Die Ampelkoalition verhindert einen Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Hamburger Warburg-Affäre und der Rolle von Olaf Scholz in dem Steuerskandal. In einem Schreiben an die Unionsfraktion erteilte die Koalition dem Ansinnen der Opposition am Montag eine Absage. Im Kern wirft sie der Union vor, mit den vor ihr formulierten Fragen für den Ausschuss die Rechte des Landes Hamburg zu verletzen und die Kompetenzen des Bundestages zu überschreiten. Der Untersuchungsauftrag müsse sich "grundsätzlich auf das Handeln der Bundesregierung beziehen", heißt es in dem Schreiben. Dies habe auch eine Expertenanhörung ergeben, in der die überwiegende Mehrheit der Sachverständigen die Position der Ampelfraktionen geteilt habe.
"Die verfassungsrechtlich unzulässige Stoßrichtung Ihres Antrags ist es, nicht Handeln der Bundesregierung, sondern Vorgänge der Landesebene zu untersuchen, was auch im Rahmen der Steuerverwaltung nach Ansicht der meisten Sachverständigen so nicht zulässig ist", heißt es in dem Schreiben der Ampelfraktionen. Zwar erkenne man an, dass die Union Änderungen zu einzelnen Fragen vorgelegt habe. Die vorgeschlagenen Änderungen gingen aber nicht weit genug, sodass es bei der "Verfassungswidrigkeit" der meisten Fragen bleibe.
"Die Argumente der Ampel überzeugen nicht", sagt die Union
Die Union will in der Warburg-Affäre auch die Rolle von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) während seiner Zeit als Erster Bürgermeister von Hamburg untersuchen. Scholz hatte dreimal den damaligen Warburg-Chef Christian Olearius getroffen, der sich angesichts seiner Probleme mit dem Finanzamt politischen Beistand wünschte. Das Hamburger Finanzamt verzichtete Ende 2016 zunächst auf eine Steuerrückforderung in Höhe von 47 Millionen Euro gegen die Bank. Diese wurde aber später doch noch geltend gemacht.
Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist ein im Grundgesetz verankertes Minderheitenrecht. Die Union verfügt auch über die nötige Stimmenzahl von mindestens 25 Prozent der Abgeordneten. Die Minderheitenrechte seien "für uns von höchster Relevanz", heißt es in dem Schreiben der Ampelfraktionen. Man habe sich deshalb intensiv um eine Lösung bemüht.
Das bestreitet die Union jedoch. "Die Ablehnung unseres Antrags ist eine bislang einmalige, gefährliche Missachtung eines grundgesetzlich garantierten Minderheitenrechts", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, der Süddeutschen Zeitung. "Die Argumente der Ampel überzeugen nicht. Würde man dieser Argumentation folgen, hätte es Untersuchungsausschüsse wie zum Beispiel die zu Anis Amri, NSU oder Gorleben im Bundestag nie geben dürfen." Bei vielen Themen seien "Bundes- und Länderinteressen berührt". Die "effiziente Untersuchung des Sachverhalts" müsse "auch in solchen Fällen eine konzentrierte Prüfung möglich machen". Gegen die Ablehnung des Antrags werde man deshalb "unverzüglich das Bundesverfassungsgericht anrufen".
Grüne lösen Irritationen aus
Über den Antrag der Unionsfraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses muss zunächst der Geschäftsordnungsausschuss des Parlaments beraten, die endgültige Entscheidung trifft dann der ganze Bundestag. Am Montagabend kam der Geschäftsordnungsausschuss zusammen. Dort kam es aber noch nicht zur Abstimmung. Die Grünen meldeten noch einmal Beratungsbedarf an. Der Ausschuss vertagte sich deshalb auf den heutigen Dienstag. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Patrick Schnieder, kritisierte die Vertagung als "sachlich nicht nachvollziehbar". Außerdem sei es "unverständlich", dass derselbe Grünen-Abgeordnete, der gemeinsam mit Kollegen der anderen beiden Ampelfraktionen den Brief an die Union geschrieben habe, im Ausschuss Beratungsbedarf angemeldet habe. Das deute "darauf hin, dass auch hier Chaos und Uneinigkeit in der Ampel herrscht".