Ukraine:Entscheidung über "Taurus"-Raketen rückt näher

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Ein Bundeswehr-"Tornado", der mit einem "Taurus"-Marschflugkörper bestückt ist, hier bei einer Übung in Südafrika 2017. (Foto: Andrea Bienert/Bundeswehr/dpa)

Bundesfinanzminister Lindner erwartet "sehr bald" eine Antwort auf die Frage, ob die Ukraine die geforderten Marschflugkörper bekommt. CDU-Ministerpräsident Kretschmer und die Linke kritisieren das Vorhaben.

Von Daniel Brössler, Berlin

Nach Äußerungen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in Kiew hofft die Ukraine auf eine rasche Lieferung von Marschflugkörpern des Typs Taurus aus Deutschland. "Es bleibt uns nicht viel Zeit, um Erfolge zu erzielen", sagte der ukrainische Vize-Außenminister und frühere Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, am Dienstag im Deutschlandfunk. Alle Experten seien sich einig, dass die Taurus-Marschflugkörper für die laufende Gegenoffensive gebraucht würden. Mit den Diskussionen gehe wertvolle Zeit verloren. Lindner hatte tags zuvor während eines Besuchs in Kiew Verständnis für die ukrainische Bitte geäußert und eine zügige Entscheidung angedeutet. "Da ich weiß, dass viele für eine solche Unterstützung Sympathie haben, wie ich selbst auch, hoffe ich auf eine baldige, sehr baldige Klärung dieser Frage", sagte er.

Damit sendet die Bundesregierung allerdings widersprüchliche Signale aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Wochenende klargestellt, sich bei der Taurus-Entscheidung nicht drängen und es sich bei Waffenlieferungen "weiter schwer machen" zu wollen. Jede Entscheidung werde sehr sorgfältig abgewogen. Er sei sicher, dass es die große Mehrheit der Bürger richtig fände, dass man Entscheidungen sorgfältig abwäge und nicht jedes Mal sofort springe, wenn jemand irgendwo eine Forderung erhebe.

Die Lieferung von Taurus -Marschflugkörpern an die Ukraine gilt innerhalb der Bundesregierung wegen ihrer Reichweite von 500 Kilometern als problematisch. Wie auch die anderen Nato-Partner will die Bundesregierung verhindern, dass mit aus Deutschland gelieferten Waffen russisches Territorium angegriffen und so ein Konflikt zwischen der Nato und Russland riskiert wird. Erörtert werden technische Möglichkeiten zur Begrenzung der Reichweite.

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Zuletzt hatte der Bundeskanzler Zweifel angemeldet, weil die Waffen wegen ihrer großen Reichweite ukrainische Angriffe auf russisches Gebiet möglich machen. Laut Hersteller könnte diese Gefahr aber durch Anpassung der Software gebannt werden.

"Wir verstehen die Angst der Deutschen, dass das Land in den Krieg hineingezogen wird", sagte Melnyk. Zugleich bekräftigte er die ukrainische Zusicherung, die Marschflugkörper nur gegen russische Ziele auf ukrainischem Staatsgebiet einzusetzen. Finanzminister Lindner verwies auf "etablierte Verfahren" für Waffenlieferungen an die Ukraine. "Deutschland berät das insbesondere im Kreis der Verbündeten, berücksichtigt seine eigenen Möglichkeiten zur Landesverteidigung - und was dann möglich ist und uns nicht zur Kriegspartei werden lässt, das stellen wir zur Verfügung", sagte er der ARD. Er gehe davon aus, dass die Entscheidung "wesentlich schneller und kurzfristiger als bei vergangenen Projekten dieser Art" fallen werde. Aus Koalitionskreisen hieß es, es werde mit einer positiven Entscheidung gerechnet.

Scharfe Kritik an einer möglichen Lieferung kam von der Linken und aus Teilen der CDU. "Für uns ist klar, dass jede neue Waffe auch ein neues Eskalationsrisiko beinhaltet", sagte Linken-Bundesgeschäftsführer Tobias Bank. Dieses Spiel mit dem Feuer lehne die Linke ab. Ähnlich äußerte sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). "Wollen wir wirklich in Kauf nehmen, dass deutsche Raketen in Russland einschlagen könnten?", fragte er. Die Bundesregierung überschreite immer wieder selbst gezogene rote Linien, sagte er dem Spiegel. Nötig seien stattdessen "neue, intensive diplomatische Initiativen des freien Westens".

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