Trumps Helfer:Fälscher, Trickser, Lügner

Lesezeit: 3 min

"Bereit, wissentlich falsche Behauptungen zu verbreiten": Trumps früherer Berater Rudy Giuliani dürfte "Mitverschwörer Nr. 1" sein. (Foto: John Bazemore/AP)

Neben Donald Trump werden in der Anklageschrift sechs weitere "Mitverschwörer" aufgeführt. Ihnen wird die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen und versuchte Wahlmanipulation vorgeworfen. Angeklagt sind sie aber noch nicht.

Von Reymer Klüver

Noch ist nur Donald Trump angeklagt. Doch hatte er offenkundig tatkräftige Hilfe bei dem Versuch, das Ergebnis der amerikanischen Präsidentschaftswahl von 2020 zu seinen Gunsten zu verfälschen. In der Anklageschrift gegen den Ex-Präsidenten werden sie nicht namentlich genannt, sondern in amerikanischer Rechtstradition anonymisiert und durch Nummern gekennzeichnet als "Mitverschwörer" aufgeführt. Den fünf Männern und einer Frau wird vorgeworfen, Donald Trump "bei seinen kriminellen Bemühungen unterstützt zu haben, die rechtmäßigen Ergebnisse der Präsidentschaftswahl 2020 zu kippen und an der Macht zu bleiben". Warum Sonderermittler Jack Smith die sechs nicht gleichzeitig mitangeklagt hat, ist bisher nicht bekannt. Allerdings macht die Beschreibung der Vorwürfe in der Anklageschrift gegen Trump relativ eindeutig klar, um wen es sich handeln muss.

Mitverschwörer Nr. 1: Rudy Giuliani

"Mitverschwörer Nr. 1" ist der Anklageschrift zufolge ein Anwalt, "der bereit war, wissentlich falsche Behauptungen zu verbreiten" - und das entgegen den ausdrücklichen Bedenken anderer Rechtsberater des damaligen Präsidenten. Damit dürfte der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani gemeint sein, der damals Trumps persönlicher Anwalt war und die treibende Kraft bei den Fälschungsbemühungen. Selbst nachdem Trumps Justizminister William Barr ihm öffentlich widersprochen hatte, behauptete er weiterhin, dass die Wahlen gefälscht worden seien. Er stand auch hinter zwei Klagen gegen die Zertifizierung der Wahlergebnisse in Michigan und Georgia, zwei der sogenannten battleground states, der Bundesstaaten, die den Ausschlag für den Vorsprung des demokratischen Bewerbers Joe Biden vor Trump gaben.

In der Anklageschrift wird ein Gespräch Giulianis mit einem republikanischen Abgeordneten aus Arizona angeführt, der Belege für den angeblichen Wahlbetrug haben wollte. Danach habe offenkundig Giuliani geantwortet: "Wir haben keine Beweise, aber eine Menge Vermutungen." Giulianis Anwalt bestätigte, dass sein Mandant gemeint sein dürfte.

Mitverschwörer Nr. 2: John Eastman

Der Anwalt John Eastman soll Donald Trump einen verfassungswidrigen Vorschlag gemacht haben: Trump sollte seinen Vize Mike Pence dazu bewegen, ihn statt Joe Biden als Präsident zu bestätigen. (Foto: Jae C. Hong/AP)

"Mitverschwörer Nr. 2" wird ebenfalls als Anwalt charakterisiert, der versucht haben soll, "die zeremonielle Rolle des Vizepräsidenten bei der Überwachung des Zertifizierungsverfahrens auszunutzen, um die Zertifizierung der Präsidentschaftswahlen zu behindern". Tatsächlich muss der jeweilige Vizepräsident bei der gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus, in der nach einer Präsidentschaftswahl das Ergebnis offiziell festgestellt wird, das Resultat bestätigen. Trump drängte seinen Vize Mike Pence, das nicht zu tun und stattdessen ihn für gewählt zu erklären - ein Vorschlag, den Eastman gemacht hatte. Pence wies das Ansinnen ab.

