Santorum siegt in Alabama und Mississippi:Drei sind einer zu viel

Rick Santorum bleibt auf der Überholspur: Obwohl er anders als Newt Gingrich keinen Heimvorteil hatte und weniger Geld als Mitt Romney ausgeben konnte, hat der Ex-Senator weitere Vorwahlen gewonnen. Welche Konsequenzen zieht Noch-immer-Favorit Romney nun?

Matthias Kolb, Washington

Woher kommt die Aufregung? Wer sonst als der erzkonservative Rick Santorum hätte in Südstaaten wie Mississippi oder Alabama gewinnen sollen, wo sich vier Fünftel der republikanischen Wähler als wiedergeborene Christen beziehungsweise als Evangelikale bezeichnen. Bei dieser Klientel im ländlichen Amerika kommt ein Kandidat, der so leidenschaftlich gern über traditionelle Werte, Abtreibung und Homo-Ehe redet, natürlich gut an.

US-Vorwahlen der Republikaner

Trotzdem ist der deutliche Doppelsieg des Ex-Senators aus Pennsylvania für viele Beobachter eine Überraschung. Newt Gingrich, der mehrmals totgesagte Lautsprecher aus Georgia, hatte viele Termine in den beiden Nachbarstaaten absolviert und versucht, seinen Heimvorteil auszuspielen. Genutzt hat es nicht viel: Der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses landete in beiden Staaten auf dem zweiten Platz. Das ist zum Aufgeben zu viel, doch zum Weitermachen zu wenig.

Das Team des Favoriten Mitt Romney hatte in gewohnter Manier viel Geld in Wahlwerbung investiert und die Auftritte des Millionärs logistisch perfekt organisiert. Pünktlich vor der Abstimmung und quasi als Geschenk zum 65. Geburtstag gab Mississippis populärer Gouverneur Phil Bryant eine Empfehlung für Romney ab.

Mehrere Umfragen deuteten sogar auf einen Sieg für den früheren Gouverneur von Massachusetts hin - und seine Berater verbreiteten diese Botschaft noch am Dienstagabend. Diese Erwartungen wurden bitter enttäuscht. "Niemand hätte vorher mit einem Sieg von Mitt Romney im Süden gerechnet, wenn seine Spin-Doktoren nicht dauernd davon geredet hätten", hieß es etwa in der Experten-Runde von Politico, die anschließend von einer "bitteren Nacht" für den Favoriten sprachen.

Die Dynamik des Wahlabends, der für Romney mit zweiten (allerdings gleichauf mit Gingrich) und einem dritten Platz endete, zwingen ihn erneut auf Nebenschauplätze. Immer öfter sind Fragen zu hören, ob er sich nicht von einigen Wahlkampfmanagern trennen müsste, um die Kampagne neu auszurichten. Dass der Kandidat am Dienstagabend keine Rede hielt, sondern in New York Wahlkampfspenden einsammelte, habe sich ebenfalls als Fehlplanung erwiesen. Denn so beraubte er sich der Möglichkeit, selbst auf die Interpretation der Wahlergebnisse Einfluss zu nehmen.

Besonders ärgerlich für Romney: Anstatt seine Mitbewerber zu ignorieren und sich mit konkreten Vorschlägen als Alternative zu dem in den jüngsten Umfragen deutlich abgesackten Barack Obama (seine Zustimmungswerte liegen sowohl bei New York Times/CBS als auch bei NBC/Washington Post deutlich unter 50 Prozent) zu präsentieren, muss er wieder in die Niederungen des Vorwahlkampfs hinabsteigen.

Die Abstimmung in Illinois in einer Woche gilt nun für die Beobachter der Nachrichtensender und Live-Blogger - ähnlich wie zuvor die primaries in Michigan und Ohio - als überlebenswichtig für Romneys Kampagne. Dabei hat dieser weiterhin die meisten Delegierten hinter sich gebracht und verfügt weiterhin über die beste Organisation und die meisten Mittel. Auf unzählige Fragen und öffentliche Ratschläge muss sich Newt Gingrich gefasst machen. Der frühere Speaker of the House müsse selbst entscheiden, ob er als "Königsmacher oder als Spielverderber" in Erinnerung bleiben wolle, meint etwa der Parteistratege Richard Viguerie.

Tony Perkins, der Präsident des Family Research Council, nennt ein typisches Argument: Gingrich solle aufhören, damit die Republikaner mit Rick Santorum einen konservativen Kandidaten gegen Barack Obama ins Rennen schicken können. Dabei zeigen Wähleranalysen, dass für Gingrich-Anhänger die Erfolgschancen bei der Wahl im November deutlich wichtiger sind als die reine Lehre - es ist also längst nicht ausgemacht, dass alle Newt-Fans ins Santorum-Lager wechseln würden

Doch Gingrich denkt keineswegs daran, vor dem Parteitag in Tampa auszusteigen. In seiner Rede am Wahlabend wiederholte er seine Überzeugung, nur er könne Barack Obama in TV-Duellen besiegen und nur er sei intelligent genug, um Visionen für ein prosperierendes Amerika zu entwerfen.

Dass Präsident Obama in den vergangenen Tagen wiederholt über Energie sprach, wertet der weiterhin von sich überzeugte Gingrich als Konsequenz seines Wahlversprechens, den Benzinpreis auf 2,50 Dollar pro Gallone zu drücken: "Damit haben wir die nationale Politik stärker beeinflusst als Romney mit all seinen Millionen, die er für Werbespots ausgegeben hat."

Auch wenn Gingrich als Kandidat weitermacht, wird er das Rennen ähnlich wie Ron Paul nur wenig beeinflussen können. Die republikanischen Wähler müssen sich zwischen Rick Santorum und Mitt Romney entscheiden. Beide stehen für verschiedene Pole, wie die Washington Post treffend analysiert: Romney verkörpert Wählbarkeit und ist am populärsten bei den Wählern, die über mehr als 100.000 Dollar Einkommen verfügen. Rick Santorum spricht die Amerikaner der Unter- und Mittelschicht an, denen es stärker um Werte und Ideologie geht.

Doch solange Santorum es nicht vermag, Wähler mit höherem Einkommen, urbane Amerikaner und Wechselwähler von seinem Konservativismus zu überzeugen, wird er der Außenseiter bleiben und nicht die Chance bekommen, gegen Obama antreten zu können.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: