Vorwahl der US-Republikaner in Nevada:Zehn Millionen Dollar Unterschied

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Wertvolle Freundschaft: Mit einer Spende an Newt Gingrich hat Sheldon Adelson das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner wieder spannend gemacht - und die Schattenseiten der Wahlkampf-Finanzierung in Amerika offengelegt. In Nevada, der Heimat des Kasino-Königs Adelson, wird Gingrich zwar nicht gewinnen, doch in anderen Bundesstaaten hat er durchaus Chancen. Das Rennen mit Mitt Romney ist noch nicht gelaufen.

Matthias Kolb, Washington

In der jüngsten amerikanischen Geschichte hat es kaum einem Bewerber um ein politisches Amt geschadet, sich auf die Unterstützung reicher Freunde oder Familienmitglieder verlassen zu können. Vor mehr als einem halben Jahrhundert förderte Joseph Kennedy die Ambitionen seinen Sohnes John Fitzgerald nach Kräften - 1961 zog JFK ins Weiße Haus ein. Weniger erfolgreich war zuletzt Jon Huntsman Senior: Der milliardenschwere Chemiemagnat steckte mehrere Millionen in die Kampagne seines ältesten Sohns, doch der Ex-Gouverneur von Utah stieg nach einem dritten Platz in New Hampshire aus dem Rennen aus. Und der Milliardär Ross Perot, der 1992 und 1996 US-Präsident werden wollte, finanzierte seine beiden Kampagnen komplett aus eigener Tasche.

Der achtreichste Amerikaner: Sheldon Adelson ist 21,5 Milliarden Dollar schwer. (Foto: AP)

Im diesjährigen Vorwahlkampf dreht sich Vieles um den Reichtum des Favoriten Mitt Romney, seinen geringen Steuersatz und die umstrittenen Aussagen über die Armen in der amerikanischen Gesellschaft. Dank seiner mit Spenden von Privatleuten und Firmen gut gefüllten Kriegskasse konnte der frühere Gouverneur von Massachusetts seinen Konkurrenten Newt Gingrich mit einer Flut an Negativwerbung diskreditieren und schwächen.

Dass Gingrich, der als Lobbyist und Buchautor Millionen verdient hat, über genügend Mittel verfügt, um weiter im Rennen zu bleiben, hat er vor allem einem reichen Freund namens Sheldon Adelson zu verdanken. Adelson und seine Familie spendeten mindestens zehn Millionen Dollar an das Super-Pac "Winning Our Future", den offiziell unabhängigen Wahlverein zur Unterstützung von Gingrichs Präsidentschaftsambitionen. Für den Kasino-König aus Las Vegas sind diese Summen Peanuts: Laut Forbes verfügt Adelson über ein Vermögen von 21,5 Milliarden Dollar, was ihn zum achtreichsten Amerikaner macht.

Die Zuwendung von Adelson kam zu einem für den früheren Sprecher des Repräsentantenhauses entscheidenden Zeitpunkt - für CNN ist der 74-Jährige schlicht "Gingrichs Retter", während andere Medien ihn als "Schutzengel" bezeichnen. Am 22. Dezember 2011 hatten seine Stiefkinder eine Million Dollar an "Winning Our Future" gespendet, was zu diesem Zeitpunkt etwa die Hälfte des Budgets ausmachte.

Nach dem schlechten Abschneiden Gingrichs bei den Vorwahlen in Iowa und New Hampshire entschlossen sich Sheldon Adelson und seine Frau, Gingrich per Bail-Out aus der Klemme zu helfen, wie es Bloomberg Business Week in Anspielung auf die Bankenrettung formulierte.

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Adelson, der den Grundstein für sein Vermögen als Ausrichter der Computermesse Comdex in Las Vegas legte und Vater von fünf Kindern ist, spendete vor der Primary in South Carolina fünf Millionen Dollar. Dies ermöglichte es dem Super-Pac, den Multimillionär Romney hart anzugehen und die per Werbespots ausgetragene Schmutzkampagne trug so zum Überraschungssieg von Newt Gingrich bei. Für die Abstimmung in Florida legte Miriam Ochshorn Adelson noch mal nach und spendierte weitere fünf Millionen - ohne durchschlagenden Erfolg.

Ihr Engagement begründeten die Adelsons in einer Mitteilung an Bloomberg News so: "Unsere Freundschaft mit Newt Gingrich ist uns kostbar und wir tun, was wir als Privatpersonen tun können, um seine Präsidentschaftsbewerbung zu befördern." Wie den meisten Amerikanern bedeuteten ihnen Worte wie Freundschaft und Loyalität sehr viel. Allerdings, gaben Sheldon und Miriam Adelson zu, verfügten sie zur Unterstützung ihres Favoriten "möglicherweise über etwas mehr Möglichkeiten als andere".

Diese beträchtlichen Mittel erwirtschaftet Adelson laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mittlerweile vor allem in Asien. Mitte der neunziger Jahre stieß er die Comdex-Messegesellschaft ab und baute sein Kasino-Imperium auf. 1999 öffnete das Venetian - eines der ersten in einer neuen Generation gigantischer Luxushotels, mit dem Las Vegas ungekannte Popularität erlangte. Vier Fünftel des Umsatzes machen die Adelsons vor allem im chinesischen Glücksspielparadies Macau sowie in Singapur.

Das Washingtoner Insider-Magazin Politico berichtete kurz vor der Abstimmung an diesem Samstag, dass sich Adelson und andere finanzstarke Gingrich-Fans im Venetian getroffen haben, um darüber zu beraten, wie sie den früherer speaker in den nächsten Wochen und Monaten unterstützen können.

Umstrittenes Urteil

Möglich wurde die Millionenspende durch ein umstrittenes Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2010, das den Weg für unbegrenzte Spenden an so genannte Political Action Comittees frei machte. Offiziell dürfen diese Super-Pacs ihre Aktivitäten nicht mit den Organisationen der Kandidaten abstimmen, doch dies gilt eher als Formalie, da alle Wahlvereine von Freunden oder ehemaligen Mitarbeitern der jeweiligen republikanischen Präsidentschaftsbewerber geleitet werden.

Die Interpretation des Freundschaftsdiensts der Adelsons für den 68-Jährigen gehen auseinander: Kritiker der geltenden Regeln zu Wahlkampffinanzierung sehen in diesem Beispiel den Beweis, dass Geld eine viel zu große Rolle spiele und Kontrollen kaum möglich seien. Der republikanische Senator John McCain, der 2008 gegen Barack Obama verloren hatte und nun Mitt Romney unterstützt, nennt das System eine "Schande" und bezieht sich explizit auf Sheldon Adelson.

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