US-Wahl 2020:Die Demokraten verzichten auf "big money"

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Wollen auf Großspenden verzichten: führende Demokraten im Wahlkampfmodus (Foto: Getty/AP/AFP)
  • Erste Daten über die Spendeneingänge der demokratischen Präsidentschaftskandidaten legen Stärken und Schwächen bloß.
  • Bernie Sanders liegt deutlich vorn. Nur in Umfragen muss er sich bisher einem Demokraten geschlagen geben, der noch gar nicht angetreten ist.
  • Während eine angesehene Senatorin ins Schlingern gerät, landet der Bürgermeister einer Stadt in Indiana einen Überraschungserfolg.

Von Thorsten Denkler, New York

John Delaney ist schon im Bettelmodus. Für jeden neuen Spender, der ihm Geld für seine Kampagne gibt, will er zwei Dollar an eine wohltätige Organisation geben, kündigte er Mitte März an. Der frühere Kongressabgeordnete aus Maryland will wie inzwischen 15 weitere Demokraten 2020 Präsident der Vereinigten Staaten werden. Er hat allerdings drei gravierende Probleme: In den Umfragen liegt er unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Er hat noch keine 65 000 Dollar an Spenden eingesammelt. Und offenbar nicht genug individuelle Spender, um es nach den neuen Spielregeln der Demokraten auf die großen Debatten-Bühnen zu schaffen.

Ende Juni werden dort erstmals die erfolgreichsten Kandidaten vor einem landesweiten TV-Publikum sich und ihre politische Agenda vorstellen können. Wer es nicht mindestens auf diese Bühnen schafft, der dürfte in den Anfang 2020 beginnenden Vorwahlen der Demokraten ziemlich chancenlos sein.

Ausgerechnet zwei alten weißen Männern dürfte das nicht schwer fallen. Sie führen die Umfragen mit großem Abstand an. An der Spitze der Vizepräsident unter Barack Obama, Joe Biden, 76 Jahre alt. Im Schnitt aller bisherigen Umfragen kommt er auf 28,8 Prozent. Dabei hat er seine Kandidatur noch gar nicht verkündet. Stattdessen wird er gerade mit der Frage konfrontiert, ob es unschicklich ist, einer ihm bekannten Frau von hinten an die Schultern zu greifen, um ihr einen Kuss auf den Hinterkopf zu geben. Aber das ist eine andere Geschichte.

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An Position zwei in den Umfragen, sieben Prozentpunkte hinter Biden: Bernie Sanders, 77 Jahre alt, Senator aus Vermont. Er ist bereits jetzt fast so alt, wie Donald Trump wäre, wenn der Anfang 2025 das Weiße Haus endgültig verlassen müsste, sollte er im kommenden Jahr wiedergewählt werden.

Sanders hat schon aufgrund seiner Zustimmung in den Umfragen kein Problem mit den neuen Regeln der Demokraten. Die besagen: Wer auf die Bühne will, der muss entweder in Umfragen auf mindestens ein Prozent Zustimmung kommen oder mindestens 65 000 individuelle Spender aus 20 Bundesstaaten vorweisen können. Außerdem kommen in den ersten beiden geplanten TV-Debatten nur die stärksten 20 Kandidaten zum Zug, je zehn in jeder Debatte. Bisher gibt es zwar erst 16 Kandidaten. Aber es wird erwartet, dass noch eine ganze Reihe hinzukommen werden.

Sanders aber hat seinen Platz auf der Bühne sicher. Auch weil er genug Spenden sammelt. Zum Ende des ersten Quartals 2019 haben einige Kandidaten diese Woche erste Zahlen offengelegt, darunter Sanders. Er konnte 18 Millionen Dollar sammeln. Das Geld kommt von fast 525 000 einzelnen Spendern. Bereits in den ersten 24 Stunden seiner Kandidatur hat er 5,9 Millionen Dollar sammeln können.

Nur der texanische Shootingstar Beto O'Rourke hat diesen 24-Stunden-Wert mit 6,1 Millionen Dollar überboten. Am Mittwoch hat O'Rourke auch seine Zahlen für das Quartal veröffentlicht: 9,4 Millionen Dollar, 218 000 Spenden. Unklar ist, wie viele Einzelspender tatsächlich dahinter stecken. O'Rourke ist erst Mitte März in das Rennen eingestiegen. Er hat das Geld in 18 Tagen zusammenbekommen. Sanders hatte für seine 18 Millionen Dollar einen Monat mehr Zeit. Wie es genau um die Finanzen von O'Rourke steht, wird sich am 15. April zeigen. Bis dahin müssen alle Kandidaten ihre Bücher gegenüber der Bundeswahlkommission offenlegen.

Sanders dürfte aber auch danach noch weit vor allen anderen Kandidaten liegen. Auf Rang zwei findet sich seine Senatskollegin Kamala Harris aus Kalifornien. Sie hat am Montag einen Spendeneingang von zwölf Millionen Dollar vermeldet, sagt aber nicht, wie viele Spender dahinter stehen. Sie hatte schon Mitte Januar ihre Kandidatur verkündet. In den Umfragen liegt sie mit im Schnitt 9,8 Prozent auf Rang drei nach Biden und Sanders.

