Finanziers der US-Republikaner:Die Milliardäre hinter Romney und Santorum

Lesezeit: 7 Min.

Der Vorwahlkampf der Republikaner verschlingt riesige Summen, der Einfluss konservativer Großspender wächst. Ihre Milliarden haben diese Männer mit Öl, Kasinos, Finanzspekulationen oder im Silicon Valley gemacht. Genauso unterschiedlich wie ihre Karrieren sind ihre politischen Prioritäten. Es eint sie nur ein Wunsch.

Matthias Kolb, Washington

In einem sind sich alle Beobachter einig: Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf 2012 wird der teuerste aller Zeiten werden. 2008 verfügte Barack Obama über eine Dreiviertelmilliarde Dollar, dieses Mal wird der Demokrat wohl eine Milliarde ausgeben können. Auch die vier Bewerber der Republikaner werben überall um Zuwendungen - für ihre Kampagnen und für die Super-Pacs, jene offiziell unabhängigen Wahlvereine, an die Firmen und Privatpersonen unbegrenzt spenden können ( Hintergründe zum Thema Super-Pac in diesem SZ-Artikel).

Zum Öffnen der Graphik klicken Sie bitte in das Bild.

Soeben hat die Bundeswahlkommission (Federal Election Commission) veröffentlicht, welche Personen welche Summen an welches Super-Pac überwiesen haben. Ein Blick auf die neuesten Zahlen zeigt, dass die Wahlvereine der vier Kandidaten allein im Januar mit 22,1 Millionen Dollar mehr Geld einnahmen als die Kandidaten selbst - und auch mehr ausgegeben haben. Dies führt nicht nur die New York Times zu der Schlussfolgerung, dass der Einfluss der Super-Pacs auf den Wahlkampf der Republikaner immer weiter wächst - und damit das Gewicht von wenigen superreichen Konservativen, die ihre Lieblingskandidaten mit reichlich Spielgeld versorgen.

Süddeutsche.de porträtiert die wichtigsten Figuren in diesem Millionen-Poker und beleuchtet, was Sheldon Adelson, Foster Friess, Peter Thiel oder John Paulson mit ihren Favoriten verbindet. Denn die Karrieren der Männer sind ebenso unterschiedlich wie ihre Prioritäten - sie eint nur der Wunsch, eine zweite Amtszeit von Barack Obama zu verhindern.

Sheldon Adelson ist der wohl bekannteste Einzelspender der Republikaner. Der 78-jährige Kasino-König aus Las Vegas hat Newt Gingrich mit zehn Millionen Dollar unterstützt und den früheren Sprecher des Repräsentantenhauses damit vor dem Ende seiner Kampagne bewahrt. Ohne Adelsons Millionen wäre der Sieg in South Carolina kaum möglich gewesen und alle Beobachter rechnen damit, dass die Adelsons bald weitere Millionen an den Wahlverein "Winning Our Future" überweisen werden.

Sheldon Adelson, Kasino-König aus Las Vegas. (Foto: REUTERS)

Adelson, der inzwischen vor allem in Asien Gewinne einfährt und als Sohn osteuropäischer Juden nach Amerika kam ( mehr zu seiner Biographie in diesem Süddeutsche.de-Porträt), kann sich diese Summen leisten: Er besitzt laut den jüngsten Berechnungen des Wirtschaftsmagazins Forbes 25 Milliarden Dollar und gilt als der achtreichste Mann der Welt. Seine Spende an Gingrich entspricht somit nur 0,044 Prozent seines Vermögens. Laut Gingrich treibt Adelson die Sorge an, Iran könne Atomwaffen erlangen und so die Existenz Israels bedrohen.

