Nach mir die Sintflut? Diese Einstellung könnte man einigen Kreuzfahrt-Passagieren, den meisten Reedereien und vor allem den Frachtschiff-Firmen vorwerfen: Deren Schiffe verpesten noch mit Schweröl die Luft auf hoher See - ohne Rußpartikelfilter. In der Kreuzfahrtbranche setzt erst langsam ein Umdenken ein, zumindest bei deutschen Anbietern.
Bald läuft die Aida Nova vom Stapel, Anfang Dezember ist Jungfernfahrt: als erstes Kreuzfahrtschiff, das vollständig mit flüssigem Erdgas (LNG) betrieben werden kann. Dies gilt derzeit als aussichtsreichste Technologie, wenn es darum geht, die Umweltbilanz des Schiffsverkehrs zu verbessern - allerdings ist das Flüssiggas ebenfalls ein fossiler Kraftstoff (lesen Sie hier mehr über Dreckschleudern auf den Ozeanen - und mögliche Lösungen). Doch da es das derzeit umweltfreundlichste Kreuzfahrtschiff auf dem Markt ist, landet es beim Kreuzfahrt-Ranking 2018 des Naturschutzbundes (Nabu) auf dem ersten Platz.
Geschichte der Kreuzfahrten:Es war einmal ein Traumschiff
Verheerende Klimabilanz, Billigflaggen, Massentourismus: Kreuzfahrten haben ein Imageproblem. Dabei hatte einst alles so klein und unschuldig angefangen.
"Alle anderen der 76 untersuchten Schiffe, darunter auch acht von neun Schiffen, die in diesem Jahr auf den Markt kommen, halten am dreckigsten aller Kraftstoffe, Schweröl, fest", kritisiert der Nabu. Besonders die Branchenriesen MSC Cruises, Celebrity Cruises und Royal Caribbean würden im Bereich Umweltschutz kaum etwas bieten.
Nur die deutschen Anbieter Hapag-Lloyd Cruises und Tui Cruises würden immerhin auf ihren neuesten Schiffen Stickoxid-Katalysatoren einsetzen und diese für Landstrom ausrüsten, "einen Filter für Rußpartikel sucht man aber auch hier vergeblich", so der Nabu.
"Ein Skandal, dass noch Schweröl-Schiffe auf den Markt kommen"
Im Hamburger Hafen etwa gibt es einen Anschluss für Landstrom, damit Kreuzfahrtriesen ihre Maschinen ausschalten können - doch genutzt wird er so gut wie nicht, denn: In Europa haben die meisten Schiffe gar keinen Stromanschluss, der zur Anlage passt.
"Es ist ein Skandal, dass im Jahr 2018 immer noch Schiffe auf den Markt kommen, die auf Schweröl als Treibstoff ausgelegt sind und keine wirkungsvolle Abgastechnik einsetzen", sagt Nabu-Geschäftsführer Leif Miller - nicht nur Besitzer alter Dieselautos dürften ihm hier beipflichten. Miller fordert, dass in mehr Hafenstädten und besonders schützenswerten Regionen "endlich Einfahrverbote für schmutzige Kreuzfahrtschiffe verhängt werden, wie dies in norwegischen Fjorden bereits der Fall ist" - um Anwohner und Natur zu schützen.
Die Umweltschutzorganisation nimmt auch verdeckte Messungen an Bord von Kreuzfahrtschiffen vor. Die Messmethoden hatte der Kreuzfahrtverband Clia in der Vergangenheit als nicht wissenschaftlichen Standard kritisiert. Seit 2015 dürfen Handels- und Kreuzfahrtschiffe sowie Fähren in Nord- und Ostsee nur noch mit einem Dieseltreibstoff unterwegs sein, der maximal 0,1 Prozent Schwefel enthält. Alternativ müssen die Abgase über eine Waschanlage an Bord (Scrubber) gereinigt werden.
Im vergangenen Jahr hatten Luftmessungen des Nabu bei einem Segeltörn von Warnemünde über Kiel und Husum nach Hamburg in Meeresgebieten abseits der Schifffahrtsrouten 800 bis 1200 Rußpartikel pro Quadratzentimeter gezeigt, unmittelbar hinter Schiffen teilweise mehr als 200 000.
Doch die Kosten für alternative Antriebsformen mit verflüssigtem Erdgas (LNG) oder Brennstoffzellen sind hoch - mit ein Grund, weshalb die Systeme noch nicht weit in der Branche verbreitet sind.