Wahlkampf:Union und FDP zanken - die SPD hofft

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CDU-Vize Schavan fordert von Christsozialen und Liberalen ihre Dauerfehde zu stoppen, aus der FDP kommt derweil eine neue Attacke - die SPD freut es.

Knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat die stellvertretende CDU-Vorsitzende Annette Schavan die Schwesterpartei CSU und die FDP aufgefordert, einen Wahlsieg von Schwarz-Gelb nicht durch überzogene Eigenvermarktung zu gefährden. "Ich appelliere an FDP und CSU, die künftig gemeinsam regieren wollen, jetzt endlich ein Gewissen für das schwarz-gelbe Projekt als Ganzes zu entwickeln", sagte die Bundesforschungsministerin dem Handelsblatt. "Die Menschen erwarten jetzt weniger Klientelpolitik und weniger Beliebigkeit, sondern Antworten auf die Frage, wie wir zu mehr Gerechtigkeit und Fairness in der Gesellschaft kommen."

Tendenzen, die große Koalition fortzuführen

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel hält das Rennen noch nicht für gelaufen. "Und wir wollen nicht, dass es die Union erneut vergeigt", sagte er der Fuldaer Zeitung. Er sehe eindeutig Tendenzen in der Union, die große Koalition fortzuführen.

"Wenn die Kanzlerin erklärt, dass der Murks der Gesundheitsreform von Ulla Schmidt weitergeführt werden soll, kann man das auch als Aussage für die Weiterführung der großen Koalition verstehen." Der CSU hielt Niebel vor, sie müsse "das Wort Koalition schreiben lernen. Und ihr Chef Horst Seehofer muss lernen, seine Meinung nicht mehrmals täglich zu ändern."

Die SPD sieht ihre Wahlchancen durch die Dauerfehde zwischen CSU und FDP erhöht. "Merkels Schlafwagen-Wahlkampf gerät ins Hintertreffen, weil ihre eigenen Reihen nicht mehr mitspielen", sagte der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, zu Handelsblatt.com. Union und FDP hätten geglaubt, "die Katze schon im Sack" zu haben. Doch der Durchmarsch sei gestoppt. "Nun wird den Menschen langsam klar, was droht, wenn Schwarz-Gelb Wirklichkeit werden sollte."

Rot-Rot nicht weiter ausschließen

Der Chef der niedersächsischen SPD-Landtagsfraktion, Wolfgang Jüttner, forderte seine Partei auf, vor Wahlen künftig keine rot-roten Bündnisse mehr auszuschließen. Aktuell sei ein Bündnis mit der Linken nach der Bundestagswahl jedoch nicht möglich, sagte Jüttner der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Er beklagte Probleme für die SPD im Wahlkampf, die sich aus der großen Koalition ergäben. Das Kanzleramt profitiere "unverkennbar von der großen Koalition, die wir nicht wollten, die aber aufgrund des Wahlergebnisses von 2005 nicht zu verhindern war". Die Sozialdemokraten litten aber auch unter der Aufgabe früherer typischer Positionen, vor allem im "Bereich soziale Gerechtigkeit".

Anpassung der Krankenkassenbeiträge

Die CSU will derweil den Gesundheitsfonds nach der Bundestagswahl stark verändern. "Wir müssen den Gesundheitsfonds an einigen Stellen umbauen, damit wir dauerhaft zu ihm stehen können", sagte CSU-Chef Horst Seehofer der Sächsischen Zeitung. Er forderte, der Fonds brauche "eine stärkere Regionalisierung". Die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung müssten in den Bundesländern wieder unterschiedlich hoch sein dürfen. Überdies sei der Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen "zu kompliziert und viel zu bürokratisch", sagte Seehofer. "Das müssen wir vereinfachen."

Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) sagte, es gelte, "das Gute zu bewahren und das Schlechte abzuschaffen". Der Fonds führe zu einer "grundlegenden Umverteilung zu Lasten Bayerns", sagte der Politiker der Passauer Neuen Presse. Die Menschen im Freistaat würden "überproportional hoch belastet" und erhielten "eine schlechtere Versorgung".

Keine neoliberalen Tendenzen

Nach den Worten von Parteichef Horst Seehofer will sich die CSU in einer möglichen schwarz-gelben Bundesregierung gegen neoliberale Tendenzen stellen. "Die CSU und ich persönlich haben klipp und klar erklärt, dass es keine neoliberalen Reformen im Arbeits- und Sozialbereich geben wird", sagte der bayerische Ministerpräsident der Sächsischen Zeitung.

"Der neoliberale Zeitgeist ist gescheitert und wird nicht wiederbelebt", sagte Seehofer. Sollte jemand anderer Meinung sein, "werden wir dafür sorgen, dass daraus nichts wird". Die CSU bleibe "die Schutzmacht der kleinen Leute". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die mit weitreichenden Reformplänen in die Bundestagswahl 2005 gegangen war, habe aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre gelernt. "Denken Sie an die weitreichenden Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die sich vor gut einem Jahr noch niemand vorstellen konnte. Die Kanzlerin hat daraus die richtigen Konsequenzen gezogen", sagte Seehofer.

© dpa/ddp-bay/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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