In einem großen Porträt über den "Power Player" Sheldon Adelson, das in der März-Ausgabe von Forbes erscheinen wird, heißt es, Adelson könnte sich vorstellen, jeden der republikanischen Präsidentschaftsbewerber mit 100 Millionen Dollar zu unterstützen - abgesehen von Ron Paul. Er sehe nichts Falsches in seinen Spenden: "Andere Milliardäre wie George Soros tun das seit Jahren - wenn nicht seit Jahrzehnten." Die Berichte in den Medien über seine Person interessieren Adelson nicht: "Das meiste, was über mich geschrieben wird, ist nicht wahr."

Andere wichtige Unterstützer für Newt Gingrich: Der Texaner Harold Simmons, der Chef der Contran Corporation, hat eine Million Dollar gespendet.

Foster Friess liebt Witze. Bei der CPAC-Konferenz in Washington kündigte er seinen Schützling Rick Santorum an, indem er Mitt Romney verspottete ("Kommen ein Konservativer, ein Liberaler und ein Moderater in eine Bar. Sagt der Barkeeper: Hallo Mitt!"). Die Reaktionen waren geteilt, doch über den jüngsten Scherz konnte nicht mal der erzkonservative Santorum lachen. Während alle Republikaner auf Präsident Barack Obama einprügeln, weil dessen Regierung beschlossen hat, dass auch die Krankenversicherungen katholischer Arbeitgeber (etwa Krankenhäuser oder Hochschulen) ihren Kunden die Kosten für Verhütungsmittel erstatten müssen, sagte der Milliardär Friess im Fernsehen: "Als ich jung war, haben die Mädchen Aspirin zur Verhütung verwendet. Sie steckten die Pillen einfach zwischen ihre Knie. Das war auch nicht teuer."

Später erklärte der 71-Jährige das in seinem "Lagerfeuer-Blog" zu einem "dummen Scherz". Ernst ist es dem Mann aus Wyoming, der mit Investmentfonds reich wurde, aber mit seiner Unterstützung für Santorum. Schon 2011 spendete er 331.000 Dollar für dessen Super-Pac "Red White and Blue Fund". Damals wagte wohl nicht mal Friess selbst zu hoffen, dass der Ex-Senator aus Pennsylvania nur wenige Wochen später in den landesweiten Umfragen vorne liegen würde. Insofern ist es Friess und seiner Starthilfe zu verdanken, dass Santorum jetzt im Januar zusätzlich 4,5 Millionen Dollar eingesammelt hat - und damit nun Mitt Romney zusetzen kann.

Inzwischen hat Friess, dem christliche Werte am Herzen liegen und der wochenlang mit Santorum durchs Land reiste, auf eine Million Dollar erhöht - und dies mit Adelsons Spende an Gingrich begründet: "Wenn Newt schon fünf Millionen bekommt, dann ist es nur fair, wenn Rick auch ein bisschen was erhält." Im Gespräch mit der New York Times witzelte er jüngst: "Ich habe viel mehr eingezahlt. Die Summe kann ich nicht nennen, denn wenn meine Frau dies erfährt, wäre es Selbstmord." Doch der Streit scheint unvermeidbar, denn Friess lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass er noch mehr Schecks ausstellen wird, um Santorums Kulturkampf gegen Abtreibung und Homo-Ehe zu verlängern.

Andere wichtige Unterstützer für Rick Santorum: William J. Doré, ein texanischer Geschäftsmann im Ruhestand, hat ebenfalls eine Million Dollar gespendet.

Von den vier verbliebenen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner verfügt der Texaner Ron Paul über die euphorischsten Anhänger: Zehntausende Studenten engagieren sich als Freiwillige für den libertären Kauz - und spenden auch für seine Kampagne. Insofern ist der Beitrag von Peter Thiel außergewöhnlich: Der Gründer von PayPal überwies im Dezember 2011 900.000 Dollar an das Super-Pac "Endorse Liberty" - und hat nun nochmals 1,7 Millionen Dollar draufgelegt. Bereits 2008 hatte der Milliardär, der als erster externer Investor bei Facebook einstieg, den 76-jährigen Arzt unterstützt; auch die Tea Party erhielt Geld von ihm.

