Er hat ja alles versucht. Sogar den Mond versprach Newt Gingrich seinen Landsleuten, für den Fall, dass er der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird. Und immer ist Gingrich laut. Sehr laut. Er polterte sich durch Fernsehdebatten und Wahlkampfreden, ein rhetorischer Grenzgänger.
Vor ein paar Tagen erst fragte er noch perfide, warum Barack Obama sich so verhielt, dass die Menschen glaubten, der Präsident sei ein Muslim. Und als der demokratische Amtsinhaber zum Fall Trayvon Martin erklärte, hätte er einen Sohn, sähe er aus wie der erschossene Teenager, kommentierte Gingrich suggestiv-bösartig: "Wäre es also okay gewesen, wenn der Erschossene ein Weißer gewesen wäre, weil der dann nicht wie Obama aussieht."
Doch all die Polemik hat nichts genützt, die Republikaner wählen Gingrich bei den Vorwahlen nicht. Nicht mehr. Gingrich zieht jetzt Konsequenzen. Kapitulation? Nein! Radikaler Strategiewechsel.
Der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses hat eingesehen, dass es für ihn nicht mehr möglich ist, die nötige Zahl an Delegierten für den Nominierungsparteitag der Republikaner im August zu sammeln, bei dem der Herausforderer von US-Präsident Barack Obama bestimmt wird. Zu viel Vorsprung haben mittlerweile sein Erzfeind Mitt Romney und Rick Santorum.
Gingrich dampft deshalb laut dem Washingtoner Insidermagazin Politico seinen Wahlkampf auf ein Minimum ein, entlässt ein Drittel seiner Wahlkampfmitarbeiter. Auch der Posten des Wahlkampfmanagers wurde neu besetzt. Gingrich setzt jetzt alles auf eine Karte.
Der 68-Jährige hofft offenbar, dass weder Romney noch Santorum bis dahin die nötigen 1144 Delegieren zusammenbekommen werden. Und wenn Romney mit der letzten Vorwahl nicht diese Zahl an Wahlmännern hinter sich versammelt hat, dann "wird er das auch auf dem Parteitag nicht schaffen, wo die überwiegende Mehrheit der Delegierten konservativ ist", glaubt sein Pressesprecher Joe DeSantis. Es käme dann zu einer Kampfabstimmung, wie es sie bei den Republikanern seit 1976 nicht mehr gegeben hat. Und die glaubt Gingrich gewinnen zu können - möglicherweise nach einer großen Rede.
Die Republikaner hatten sich in den vergangenen Wochen zunehmend hinter den als moderat geltenden Romney versammelt, der das Rennen mit großem Vorsprung anführt. Vor allem innerhalb des Partei-Establishments hatte Gingrich kaum Unterstützer gefunden. Er war einige Zeit der Favorit der Tea Party, der einfachen Leute, der Konservativen - bis ihm Rick Santorum auch noch diese streitig machte.
Gingrich hatte sich in den vergangenen Wochen vor allem auf die Vorwahlen im Süden der USA konzentriert. Dort hoffte er Santorum schlagen und das Momentum zurückgewinnen zu können, das so wichtig ist im US-Vorwahlkampf - und das Gingrich seit seinem Sieg in South Carolina im Februar mittlerweile vollständig eingebüßt hat.
Was auf die Hoffnung folgte, war ein Rückschlag nach dem anderen. Gingrich gewann zwar in seinem Heimatstaat Georgia, doch in Mississippi, Louisiana oder Alabama hatte er keine Chance gegen seinen erzkonservativen Rivalen.
Es war nach diesen vernichtenden Niederlagen nur noch eine Frage der Zeit, bis Gingrich eine Reaktion zeigte. Denn auch finanziell steht Gingrichs Kampagne - trotz der Unterstützung durch einen Kasino-König - desaströs da. Bereits im Februar hatte Gingrich der Washington Post zufolge mehr Schulden (1,6 Millionen Dollar), als verfügbare Mittel (1,5 Millionen Dollar).
Die Frage war nur noch: Schmeißt er endlich hin und überlässt das Feld auf dem rechten Flügel Santorum? Oder zaubert er noch einmal eine neue Strategie aus seinem mächtig verbeulten Republikaner-Zylinder?
Es überrascht nicht, dass der Sturkopf Gingrich sich treu bleibt und sein Süppchen weiter kocht - wenn auch auf kleinerer Flamme. Pressesprecher DeSantis sagte dem Insidermagazin Politico, man konzentriere sich jetzt ausschließlich darauf, das zu erreichen, was es braucht, um die Abstimmung auf dem Nominierungsparteitag in Tampa, Florida zu gewinnen.
Sein Wahlkampfteam wird sich deshalb in den kommenden Monaten darauf konzentrieren, Gingrich als den Mann großer Ideen darzustellen, der als Einziger dazu in der Lage ist, Obama zu schlagen. DeSantis will "the core Gingrich", also den Markenkern des Kandidaten herausstellen. Diesen mit wenig Geld herauszuarbeiten, das wird die Herausforderung für sein Team sein. Es setzt dabei auf Kommunikationsmittel, die wenig kosten. Statt persönlich Wahlkampf in den einzelnen Staaten zu machen, wird Gingrich jetzt auf kostengünstigere Strategien umschwenken - und vor allem das Internet und Social Media für seine Zwecke zu nutzen versuchen.
Dennoch: Die Chancen für den früheren Sprecher des Repräsentantenhauses auf dem Nominierungsparteitag sind gering. Viele Republikaner wünschen Gingrich schon lange zurück in die zweite Reihe, wollen sich endlich auf den Kampf Romney gegen Santorum und vor allem auf den gegen Obama konzentrieren. Doch der sture Hitzkopf, der brillante Redner, er fühlt sich offenbar stark genug für das große, das letzte Gefecht. Im August, in Tampa.