Abstiegskampf in der Bundesliga:Plötzlich sind die letzten Vier punktgleich

Salomon Kalou hat den Klassenerhalt auf dem Fuß, Paderborns Uwe Hünemeier wird zur tragischen Figur und Krokodil Fritzle ist beim VfB der erste Gratulant. Im Abstiegskampf geht es nach diesem Spieltag noch enger zu als zuvor. Eine Chronologie von 90 dramatischen Minuten.

Von Lisa Sonnabend

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die Ausgangslage: Die Spieler müssen zum Sondertraining, die Trainer sind auf Pressekonferenzen noch reizbarer als gewöhnlich, und aus den Fenstern der Fanbusse schauen Anhänger mit bangem Blick heraus, die Fingernägel abgeknabbert. Der vorletzte Bundesliga-Spieltag steht an und damit die dramatischste Phase der Saison. Für sechs Vereine geht es um alles. Der VfB Stuttgart (30 Punkte), der SC Paderborn, Hannover 96, der SC Freiburg (je 31), der Hamburger SV (32) und Hertha BSC (34) - zwei von ihnen steigen ab, einer muss in die Relegation. Wer spielt in der kommenden Saison gegen den FC Bayern? Und wer muss gegen den SV Sandhausen antreten? Es ist 15:30 Uhr, die Schiedsrichter pfeifen die Partien an. Das erste Tor fällt nach 45 Sekunden. Für den VfL Wolfsburg - für den Abstiegskampf egal. (im Bild: HSV-Coach Labbadia und VfB-Trainer Stevens begrüßen sich)

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(Foto: Matthias Schrader/AP)

12. Minute, VfB Stuttgart gegen Hamburger SV: Fast hätte sich der HSV in der 6. Minute selbst ausgeknockt. Als Pierre-Michel Lasogga und Ivica Olic im Strafraum hochsteigen, rauschen sie mit den Köpfen zusammen. Lasogga deutet an, er müsse ausgewechselt werden. Er spielt dann allerdings doch weiter - mit einem großen Pflaster auf der Stirn. Sechs Minuten später funktioniert es beim Tabellen-Fünfzehnten schon besser. Van der Vaart tritt einen Freistoß, der Ball segelt auf den Kopf von Gojko Kačar zu. Diesmal rauscht kein Mitspieler heran, sondern der Serbe trifft. Nach den Toren gegen Freiburg und Mainz trifft Kačar schon wieder - und der HSV hat plötzlich drei Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang. Doch bei diesem Stand bleibt es nicht.

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

13. Minute, SC Freiburg gegen FC Bayern: Mit Mario Götze, Mitchell Weiser und Sebastian Rode beginnt der FC Bayern in Freiburg. Ist das Wettbewerbsverzerrung? Proteste aus Paderborn, Stuttgart und Hannover werden in der 13. Minute jedoch zurückgezogen. Denn Bastian Schweinsteiger trifft zur Führung - Freiburg wird in der Tabelle hinunter gereicht auf den Abstiegsrang. Christian Streich blickt konsterniert, als würde er sich gleich bei der Deutschen Fußball-Liga über irgendetwas beschweren wollen.

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(Foto: Adam Pretty/Getty Images)

23. Minute, FC Augsburg gegen Hannover 96: Hannover konnte sicher sein: Der Gegner an diesem Nachmittag würde motiviert sein, denn schließlich geht es für den FC Augsburg um einen Europa-League-Platz. Doch nach 23 Minuten geht der Abstiegskandidat in Führung. Lars Stindl trifft, Hannover steht plötzlich auf dem 15. Platz. Eine komfortable Situation - doch noch nie gewann Hannover in dieser Saison ein Bundesliga-Spiel, wenn Stindl ein Tor schießt. Ob es diesmal anders ist?

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(Foto: AP)

25. Minute, VfB Stuttgart gegen Hamburger SV: Der Tabellenletzte macht es wieder spannend. Ein abgefälschter Schuss tröpfelt auf den Torpfosten zu, VfB-Kapitän Christian Gentner reagiert schneller als die HSV-Abwehr. Ausgleich! Der ehemalige HSV-Trainer Huub Stevens bleibt sitzen und kritzelt etwas in einen Notizblock. Der ehemaliger VfB-Trainer Bruno Labbadia springt auf.

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

28. Minute, FC Augsburg gegen Hannover 96: FCA-Kapitän Paul Verhaegh tritt zum Foulelfmeter an. Vergangene Woche verschoss er erstmals in dieser Saison - diesmal chippt er den Ball lässig in die Mitte. Den hätte auch Manuel Neuer nicht gehalten. Immerhin eine gute Nachricht für Hannover: Der SC Paderborn vergibt gerade die nächste Torchance, auf Schalke bleibt es beim 0:0.

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(Foto: dpa)

33. Minute, SC Freiburg gegen FC Bayern: Die Münchner verlieren im Mittelfeld den Ball, als wären sie ein nervöser Abstiegskandidat. Felix Kraus gibt weiter zu Admir Mehmedi, der wird nicht attackiert und trifft aus 20 Metern ins linke Toreck. Sichert dieses Tor dem Team von Christian Streich auch in der kommenden Saison ein Duell gegen den FC Bayern?