In der Anklageschrift wird erklärt, dass mutmaßlich Eastman wider besseres Wissen gehandelt hat. In einer offenbar vom Sonderermittler Smith gesicherten E-Mail schrieb Eastman damals, dass er und Trump darüber informiert worden seien, dass ihre Behauptungen weit verbreiteten Wahlbetrugs "unzutreffend" seien. Trotzdem blieben die Anschuldigungen in einer Klageschrift, mit der Trump das Wahlergebnis in Georgia anfechten wollte. Darin wurde behauptet, dass 66 000 Minderjährige und 2500 verurteilte Straftäter ihre Stimme abgegeben hätten, obwohl sie nicht wahlberechtigt gewesen seien. Einen Beleg dafür gab es nicht.

Mitverschwörer Nr. 3: Sidney Powell

"Verrückt": Selbst Donald Trump hielt die Verschwörungserzählungen der Anwältin Sidney Powell für haltlos - verbreitete sie aber trotzdem. (Foto: Mandel Ngan/AFP)

"Mitverschwörer Nr. 3" dürfte die Anwältin Sidney Powell sein. Sie hatte in den Tagen nach der Wahl Verschwörungserzählungen verbreitet, denen zufolge die linke venezolanische Regierung, chinesische Software-Entwickler und der amerikanische Investor und Philanthrop George Soros, ein bekannter Unterstützer der Demokraten, sich zusammengetan hätten, um die Wahlmaschinen des Herstellers Dominion zugunsten Joe Bidens zu manipulieren. Eine Behauptung, die selbst Trump in privaten Gesprächen als "verrückt" bezeichnete. Was ihn aber nicht daran hinderte, sie öffentlich zu verbreiten. Das tat auch der Kabelsender Fox mit Vehemenz. Dominion klagte wegen Rufschädigung. In einem Vergleichsverfahren musste Fox im Frühjahr zugeben, dass die Behauptungen falsch waren und Dominion 787,5 Millionen Dollar als Entschädigung zahlen.

Mitverschwörer Nr. 4: Jeffrey Clark

Trump wollte den Juristen Jeffrey Clark zum geschäftsführenden Justizminister machen, weil er die Versuche unterstützte, das Wahlergebnis zu manipulieren. (Foto: Susan Walsh/AP)

Bei "Mitverschwörer Nr. 4" dürfte es sich um den Juristen Jeffrey Clark handeln, der damals im Justizministerium tätig war. Ihn wollte Präsident Trump nach dem Rücktritt von Justizminister Barr noch im Januar 2021 als "geschäftsführenden Justizminister" einsetzen - ein Plan, von dem er Abstand nahm, nachdem dessen Vorgehen im Zusammenhang mit der Wahl publik geworden waren. Clark wird vorgehalten, einen Brief entworfen zu haben, in dem der Gouverneur von Georgia im Namen des US-Justizministeriums aufgefordert wurde, das Wahlergebnis in dem Bundesstaat zugunsten Trumps abzuändern. Das Schreiben wurde allerdings nie abgeschickt.

Mitverschwörer Nr. 5: Kenneth Chesebro

Nach übereinstimmenden US-Medienberichten ist mit "Mitverschwörer Nr. 5" der Anwalt Kenneth Chesebro gemeint. Er soll Trump vorgeschlagen haben, in Bundesstaaten, die er verloren hatte, einfach neue Wahlleute zu ernennen, die im sogenannten electoral college für ihn stimmen sollten. Nach dem amerikanischen Wahlrecht steht jedem Bundesstaat in dem Gremium eine bestimmte Anzahl von Wahlleuten zu. Als Wahlleute werden Frauen und Männer eingesetzt, die Anhänger des in dem Bundesstaat siegreichen Kandidaten sind und bei der rechtlich entscheidenden Abstimmung im Wahlleutegremium entsprechend dem Wahlergebnis für ihren Kandidaten stimmen.

Mitverschwörer Nr. 6: James Troupis

Die New York Times identifiziert den Anwalt James Troupis als möglichen "Mitverschwörer Nr. 6". Er soll ebenfalls an dem Vorhaben beteiligt gewesen sein, falsche Wahlleute zu ernennen. Unter anderem wird ihm vorgeworfen, Präsidenten-Berater Giuliani Listen von Anwälten in sechs Bundesstaaten zugesandt zu haben, die als Pro-Trump-Wahlleute infrage kamen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusUSA
:Alle Verfahren gegen Donald Trump im Überblick

Verschwörung, Geheimdokumente, Wahlmanipulation, Schweigegeld: Kein amerikanischer Ex-Präsident hatte jemals so weitreichende juristische Probleme. Eine Übersicht.

Von Fabian Fellmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: