USA:Fox News soll 787,5 Millionen Dollar an Wahlmaschinen-Hersteller zahlen

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Ein Demonstrant vor dem Delaware Superior Court, wo der Prozess stattfand. (Foto: MARK MAKELA/REUTERS)

Noch vor Beginn des Prozesses erklärt sich der Medienkonzern Fox zu einem millionenschweren Vergleich mit dem Wahlmaschinen-Hersteller Dominion bereit - vermutlich auch, um weitere Enthüllungen zu vermeiden.

In den USA haben der Sender Fox News und der Wahlmaschinen-Hersteller Dominion ihren Streit über bewusst falsche Berichterstattung noch vor Prozessbeginn mit einem millionenschweren Vergleich beigelegt. "Wir erkennen die Gerichtsentscheidungen an, in denen bestimmte Behauptungen über Dominion als falsch bezeichnet wurden", räumte die Konzernmutter des Senders, Fox Corp, am Dienstag ein.

Ein Rechtsanwalt von Dominion erklärte, man habe sich darauf geeinigt, dass der Sender dem Wahlmaschinen-Hersteller 787,5 Millionen Dollar zahlen soll. Das sind umgerechnet knapp 720 Millionen Euro. US-Medien betonen, wie historisch diese Summe sei - es handle sich um einen der teuersten Vergleiche in einem Gerichtsstreit um Verleumdung in der Geschichte der USA.

Dominion Voting Systems hatte in der 2021 eingereichten Klage 1,6 Milliarden Dollar Schadenersatz gefordert. Das Unternehmen warf Fox vor, wissentlich die falsche Behauptung verbreitet zu haben, dass mit seinen Wahlmaschinen die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl 2020 verfälscht worden seien. Aus Sicht des Wahlmaschinenherstellers ging es Fox einzig um die Einschaltquote. In den USA können Wähler ihre Stimme über solche Wahlmaschinen abgeben.

Fox berief sich hingegen auf die Pressefreiheit und beharrte darauf, man habe die Darstellungen des damaligen US-Präsidenten Donald Trump und seiner Anwälte legitimerweise als Nachricht wiedergegeben. Dominion wollte dagegen nachweisen, dass Fox News vorsätzlich Falschnachrichten ausgestrahlt habe.

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Der Prozess hatte erst am Dienstagvormittag mit der Auswahl der Geschworenen begonnen. Für den Nachmittag waren dann die Eingangsstatements beider Seiten erwartet worden. Stattdessen kam es zu einer mehrstündigen Verzögerung, in der die Anwälte beider Seiten Berichten von Journalisten im Gerichtssaal zufolge miteinander verhandelten. Kameras wurden bei dem Prozess nicht zugelassen. Lediglich der Ton wurde außerhalb des Gerichtssaals übertragen.

Mehr als zwei Stunden nach dem geplanten Beginn der Sitzung entließ der vorsitzende Richter, Eric Davis, die Geschworenen mit den Worten: "Die Parteien haben den Fall geklärt." Wenig später traten die Anwälte und der Chef von Dominion vor dem Gerichtsgebäude in der Stadt Wilmington im US-Bundesstaat Delaware vor die Presse und verkündeten die Einzelheiten des Deals.

Fox News wertete den Vergleich als Beleg für das "kontinuierliche Engagement von Fox für höchste journalistische Standards". Weiter hieß es in einer Erklärung: "Wir hoffen, dass unsere Entscheidung, diesen Streit mit Dominion gütlich beizulegen, anstatt die Verbitterung eines spaltenden Prozesses auf sich zu nehmen, es dem Land ermöglicht, sich von diesen Problemen zu lösen." Justin Nelson, ein Anwalt für den Wahlmaschinen-Hersteller Dominion, sagte: "Die Wahrheit ist wichtig. Lügen haben Konsequenzen."

Der Fall handelt auch von dem Verhältnis von Fox News zu Trump

Der Fall war in den USA mit großer Aufmerksamkeit verfolgt worden. Er hatte bereits spektakuläre Erkenntnisse über das Verhältnis zwischen dem konservativen US-Fernsehsender Fox News und dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump zutage gefördert. So hatte der Eigentümer von Fox, der Medienmogul Rupert Murdoch, zugegeben, dass einige seiner Moderatoren bewusst Lügen in Bezug auf die Präsidentschaftswahl 2020 verbreitet hätten.

Das ging laut US-Medien aus Gerichtsdokumenten hervor, die eidesstattliche Aussagen Murdochs von Anfang Februar wiedergeben. "Einige unserer Kommentatoren haben dem zugestimmt", sagte der 92-Jährige demnach mit Blick auf falsche Behauptungen, die Wahl sei dem damaligen Amtsinhaber Donald Trump gestohlen worden.

In der Fox-Berichterstattung war behauptet worden, mit den Wahlmaschinen sei die US-Wahl 2020 zugunsten des Demokraten Joe Biden und zuungunsten des Republikaners und damaligen Präsidenten Donald Trump manipuliert worden. Auch Trump behauptet ohne Vorlage belastbarer Beweise, ihm sei der Wahlsieg gestohlen worden und Biden habe die Abstimmung in Wirklichkeit gar nicht gewonnen.

Fox wollte möglicherweise weitere pikante Enthüllungen vermeiden

Auch weitere pikante Details aus dem Innenleben des Medienkonzerns wurden vor dem Prozess bekannt. So habe beispielsweise der quotenstarke Fernsehmoderator Tucker Carlson, der Trump in seinen Sendungen offen unterstützte, den Ex-Präsidenten hinter den Kulissen "gehasst", berichteten US-Medien unter Berufung auf die Gerichtsakten. Carlson habe demnach einem Mitarbeiter zwei Monate nach der Präsidentenwahl 2020 per Textnachricht geschrieben: "Wir sind sehr, sehr nahe dran, Trump an den meisten Abenden zu ignorieren. Ich kann es wirklich kaum erwarten. Ich hasse ihn leidenschaftlich."

Fox erklärte sich zu der Schadensersatzzahlung möglicherweise auch deshalb bereit, um weitere peinliche Enthüllungen zu vermeiden. Der Richter in dem Fall habe Fox vor Prozessbeginn sanktioniert, weil der Sender Beweismittel nicht zur Verfügung gestellt habe, berichtete der Sender NBC. Richter Davis habe angekündigt, es Dominion zu erlauben, Murdoch noch einmal zu befragen, hieß es.

Die erzielte Einigung könnte auch Signalwirkung auf weitere Verleumdungsklagen haben, die Dominion gegen andere konservative Nachrichtensender und mehrere Einzelpersonen angestrengt hat. "Wir sind noch nicht fertig", sagte Dominion-Anwalt Nelson. Außer gegen Fox hat Dominion unter anderem auch Klage gegen die Anwälte Rudy Giuliani und Sidney Powell sowie den Geschäftsmann Mike Lindell eingereicht, die alle aus Trumps Umfeld stammen. Sie hatten ohne Belege behauptet, Dominion habe mit der Wahlsoftware die Abstimmung zugunsten von Trumps Herausforderer Joe Biden manipuliert.

Und auch Dominion ist nicht der einzige Kläger, mit dem sich Fox News in Zusammenhang mit der US-Wahl konfrontiert sieht. Vor einem Gericht des Bundesstaates New York verlangt ein zweiter Hersteller von Wahl-Technologie, Smartmatic, 2,7 Milliarden Dollar. Die Nachrichtenagentur Reuters hat weiter gemeldet, dass Aktionäre von Fox interne Unterlagen des Konzerns angefordert haben. Dies könnte der Vorlauf zu einer weiteren Klage sein.

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