AfD:Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen zu Chrupalla-Vorfall ein

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Tino Chrupalla sprach nach dem Vorfall von einem "Anschlag auf meine Person". (Foto: Kay Nietfeld/AP)

Im Oktober musste der Co-Chef der AfD während eines Wahlkampftermins in Ingolstadt ins Krankenhaus. Hinweise auf einen Angriff haben die Ermittler aber nicht gefunden.

Von Christoph Koopmann, München

Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hat die Ermittlungen zu dem angeblichen Sicherheitsvorfall um AfD-Co-Parteichef Tino Chrupalla eingestellt. Man könne zwar nicht ausschließen, dass Chrupalla von einem Unbekannten verletzt wurde, konkrete Hinweise oder Anhaltspunkte für einen solchen Übergriff gebe es aber nicht, teilte die Ermittlungsbehörde am Mittwoch mit. Der Co-Parteivorsitzende der AfD hatte bei einem Wahlkampfauftritt in Ingolstadt am 4. Oktober über Schmerzen im Arm sowie Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen geklagt. In einer Klinik wurde eine Einstichstelle am rechten Oberarm festgestellt. Allerdings verliefen alle Tests auf eine mögliche Vergiftung negativ, Chrupalla konnte das Krankenhaus am folgenden Tag verlassen. Nun ließ er ausrichten, es sei ihm "unerklärlich", weshalb das Ermittlungsverfahren eingestellt werde.

Der Vorfall sorgte kurz vor der bayerischen Landtagswahl für heftige Debatten. Chrupalla selbst sprach anfangs von einem "Anschlag auf meine Person". Der stellvertretende Parteichef Stephan Brandner sagte kurz nach dem Zwischenfall, er könne zum damaligen Stand auch ein versuchtes Tötungsdelikt nicht ausschließen - und beschwerte sich über angebliche "Häme und Spott" in Medien und von der politischen Konkurrenz.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte der AfD vorgeworfen, eine "Opferrolle" zu spielen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, es sei erschreckend, "wie infam und hinterfotzig die AfD im Landtagswahlkampf versucht, aus den Vorfällen bei ihrer eigenen Klientel Kapital zu schlagen, ohne die Ermittlungen abzuwarten".

Woher der Einstich im Oberarm stammt, konnten die Ermittler nicht herausfinden

Diese haben nun ergeben: Es gab zwar einen knapp fünf Millimeter tiefen Einstich in Chrupallas rechtem Oberarm, der am ehesten zu einer Pinnnadel passt, auch einen Blutfleck an seiner Kleidung. Woher die Wunde aber stammt, konnten die Ermittler nicht herausfinden. Dazu habe man "keine Hinweise" gefunden, teilt die Staatsanwaltschaft nun mit.

Dabei haben die Ermittler offenbar einiges probiert, um Erkenntnisse zu gewinnen: Sie werteten Aufnahmen des ZDF und von Al Jazeera aus, dazu Fotos und Videos von Teilnehmern der Wahlkampfveranstaltung auf dem Ingolstädter Theaterplatz. Dazu wurde nicht nur Chrupalla vernommen, sondern auch dessen Büroleiter, die vier Personenschützer und andere Anwesende.

Aufgrund von Chrupallas Aussage waren zunächst zwei Besucher der Veranstaltung in den Fokus der Polizei geraten. Sie hatten mit Chrupalla ein Foto gemacht, wozu sie jeweils den Arm um Chrupalla legten. Auch diese Zeugen gaben den Ermittlern Fotos und Videos von jenem Nachmittag. "Auffälligkeiten" habe es nicht gegeben.

Anhaltspunkte für eine Vergiftung gibt es laut Gutachten nicht

Zwei Pinnnadeln, die nahe der Bühne auf dem Platz gefunden worden waren, wurden untersucht. Allerdings hat man dabei keine Hinweise darauf gefunden, dass sie als Tatwaffen benutzt worden wären oder gar, um Chrupalla zu vergiften. Laut einem rechtsmedizinischen Gutachten gebe es überhaupt keine Hinweise darauf, dass Chrupalla irgendeine Substanz injiziert oder er vergiftet worden wäre. Dafür sprächen auch die Symptome, die Chrupalla beschrieb, und die "schnelle und deutliche Verbesserung" seines Zustands. All das entspreche "nicht dem Bild einer tatsächlichen Intoxikation", teilt die Staatsanwaltschaft unter Verweis auf das Gutachten mit.

Chrupalla selbst sagte am Mittwoch, es sei zwar positiv, dass die Stichverletzung inzwischen als gesichert gelte - auch darüber hatte es in den ersten Tagen nach dem Vorfall noch unterschiedliche Auffassungen gegeben. Allerdings fehlten noch immer "angeforderte Informationen anderer Behörden", was die Staatsanwaltschaft in ihrem Schreiben an ihn auch zugebe. "Auch einige tatsächliche Darstellungen in dem Schreiben vom heutigen Tag sind faktisch nicht korrekt", sagte Chrupalla. Um welche Darstellungen es sich handelt, sagte er allerdings nicht.

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Ende November hatte sein Anwalt der Staatsanwaltschaft noch "Beweisanregungen" geschickt, wo sie noch ermitteln könnte. Die Behörde schreibt nun, daraus hätten sich "keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen" ergeben. Chrupalla und sein Anwalt wollen nun Einsicht in die Akten nehmen und dann abwägen, ob sie gegen die Einstellung der Ermittlungen vorgehen.

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