Wer würde schon viel Geld zahlen, um seinen Urlaub auf einer vielbefahrenen Straßenkreuzung mitten in der Großstadt zu verbringen? Und dann auch noch genüsslich durchatmen: So gut, die Luft! Schiffspassagiere machen dies, wenngleich sie ihren Liegestuhl an Deck und nicht am Gehweg zurechtrutschen. Dort weht nur vermeintlich eine frische Meeresbrise, vor allem wenn man seinen Platz hinter dem Schornstein gewählt hat: Messungen haben ergeben, dass die Feinstaubbelastung auf einem Kreuzfahrtschiff vier Mal so hoch ist wie an einer vielbefahrenen Straßenkreuzung.
Da ist es doch eine gute Nachricht, dass nun die Aida Nova - unter anderem wegen eines Brandes etwas verspätet - ihren Dienst auf See antritt und erst einmal ihre Runden um die Kanaren und nach Madeira dreht: Als bislang einziges Kreuzfahrtschiff fährt sie mit schadstoffarmem Flüssigerdgas (LNG) und hat Marinediesel nur zum Starten der Maschinen und für den Notfall dabei.
Also können sich nun Schiffstouristen mit reinem Gewissen übers Meer kutschieren lassen? Ja und nein.
Der LNG-Antrieb ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Er ist erfolgt, weil sich die Einstellung der Urlauber mit der wachsenden öffentlichen Kritik an den schwimmenden Dreckschleudern geändert hat. Sauber wird von den Kunden nachgefragt, ganz sauber läuft die Sache dennoch nicht.
"Wenn man schon eine Kreuzfahrt machen möchte, dann ist das aktuell mit der Aida Nova am umweltschonendsten. Allerdings: Die Aida Nova ist das graue unter den schwarzen Schafen", sagt Dietmar Oeliger, Verkehrsexperte beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Der Verband bringt jährlich ein Umweltranking für Kreuzfahrtschiffe heraus, in dem die deutschen Reeder zwar ganz oben stehen - aber nur mit ihren neuesten Schiffen. Und bis auf die Aida Nova halten alle an Schweröl als Treibstoff fest, die meisten ohne Stickoxid-Katalysatoren oder Rußfilter.
Da ist es also wirklich eine gute Nachricht, dass laut Reederei der Flüssiggas-Antrieb der Aida Nova den Ausstoß von Stickoxiden um bis zu 80 Prozent, die CO₂-Emissionen um 20 Prozent verringert. Allerdings könnten die entsprechenden Motoren noch besser werden, oft entweicht bei der Verbrennung zu viel Methan - ebenso wie schon bei der Lieferkette vom Bohrloch bis aufs Schiff, was wieder der Klimabilanz schadet: Wird zu viel Methan freigesetzt, schwindet der Vorteil gegenüber Marine-Diesel drastisch. Dieser ist schadstoffärmer als Schweröl, aber teurer und wird daher weniger eingesetzt.
Flüssiggas bleibt ein fossiler Brennstoff
Und es gibt noch einen Haken beim Flüssiggas: Es bleibt ein fossiler Brennstoff. Wird es gar in den USA mit umstrittenen Fracking-Methoden gewonnen, fällt die Umweltbilanz weitaus negativer aus. Daher fordert der Nabu, in Zukunft auch im Schiffsverkehr auf regenerative Energien zu setzen, sei es auf Kreuzfahrten oder Frachttransporten - Flüssiggas sei zwar löblich, aber nur eine Zwischenlösung.
Wie wirklich umweltverträgliche Lösungen aussehen könnten, bleibt die große Frage - vor allem wenn Reedereien nicht gezwungen sind, sie überhaupt ernsthaft zu stellen. Vielleicht wird man irgendwann doch wieder die Segel setzen.