Thiel wurde 1967 in Frankfurt geboren, doch seine Familie reiste wegen der Karriere des Vaters mit dem einjährigen Sohn nach Südafrika, Namibia und schließlich nach Kalifornien. Der exzellente Schachspieler studierte in Stanford Jura und Philosophie, arbeitete in einer New Yorker Kanzlei und handelte mit Derivaten. Ende der neunziger Jahre gründete er seinen Investmentfonds und verhalf dem Online-Bezahlsystem PayPal zum Durchbruch. Seither gilt er als Mann mit untrüglichem Gespür für Zukunftsideen.

Thiel möchte den Einfluss des Staates begrenzen, Marihuana legalisieren und träumt von großen technischen Neuerungen. So steht im Manifest seines Investmentfonds "Founders Fund" der Satz: "Wir wünschten uns fliegende Autos und stattdessen bekamen wir 140 Zeichen". Er investiert in Biotech-Firmen, die das menschliche Leben verlängern wollen und vergibt 100.000-Dollar-Stipendien an Studenten, die bereit sind, für ihre Geschäftsidee das College zu schmeißen. Thiel ist überzeugt, dass das normale Bildungssystem Innovation eher verhindert als fördert - und rechnet damit, dass die auf Studienkrediten basierende "Bildungsblase" bald platzen werde.

Auf einen Mann wie Peter Thiel wirken deshalb Ron Pauls Forderungen - Auflösung der Notenbank Fed, Rückkehr zum Goldstandard, Schließung aller US-Armeestützpunkte in aller Welt - längst nicht so verstörend oder revolutionär wie auf die meisten Amerikaner.

Andere wichtige Unterstützer für Ron Paul: Stephen Oskoui, der Chef von Smiley Media, hat 471.000 Dollar gespendet.

"König der Krise" - so lautete der Titel eines Porträts über John Paulson, das 2008 in der Süddeutschen Zeitung erschien. Der Artikel war Teil einer Serie über die "größten Spekulanten" und der Hedgefonds-Manager Paulson hatte als einer der wenigen die US-Immobilienkrise erahnt und allein 2007 2,3 Milliarden Dollar verdient. 2010 waren es sogar 4,9 Milliarden Dollar, doch ein Jahr später musste Paulson herbe Verluste hinnehmen. Mit einem Vermögen von 15,5 Milliarden Dollar führte Forbes den 55-Jährigen im September 2011 auf Platz 18 der Liste der reichsten Amerikaner.

Mit diesem Werdegang liegt es nahe, dass Paulson Mitt Romney unterstützt, der als Chef von Bain Capital immerhin zum Multimillionär geworden ist. "Ich unterstütze Kandidaten und Organisationen, die sich für den wirtschaftlichen Aufschwung in den USA einsetzen und Führungsstärke zeigen", teilte Paulson in einem Statement an ABC News mit.

Mit einer Million Dollar hat Paulson jedoch nur drei Prozent zu den knapp 37 Millionen Dollar beigesteuert, über die das Romney nahestehende Super-Pac "Restore Our Future" verfügt. Edward Conard, der einst mit Romney bei Bain Capital arbeitete, spendete ebenso eine Million wie der Texaner Bob Perry. Zwei Mitglieder der Marriott-Familie, denen das Hotel-Imperium gehört, überwiesen jeweils eine Dreiviertelmillion. Der mit 1,25 Millionen Dollar größte Beitrag kam von Julian Robertson, dem Chef des Hedgefonds "Tiger Management".

Im Gegensatz zu den anderen Kandidaten verfügt Mitt Romney also nicht nur über das größte Privatvermögen und das am besten ausgestattete Super-Pac: Er ist auch nicht von einem einzelnen Gönner abhängig.

Er ist der großzügigste unter den Großzügigen: Bislang hat niemand mehr Geld für die Republikaner gespendet als Howard C. Simmons, der Self-Made-Milliardär aus Texas. Allein zehn Millionen Dollar überwies der Investment-Banker an das Super-Pac "American Crossroads", das von Karl Rove, dem engsten Berater von George W. Bush, ins Leben gerufen wurde und sich für konservative Belange einsetzt.

