Rüstungsexporte:Kein kompletter Stopp deutscher Rüstungsexporte für die Türkei

Deutsche Rüstungsexporte steuern auf Rekordmarke zu

Drei Kampfpanzer der Bundeswehr bei einer Übung im Gelände. Dieses Jahr hat die Türkei bereits Kriegswaffen für 250,4 Millionen Euro aus Deutschland erhalten.

(Foto: dpa)
  • Es wird keinen kompletten Stopp der Rüstungsexporte für die Türkei geben. Das stellte das Wirtschaftministerium am Freitag schriftlich klar.
  • Am Donnerstag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verkündet, dass die Bundesregierung unter den jetzigen Bedingungen "keine Waffen an die Türkei liefern" werde. Das sorgte für Spekulationen um einen vollständigen Stopp.
  • In den ersten acht Monaten dieses Jahres hat die Türkei bereits Kriegswaffen für 250,4 Millionen Euro aus Deutschland erhalten.

Der deutsche Rüstungsexportstopp für die Türkei wegen der Syrien-Offensive gilt weiterhin nur für Waffen und andere militärische Güter, die in dem Konflikt eingesetzt werden können. Die Bundesregierung erteile "keine neuen Genehmigungen" mehr für solche Waren, stellte das Wirtschaftsministerium in einer schriftlichen Antwort auf eine Anfrage des Linken-Außenpolitikers Stefan Liebich klar. Die Betonung liegt auf dem Wort "neuen": Bereits genehmigte Lieferungen sind nicht betroffen.

Die Regierungserklärung im Bundestag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag hatte man noch anders verstehen können. Dort sagte sie, die türkische Militäroperation gegen die Kurdenmiliz YPG führe zu einem "humanitären Drama" mit großen geopolitischen Folgen. "Und deshalb wird die Bundesregierung unter den jetzigen Bedingungen auch keine Waffen an die Türkei liefern." Das hatte zu Spekulationen geführt, es könne sich doch um einen kompletten Rüstungsexportstopp wie gegen Saudi-Arabien handeln.

Die Türkei hatte am 9. Oktober im Norden Syriens eine Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG gestartet, die von ihr als Terrororganisation angesehen wird. Ankara begründet den Einsatz mit dem Recht auf Selbstverteidigung. Die Waffenruhe, die zuletzt in der Region verkündet wurde, hält nicht überall.

"Es ist unsere Verpflichtung, den Krieg gegen die Kurden zu stoppen"

Staatssekretär Ulrich Nußbaum aus dem für Exportkontrolle zuständigen Wirtschaftsministerium schreibt nun in seiner Antwort: "Die Bundesregierung erteilt keine neuen Genehmigungen für Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten." So hatte es auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) gesagt, als er vor einer Woche den Exportstopp verkündete. Die Antwort des Wirtschaftsministeriums wurde am Freitag veröffentlicht, also nach der Verkündung der Waffenruhe für Nordsyrien.

Liebich wirft der Kanzlerin nun vor, die Öffentlichkeit getäuscht zu haben. "Dass selbst nach einem klaren Bruch des Völkerrechts die Waffenlieferungen weitergehen, ist eine Schande. Deutschland macht sich an den Toten und Verletzten im Norden Syriens weiter mit schuldig." Am Samstag forderte auch Linken-Chef Bernd Riexinger einen Stopp aller Rüstungsexporte in die Türkei. "Alle Waffenexporte an die Türkei müssen sofort gestoppt werden, bereits erteilte Genehmigungen müssen rückgängig gemacht werden", sagte der Bundesvorsitzende beim Landesparteitag der Hamburger Linken. "Es ist unsere Verpflichtung, den Krieg gegen die Kurden zu stoppen."

Im vergangenen Jahr machten die Lieferungen an die Türkei mit 242,8 Millionen Euro fast ein Drittel aller deutschen Kriegswaffenexporte (770,8 Millionen Euro) aus. Damit war das von Präsident Recep Tayyip Erdoğan regierte Land klar die Nummer eins unter den Empfängern deutscher Rüstungsgüter. In den ersten acht Monaten dieses Jahres hat die Türkei bereits Kriegswaffen für 250,4 Millionen Euro aus Deutschland erhalten.

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