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(Foto: Simon Hofmann/Getty Images)

35. Minute, VFB Stuttgart gegen Hamburger SV: "Ihr seid Affen, Affen seid ihr", hatte Huub Stevens über seine Spieler geschimpft. Und tatsächlich hüpfen im Stuttgarter Stadion in der 35. Minute Fußballer wie Affen über den Rasen. Martin Harnik hat mit einem Schuss aus kurzer Distanz tatsächlich die Partie gedreht. Stevens kritzelt wieder in seinen Notizblock, die wundersame Verwandlung seiner Spieler sieht er nicht.

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(Foto: Screenshot)

Halbzeitpause: Vor Anpfiff war der Abstiegskampf dramatisch, nach 45 Minuten ist er unerträglich geworden. Bleibt es bei diesen Ergebnissen, wäre keines der sechs Teams nach dem 33. Spieltag gerettet. Dafür liegen vier Teams gleichauf mit 32 Punkten am Tabellenende: Freiburg, Hannover, HSV und Paderborn. Ob alle Spieler aus der Kabine zurückkehren - oder es manchen zu viel wird?

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

54. Minute, FC Augsburg gegen Hannover 96: Hannover 96 sorgt für etwas Entspannung im Tabellenkeller. Briand flankt, zwei Augsburger und Torhüter Marwin Hitz springen auf Lars Stindl zu - doch der stochert den Ball souverän ins Netz. Wir erinnern jedoch: Noch nie gewann Hannover in dieser Saison ein Spiel, in dem Kapitän Stindl traf. Egal Hannover steht momentan auf dem 14. Rang.

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(Foto: dpa)

56. Minute, Hertha BSC gegen Eintracht Frankfurt: Das ist er der Klassenerhalt, oder? Salomon Kalou stibitzt sich den Ball und läuft frei auf Kevin Trapp zu. Der Ivorer will über den Torhüter chippen, doch der fährt die rechte Pranke aus. Kein Tor, kein Klassenerhalt. Die Champagnerflaschen in den Berliner Kneipen werden in den Kühlschrank zurückgestellt.

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(Foto: REUTERS)

57. Minute, SC Freiburg gegen FC Bayern: Rote Karte und Elfmeter in Freiburg, oder? Rafinha schubst Mehmedi im Strafraum, der Freiburger plumpst zu Boden. Dabei wäre der Ball direkt vor seinen Füßen gelandet. Doch Schiedsrichter Tobias Welz lässt weiterlaufen. Christian Streich raunt etwas, ein Lippenleser übersetzt: "Wettbewerbsverzerrung!" Ein paar Minuten später hämmert Schweinsteiger einen direkten Freistoß an die Latte. Der Streich-Lippenleser übermittelt diesmal: "Puuuh, nicht Lätschter."

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

88. Minute, Schalke 04 gegen SC Paderborn: Paderborn duelliert sich an diesem Nachmittag mit dem VfB Stuttgart um den Titel "Chancenvergeiger des Spieltags". Abstiegskampf kann ungerecht sein - und er ist es tatsächlich. 88 Minuten lang hat der westfälische Klub Schalke unter Druck gesetzt, als wäre er der FC Barcelona. Doch dann segelt ein langer Pass in den Strafraum. Schalkes Klaas-Jan Huntelaar will den Kopf hinhalten, doch Paderborns Uwe Hünemeier ist schneller. Eigentor! Paderborn fällt auf den letzten Tabellenplatz zurück. So tragisch wie 2001 die Meisterschaft der Herzen. Die Schalke-Spieler zeigen es nicht, doch sie haben sicherlich Mitleid.

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(Foto: Michael Probst/AP)

89. Minute, SC Freiburg gegen FC Bayern: In Freiburg entkommt in der 87. Minute der eingewechselte Nils Petersen allen Münchnern, der Schiedsrichter sagt Abseits - war es aber nicht. In der 89. Minute rutscht Petersen dann jedoch mit Bauch voraus über den Rasen, die Mitspieler lassen sich auf ihn fallen. Er hat tatsächlich doch noch getroffen! Der FC Bayern ist bezwungen, obwohl mittlerweile auch Thomas Müller, Philipp Lahm und Thiago Alcántara auf dem Platz stehen. Die Freiburger rennen nach Schlusspfiff über den Platz, sie schließen sich in die Arme. Als hätten sie erstmals in der Vereinsgeschichte die Meisterschaft geholt. Es ist jedoch nur der Platz 14. Streich rutscht auf dem Weg in die Kabine aus.

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

90. Minute, FC Augsburg gegen Hannover 96: In Augsburg zückt der Schiedsrichter eine Karte nach der anderen. 77. Minute: Gelb-Rot für Hannovers Hiroki Sakai. 90. Minute: Gelb-Rot für FCA-Kapitän Verhaegh, dann muss auch noch Teamkollege Raúl Bobadilla in die Kabine, er stößt Miiko Albornoz um. Dann ist Schluss. Hannover gewinnt erstmals in dieser Saison eine Partie, in der Stindl trifft. Es war höchste Zeit dafür.

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(Foto: Matthias Hangst/Getty Images)

Schlusspfiff: VfB-Krokodil Fritzle stürmt auf die siegreichen Affen zu, alle umarmen sich. Stevens kritzelt nichts mehr in seinen Block, er lacht tatsächlich. Labbadia dagegen realisiert: Es wird verdammt eng. Das wird es tatsächlich. Alle sechs Teams können am 34. Spieltag noch absteigen. Nicht einmal die Hertha rettet sich. Brutaler geht es nicht.

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