Geld ist immer noch der wichtigste Faktor im US-Wahlkampf

Ziemlich abgeschlagen ist dagegen schon jetzt die eigentlich populäre Senatorin Elizabeth Warren aus Massachusetts. Das gilt für die Umfragen, in denen sie nur auf 5,7 Prozent kommt. Und wohl auch für die Geldfrage. Aktuelle Zahlen liegen zwar noch nicht vor. Aber sie hatte angegeben, am ersten Tag ihrer Kandidatur überschaubare 300 000 Dollar eingenommen zu haben. Wie gut, dass sie noch etwa elf Millionen Dollar aus ihrem erfolgreichen Senatswahlkampf 2018 in der Kasse hat. So hat sie etwas Luft, um im Rennen zu bleiben.

Einen Überraschungserfolg konnte der Bürgermeister der 100 000-Einwohner-Stadt South Bend im Bundestaat Indiana und einzig bekennende Homosexuelle im Rennen vermelden. Ende Januar gestartet, gelang es Pete Buttigieg, etwa sieben Millionen Dollar an Spenden einzunehmen. In den nationalen Umfragen liegt er bei 2,3 Prozent. Und das obwohl ihn außerhalb von South Bend kaum jemand kennen dürfte.

Kamala Harris und Elizabeth Warren sind gegen ihn politische Schwergewichte, die es schon vor ihrer Kandidatur auf nationaler Bühne zu einer gewissen Popularität gebracht haben. Dass sie nur verhältnismäßig knapp vor Buttigieg liegen, ist jetzt schon ein Riesenerfolg für ihn.

Geld ist der wichtigste Faktor im US-Wahlkampf. An den Spendeneinnahmen wird die Erfolgsfähigkeit der Kandidaten bemessen. Die schlichte Rechnung: Wer das meiste Geld sammelt, der wird am ehesten eine Präsidentschaftswahl gewinnen können. Doch ist Geld neuerdings nicht mehr das alles Entscheidende im demokratischen Rennen. Auch die Zahl der Spender zählt, um an den wichtigen TV-Debatten teilnehmen zu können. Damit bekommen unbekanntere Kandidaten eine Chance.

Fast alle Kandidaten folgen zudem den immer lauter werdenden Rufen der demokratischen Anhänger, auf "big money" zu verzichten. Was das bedeutet, lässt sich an den Zahlen gut ablesen. Den 18 Millionen Dollar von Sanders stehen 47 Millionen Dollar gegenüber, die Hillary Clinton im ersten Quartal ihres Präsidentschaftswahlkampfes eingenommen hat. Clinton hat sich vor allem auf Großspenden verlassen. Sanders, Warren und die anderen wollen hingegen das ganz große Geld außen vor lassen, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, käuflich zu sein.

Wobei die Kandidaten durchaus unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was "big money" ist. Sanders und Warren etwa wollen ganz auf das Geld reicher Spender verzichten. Sie lassen sich deshalb nicht mal auf Spenden-Dinner hinter verschlossenen Türen ein, auf denen sich wohlhabende Amerikaner bitten lassen, ihre Geldbörsen zu öffnen. Warren hatte darüber intern sogar Streit mit ihrem Finanzchef Michael Pratt, weil sie trotz schlechter Spendenausbeute zumindest während der Vorwahlen keine Großspenden akzeptieren will. Er verließ ihre Kampagne Ende vergangener Woche.

Andere Kandidaten wie die Senatoren Amy Klobuchar aus Minnesota oder Cory Booker aus New Jersey wollen dagegen nur auf die Unterstützung der sogenannten Politischen Aktionskomitees verzichten. Diese PACs, auch Super PACs genannt, sind Wahlhilfevereine, in die meist Unternehmen und Superreiche unbegrenzt Geld hineinpumpen können. Mit dem Geld werden in der Regel über Medienkampagnen gezielt bestimmte Kandidaten unterstützt, Gegenkandidaten angegriffen oder bestimmte Ideen gefördert oder mies gemacht.

Die meisten der heute mehr als 4600 PACs in den USA stehen in der Kritik, weil sie sehr viel Geld im Namen weniger Menschen in Wahlen investieren. Sie haben damit großen Einfluss auf den Wahlausgang. Und natürlich verbinden die Geldgeber hinter den PACs das mit der Erwartung, dass sich die begünstigten Kandidaten später offen für ihre Ideen zeigen. Um es vorsichtig zu formulieren.

Der Verzicht könnte die Kandidaten allerdings auf kurz oder lang in Schwierigkeiten bringen. Die Republikaner und speziell US-Präsident Donald Trump werden alles Geld nehmen, das sie kriegen können, um den Präsidentschaftswahlkampf zu gewinnen. Es geht um mehrere Hundert Millionen Dollar, die aufgebracht werden müssen, um Hunderte von Mitarbeiten, TV- und Radio-Spots, Internet-Werbung, Reisen, Hallen und so weiter bezahlen zu können. Die große Frage wird sein, ob die Demokraten Trumps Wahlkampfmaschine mit kleinen Einzelspenden etwas entgegensetzen können.

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