen leider nicht mehr starten können."

Wieder also Franziska Preuß: Die Vorsaison hatte sie nach einer zähen Erkältung vorzeitig abgebrochen und auf die Heim-WM in Oberhof verzichtet, um wieder zu Kräften zu kommen. Zuletzt war ihr das offenkundig bestens gelungen. Die deutschen Athleten und ihre Skitechniker, sie wachsen mit ihren Aufgaben.

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