Luxus-Hotel am Gardasee:Wohnen wie Milliardäre

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Infinity-Pool mit Blick auf den Lago, entworfen von Richard Meier. Wer es möchte, und es sich auch leisten kann, kann sich einen Butler und einen Koch kommen lassen. (Foto: Eden Reserve, Hotel & Villas)

Berühmte Architekten haben die Hotelanlage "Villa Eden" am Westufer des Gardasees gestaltet. Was bekommt man für 10 000 Euro pro Nacht?

Von Gerhard Matzig

Der Garten Eden ist schon oft entdeckt worden. Ein britischer Ägyptologe, David Rohl, vermutet das biblische Paradies, aus dem sich unsere antiautoritär geneigten Urahnen in pädagogisch fragwürdiger Weise vertreiben lassen mussten, in Ost-Aserbaidschan. Andere Wissenschaftler verorten dagegen den "Garten der Wonne", der im Neuen Testament auch als "Ort der Seligen" bezeichnet wird, in Südostanatolien. Kann ja alles sein. Das Paradies, nach dem seit Anbeginn des Christentums gesucht wird von den Schatzsuchern der Kultur- und Glaubensgeschichte, könnte sich René Benkos Interpretation zufolge aber auch in der Via Ronciglio 51a in Gardone Riviera befinden. Also am Gardasee. Wo auch sonst.

Wie sich das für ein zeitgemäßes Paradies gehört, ist die "Villa Eden" ein "Luxury Resort". Also ein Mittelding aus Wonne und Seligkeit - und quasi erst im Nebenberuf auch eine erlesen situierte Hotelanlage samt Klubhaus, Suiten, Restaurant, Spa, Wellnessareal und, das ist das Besondere daran, architektonisch überaus ambitioniert und ausgesprochen mondän gestalteten Villen. Inklusive Villen-Pools, Villen-Gärten, Villen-Mobiliar und, wenn man will, einem villenartigen Rundum-sorglos-Butlertum samt Bespielung der adipösen Villen-Küchen durch den Villen-Koch. Matteo Thun, David Chipperfield, Richard Meier: Das sind die weltbekannten Architekten, die aus dem Resort am Westufer des Gardasees eine einzigartige Bauausstellung gemacht haben - zugleich Hotelanlage und Mustersiedlung zeitgemäßer Baukunst. Man wünscht sich fast, ein Filmemacher wie Federico Fellini ("La dolce vita") hätte dieses Setting der Italien-Sehnsucht noch erleben dürfen.

Ebenfalls von Richard Meier entworfen ist diese Villa. Insgesamt beherbergt das Gelände bislang sieben Villen. (Foto: Eden Reserve, Hotel & Villas)

Wobei der Trend zur architektonischen Aufwertung im Hotelbusiness auch so immer dominanter wird. "Architektourismus" ist schon längst eine Typologie für sich - aber immer öfter überbieten sich Hotelunternehmer mit Architektursammlungen, die auf sich aufmerksam machen wollen. In Wien wird in diesem Zusammenhang das grandiose Boutique-Hotel "Altstadt Vienna" von diversen Architekten, Designern und Künstlern individuell gestaltet: Zimmer für Zimmer. Und in China, bei Peking, ist das Hotel "Commune By The Great Wall" eine einzigartige Leistungsschau der asiatischen Baukunst, unterstützt und ausgestattet von Designern wie Philippe Starck, Karim Rashid und Marc Newson.

Angefangen hat, was das Eden-Projekt hinter dem Brenner betrifft, alles mit einem sensationell naturschön gelegenen Grundstück am Gardasee, das dem österreichischen Milliardär, Immobilienunternehmer und Investor Benko vor einigen Jahren so wonniglich erschien als Glücksversprechen, dass er dort eines seiner privaten Ferienhäuser errichten ließ. Und zwar vom Architekten Marc Mark, der inzwischen als "Architekturdesigner" firmiert und zuvor für das Innsbrucker Büro ATP Sphere tätig war. Benko, inzwischen 44 Jahre alt (und laut Forbes bald fünf Milliarden Dollar reich), stammt wie Mark aus Innsbruck, wo er Mitte der Neunzigerjahre darauf verzichtete, auf sein Abitur zu bauen - um alte Dachböden zu architektonisch bemerkenswerten, stadtsoziologisch aber möglicherweise ruinösen Luxusdomizilen umzubauen.

Oberhalb von Gardone Riviera hat man schon immer gern prachtvolle Paläste gebaut

Das hat sich bezahlt gemacht. Für ihn. Benko ist inzwischen ein Immobilientycoon, bei dem sich Grund und Boden zu einem nahezu bodenlosen Reichtum verdichtet haben. An Luxushotels ist der ehemalige Dachkammer-Interpret ebenfalls interessiert: Das gilt für das Park Hyatt in Wien, das Chalet N in Lech oder das traditionsreiche Hotel Bauer in Venedig. Zu den ferneren Provinzen dieses Imperiums gehört seit einiger Zeit auch das Hideaway oberhalb von Gardone Riviera, wo prachtvolle Paläste schon immer zur Baugeschichte gehören.