Daneben verteilte Simmons, der laut Forbes mit 9,3 Milliarden Dollar in der Liste der reichsten Amerikaner Platz 59 belegt, Schecks an diverse Kandidaten: Rick Perry erhielt 1,1 Millionen, das Super-Pac von Newt Gingrich bekam eine Million und auch Romney wurde mit 100.000 Dollar bedacht. "Ich nehme an, er wollte einfach helfen", sagte Simmons' Sprecher der New York Times.

Neu ist das Engagement von Simmons nicht: Er finanzierte 2004 mit zwei Millionen Dollar die "Swift Boat Veterans"-Kampagne, die das Image des demokratischen Bewerbers John Kerry als Held des Vietnamkriegs beschädigen sollte. Und vor vier Jahren spendete er vergeblich Millionen, um den Wahlsieg von Barack Obama zu verhindern.

Die wohl einflussreichsten Finanziers der Grand Old Party haben sich noch auf keinen Kandidaten festgelegt, weshalb David und Charles Koch ihre Spenden weit streuen. Die beiden kontrollieren mit Koch Industries eine Firma, die in der Öl-, Chemie- und Kunststoffbranche einen Jahresumsatz von 100 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Damit ist Koch Industries laut Forbes das zweitgrößte US-Unternehmen, das nicht an der Börse notiert ist.

Seit langem finanzieren sie eine Vielzahl von Think-Tanks, Institute, Vereine und unterstützen konservative und wirtschaftsfreundliche Politiker. Die Brüder wünschen sich einen schlanken Staat, der Unternehmen nicht durch lästige Vorschriften wie etwa Umweltschutzrichtlinien einschränken. Während der 76-jährige Charles in der Prärie von Wichita lebt, residiert sein vier Jahre jüngerer Bruder David in Manhattan. Wie Eva Schweitzer in ihrem Buch Tea Party. Die weiße Wut schreibt, ist Koch mit einem Vermögen von 25 Milliarden Dollar der reichste New Yorker - noch vor George Soros, Michael Bloomberg oder John Paulson.

David Koch allerdings passt nicht recht in das Bild des eifernden Radikalen: Er hat nichts gegen die Homo-Ehe, fördert Stammzellenforschung und unterstützt als Mäzen zahlreiche New Yorker Kultur-Einrichtungen. Berichte, er habe den Aufstieg der Tea Party finanziert, weist David Koch von sich. "Ich war auf keiner einzigen Tea-Party-Veranstaltung und keiner von denen hat je mit mir Kontakt aufgenommen", sagte er 2010 dem Magazin New York. Glaubwürdig ist dies nicht: Die Organisation Americans for Prosperity ("Amerikaner für Wohlstand"), die von den Koch-Brüdern über diverse Stiftungen getragen wird, zahlt immer wieder für Auftritte von Sarah Palin und unterstützt aufstrebende Tea-Party-Politiker wie Scott Walker aus Wisconsin. Dieser fiel einst auf einen Stimmenimitator herein und diskutierte ausführlich mit dem falschen David Koch über die beste Strategie gegen Demonstranten, die gegen Walkers Sparpolitik protestierten.

Zahlreiche Recherchen von Wissenschaftlern und Journalisten legen den Schluss nahe, dass es in der republikanischen Partei heute ziemlich schwer ist, ohne das Wohlwollen der Kochs nach oben zu kommen. Offenbar sind die beiden bereit, im Wahljahr 2012 etwa 200 Millionen Dollar auszugeben - und sie werden sicher nicht damit angeben, sondern dies ganz diskret tun.

Linktipp: Das mit Spendengeldern finanzierte Journalisten-Projekt Pro Publica hat die Spendenflüsse an die verschiedenen Super-Pacs auf ihrer Website grafisch aufbereitet.

© Süddeutsche.de/ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: