FC Bayern in der Basketball-Euroleague:Frustration als Faktor

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Andrea Trinchieri (links, mit Augustine Rubit) kann sehr bildhaft über Basketball sprechen. Nach der Pleite gegen Barcelona im Euroleague-Viertelfinale sagte er: "Der Berg, der zu besteigen war, wurde ein Everest." (Foto: Oryk Haist/Imago)

Das dürfe es nicht geben, findet Bayern-Trainer Trinchieri nach der Pleite gegen ein sehr starkes Barça-Team. Wenn die Münchner das Aus noch verhindern wollen, müssen sie besser treffen - und eine bereits erprobte Strategie anwenden.

Von Ralf Tögel

Deshaun Thomas ist ein Berg von einem Mann. Da stand dieser 100 Kilo schwere Zwei-Meter-Athlet mit einem Kreuz vom Format eines Doppelkühlschranks, ein schwarzes Herrenhandtäschchen in der rechten Pranke, und stellte sich den unangenehmen Fragen nach der noch unangenehmeren Niederlage in der Euroleague gegen den FC Barcelona. Ob er sich denn eine gewisse Mitschuld an der Niederlage gebe, wie sein Trainer angedeutet hatte?

Thomas überlegte kurz, lächelte höflich und meinte: "Das ist schon richtig, ich muss es besser machen." Sein Trainer Andrea Trinchieri hatte nach der 66:75-Niederlage des FC Bayern im dritten Spiel des Playoff-Viertelfinales befunden, ein Grund des Misserfolgs sei, dass Thomas seinen Rhythmus nicht gefunden habe. Der 30-jährige Routinier hatte seine Kollegen mit einer überragenden Leistung und 25 Punkten im zweiten Spiel der Best-of-five-Serie zur 90:75-Überraschung geführt - und zudem Barcelonas Topspieler Nikola Mirotic erfolgreich am Körbewerfen gehindert.

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Beides blieb im Audi Dome nun aus, Barcelonas NBA-erprobter Forward avancierte zum Spielentscheider, im letzten Viertel erzielte Mirotic elf seiner insgesamt 25 Zähler und machte die Hoffnungen der Gastgeber praktisch im Alleingang zunichte. So verloren die Münchner ihr erstes Heimspiel und liegen 1:2 zurück, Barcelona kann sich an selber Stelle am Freitag (20.45 Uhr) für das Final Four qualifizieren.

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Trinchieri erklärte die Niederlage in gewohnt blumigen Worten und verglich den Gegner mit einem Berg. Als man sich daran gemacht habe, diesen zu besteigen, sei er zum Mount Everest gewachsen. Um im Bild zu bleiben, ist seine Mannschaft also im Basislager hängen geblieben und hat lediglich noch einen weiteren Versuch zur Verfügung, den Gipfel zu erklimmen. Die Frage wird sein, ob die Ausrüstung für die sauerstoffarme Umgebung taugt.

Barcelona war besser, nach ihrer Heimpleite war ja eine Reaktion der Katalanen erwartet worden, die Wucht überraschte die Bayern dann doch. In der ersten Halbzeit legten die Gäste den Grundstein zum Sieg, 18:5 führten sie nach fünf Minuten: Nick Calathes, bester Passgeber in der Euroleague-Geschichte, führte umsichtig Regie, Center Rolands Smits punktete unter dem Korb, wenn nötig streute Nicolas Laprovittola Dreier ein - und dann war da noch Mirotic. Qualität und Breite des Kaders machten Barça zum besten Hauptrundenteam und zum Titelfavoriten.

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Vor allem aber verteidigten die Spanier sehr intensiv, von dieser Physis ließen sich die Bayern beeindrucken. Kaum ein Spieler, der nicht gedoppelt wurde, kaum ein unbedrängter Wurf, Barcelonas Bissigkeit schlug sich in den Münchner Wurfquoten nieder. Im Gegensatz zu Spiel zwei fielen die Distanzwürfe nicht, gerade vier von 24 Dreiern rauschten ins Netz. Viel zu oft machte es "Klonk" und die Münchner Versuche prallten vom Ring ab.

Zur Pause führte der Gast 49:31, Trinchieri bezeichnete die Leistung seiner Mannschaft in der ersten Halbzeit als "sehr schlecht". Zu kritisieren hatte er angesichts der gegnerischen Vorstellung dennoch nur einen Punkt: "Es darf nicht sein, dass unsere Frustration zum Faktor wird." Selbst Vladimir Lucic, der erneut voranging und mit 17 Punkten bester Werfer war, ließ nach Fehlwürfen die Schultern hängen.

Aber die Bayern besannen sich auf ihre Tugenden, erhöhten die Physis, verteidigten intensiver und kämpften sich in den folgenden beiden Vierteln zurück, wobei sich Ognjen Jaramaz (13 Punkte) und Augustine Rubit (14) hervortaten. Kurz vor Ende des dritten Viertels hätte Lucic per Dreier auf neun Punkte verkürzen können, die begeisterten 6500 Zuschauer waren sofort da, das Momentum hätte kippen können - doch der Ball tanzte auf dem Ring und fiel nicht.

Immerhin bekamen die Bayern eine Idee, wie der Berg zu erklimmen ist: mit physischer Gegenwehr von der ersten Sekunde an, einer besseren Wurfquote und dem unerschütterlichen Glauben an die Sensation. "Ich weiß, was ich zu tun habe", sagte Thomas noch lächelnd, bevor er sich auf den Heimweg machte.

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