Am Gardasee, eingebettet in einen knapp 80 000 Quadratmeter großen, topografisch geschickt modulierten und mit Olivenbäumen und Zypressen zeichenhaft akzentuierten Naturpark, trägt das Projekt die Paradieshaftigkeit ja schon im Namen: "Villa Eden". Die terrassierte Landschaftsarchitektur (nach einem Entwurf von Enzo Enea, der in Architectural Digest als "Baum-Meister" gewürdigt wird) beherbergt bis jetzt insgesamt sieben Villen.

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Das gelegentliche Feriendomizil der Familie Benko wurde von ATP Sphere entworfen. Marc Mark hat aber noch zwei weitere Villen im Bauhausstil realisiert. Die größte Behausung, Villa Ovest, umfasst eine Bruttogeschossfläche von 1620 Quadratmetern. Zur Frage, wie man so viel Raum elegant und zugleich wohnlich nutzen kann, wäre einiges anzumerken. Hier nur so viel: Mitunter wird in der Raumkunst der Luxusklasse die Qualität mit der Quantität verwechselt. Nicht die Anzahl der Quadratmeter ist entscheidend, sondern deren Fügung. Putin müsste das mittlerweile auch bitter ahnen, sofern das seltsame Schloss an der Schwarzmeerküste, in das halb Monaco passt, tatsächlich seines ist.

David Chipperfield hat im Gegensatz zu solch neoklassizistischen Delirien zwei ganz aus dem Geist des Ortes und typologisch sinnvoll entwickelte, einerseits gestisch kraftvolle, andererseits einfache, klare, sich nicht zu wichtig nehmende und angenehm proportionierte Kuben der Anlage implantiert. Von Matteo Thun stammen das zentrale Klubhaus und eine Villa - und Richard Meier, unverkennbar, hat seine weithin ausstrahlende Geometrie aus weißen Metallpaneelen dramatisch in den Hang gesetzt. Von den sieben Villen, die unterschiedlich gelungen eingerichtet wurden, sind fünf zu mieten. Eine weitere Villa soll demnächst erbaut werden. Das Grundstück dafür ist bereits vorbereitet. Die Planungen laufen.

Säulen und Zypressen: David Chipperfield hat sich für seine beiden Villen inspirieren lassen von der für die Gardasee-Region typische "Limonaia"-Architektur. (Foto: Eden Reserve, Hotel & Villas)

Herauszuheben aus dem Kanon der Villenarchitektur, deren Innenleben angesichts der architektonischen Ambition bisweilen auch enttäuschen kann und an das geschmacklich fragwürdige Sammelsurium der Frankfurter Einrichtungsmesse "Ambiente" erinnert, ist übrigens die Arbeit der Münchner Innenarchitekten Landau + Kindelbacher. Sie haben kongenial mit Chipperfield Architects zusammengearbeitet und etwas tatsächlich Schönes realisiert, das nicht lediglich aus zu viel Geld, sondern auch aus viel Geschmack, aus Raum-, Form- und Farbsinn besteht.

Auch die Villa von René Benko kann gemietet werden, entworfen hat sie der Architekt Marc Mark. (Foto: Hotel Eden Reserve)

Chipperfield hatte sich für seine beiden Villen inspirieren lassen von der für die Gardasee-Region typische "Limonaia"-Architektur, wie sie zum Beispiel am nördlichen Seeabschnitt in Limone sul Garda bewundert werden kann. Diese Zitronengewächshäuser, die mit der terrassierten Berg-Tektonik eine Fusion aus Landschaft, Agrikultur und Baukunst ausbilden, sind charakteristisch für die gesamte Region. Steinern aufgemauerte Stützen, die hölzerne Querbalken aufnehmen und so eine funktionale, aber wirkungsvoll rhythmisierte Architektur erhabener Einfachheit ausbilden, waren anregend für David Chipperfield. Er hat das Eden-Resort um zwei perfekt in die Landschaft sich fügende Villen bereichert.

Die Chipperfield-Villen sind im Reigen der Luxushäuser deshalb so überzeugend, weil sie vergleichsweise schlicht im besten Sinn des Wortes geraten sind - und räumlich dennoch, vielleicht aber auch gerade deshalb, erhaben wirken. Wer das genießen will samt spektakulärem Blick über die Seeschönheit, der ist pro Tag und Halbpension mit 10 500 Euro dabei. Wer alle Villa-Eden-Inneneinrichtungen kennt, die gelegentlich auch mal eher an Putin als an das Paradies erinnern, wird nicht traurig, sondern dankbar dafür sein, von mancher Bizarrerie des Lebens schon preislich verschont zu bleiben.

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