Amy Gutmann:"Deutschland tut alles, was es tun kann"

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US-Botschafterin Amy Gutmann stellt sich an der Freien Universität Berlin der deutschen Öffentlichkeit vor. (Foto: Wolfgang Kumm/DPA)

Die neue US-Botschafterin in Deutschland spricht in ihrer ersten offiziellen Rede über den Krieg in der Ukraine, den deutschen Umgang mit Putin - und beschwört ein sehr amerikanisches Motto.

Von Felix Haselsteiner, Berlin

Auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass Amy Gutmann, damals noch Präsidentin der University of Pennsylvania, einen Anruf von US-Präsident Joe Biden erhielt. In einem "sehr persönlichen Gespräch" habe er sie gefragt, ob sie Botschafterin in Deutschland werden wolle. Dabei habe Biden ihre Familiengeschichte thematisiert, Gutmanns jüdischer Vater floh 1934 vor den Nazis aus Feuchtwangen in die USA. Und ja, auch deshalb habe sie den Posten der Botschafterin akzeptiert. Nicht als Job, sondern als Mission, als "Calling", eine Berufung. So erzählte es Amy Gutmann am Dienstag in ihrer ersten offiziellen Rede an der Freien Universität Berlin.

Die neue US-Botschafterin hat einen geschichtsträchtigen Ort für ihren Auftritt gewählt: In Dahlem, wo die FU ihren zentralen Campus hat, unterstützten am 4. Dezember 1948 die Amerikaner die Neugründung der Universität mit finanziellen und politischen Mitteln. Zudem hielt John F. Kennedy dort am 26. Juni 1963 - wenige Stunden nach seinem Satz "Ich bin ein Berliner" vor dem Rathaus Schöneberg - eine im Rückblick historische Rede. Darin sprach er von der "Notwendigkeit der Zusammenarbeit der Großmächte zur Rettung des Menschen als Gattung, da wir sonst vernichtet werden können".

Diese Worte griff Gutmann auf. "Wir stehen heute wieder an einer Zeitenwende", sagte sie und griff in ihrer ansonsten englischsprachigen Rede zu dem deutschen Begriff. Der Krieg Vladimir Putins habe "jede anständige Person" auf der Welt schockiert, aber auch herbeigeführt, dass "die Nato noch nie so geeint war wie heute".

Jede Herausforderung eine Chance

Für das deutsche Vorgehen in der Ukraine-Krise fand sie lobende Worte. "Deutschland tut alles, was es tun kann, bis zu dem Punkt, an dem man sich selbst mehr weh tut als Mr. Putin", sagte Gutmann. Ein Ziel westlicher Politik sei dabei auch, "Putin keine Ausrede dafür zu geben, die Nato als Aggressor zu sehen." Gutmanns Amt hätte eigentlich mit sich gebracht, in Deutschland auf mehr Militärkraft und Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels der Nato zu dringen, wie es schon ihre Vorgänger taten. Zumindest das Versprechen dazu hat Deutschland nun schon vor ihrem Antritt abgegeben.

In ihrer Rede und einer anschließenden Fragerunde betonte Gutmann denn auch einen anderen Aspekt: den Umgang der westlichen Welt mit China. "Lassen Sie uns frühzeitig wachsam sein", sagte sie, das Land könne entweder ein "kompetitiver Partner" oder aber ein Gegner sein. Gegenüber China müsse man ebenso mit einer Stimme sprechen wie gegenüber Russland: "Unsere transatlantische Einigkeit muss über die Hilfe für die Ukraine und Herrn Putin hinausgehen." In jeder Herausforderung, so die Botschafterin, liege immer auch eine Chance - das sei nicht nur die bekannte positivistische Denkweise Amerikas, sondern aus ihrer Sicht auch die Wahrheit.

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